Die meisten Check-in-Schalter von Germanwings am Stuttgarter Flughafen bleiben am Freitag leer Foto: Max Kovalenko

Der Streik der Pilotenvereinigung Cockpit bei der Lufthansa-Tochter Germanwings hat besonders Stuttgart getroffen. Am Flughafen gab es allerdings keine größeren Probleme.

Stuttgart - Es ist ruhig am Schalter von Germanwings im Flughafen Stuttgart. Nur wenige Menschen stehen an, um sich über ihren Flug zu informieren und gegebenenfalls einen Ersatzflug zu bekommen. Von 6 Uhr morgens bis mittags um 12 ist fast kein Flug mit dem Kürzel „4U“ angekommen oder abgeflogen. Grund für den Ausfall in Stuttgart war ein Streik der Pilotenvereinigung Cockpit, der Lufthansas Billigflieger traf. 36 von 64 Germanwings-Flügen fielen in Stuttgart aus. Das Drehkreuz der Fluggesellschaft war damit besonders betroffen. Das galt vor allem für innerdeutsche Flüge. Andere Flüge, vor allem in Urlaubsregionen, hatten neue Abflugzeiten bekommen. Vereinzelt waren Flüge auch am Nachmittag noch verspätet.

Eine Reisegruppe hatte erst am Flughafen erfahren, dass gestreikt wird. Sie hatte jedoch Glück. Ihr Flug verkehrte planmäßig. Die meisten Reisenden waren mit dem Service der Fluggesellschaft zufrieden, auch wenn sie der Streik ein wenig gestört hat. Sie waren vorher von der Airline über ihre Reisebüros und per SMS oder per E-Mail informiert worden.

In ganz Deutschland hat der kurzfristige Ausstand der Piloten nach Angaben der Fluggesellschaft rund 15 000 Passagiere und 116 von 164 Flügen betroffen. Dass die Schlangen an den Schaltern so kurz waren, lag vor allem daran, dass Germanwings betroffenen Passagieren eine kostenlose Umbuchungsmöglichkeit geboten hat. Diejenigen, die am Flughafen erschienen, konnten mit Lufthansa über Frankfurt fliegen.

Hintergrund des Streiks ist der Streit um die Übergangsrente für die 5400 Piloten bei Lufthansa, Germanwings und der Fracht-Airline Lufthansa Cargo. Am Donnerstag waren erneut Verhandlungen zwischen der Lufthansa und der Gewerkschaft gescheitert.

Die Lufthansa gewährt ihren Kapitänen ab 59 den Eintritt in den Vorruhestand. Die Airline möchte das Eintrittsalter allerdings auf 61 Jahre anheben. Der aktuelle Streik hat damit denselben Hintergrund wie der größte Streik der Lufthansa-Geschichte im April. Damals waren an drei Tagen rund 3800 Flüge mit 425 000 Passagieren ausgefallen. Die Gewerkschaft Cockpit wollte am Freitag nicht ausschließen, dass der Streik auch auf das Wochenende ausgeweitet wird. Ein Sprecher der Gewerkschaft versprach allerdings, einen Streik am Vortag anzukündigen: „Wir wollen, dass sich die Passagiere darauf einstellen können.“

Ein Reisender hatte kein Verständnis für die Piloten. „Auch wenn Piloten Stress haben: Ein normaler Arbeiter muss auch bis 67 arbeiten.“ Er hatte eigentlich nach Hamburg reisen wollen.

Fluggäste haben, wenn ein Flug wegen Streiks gestrichen wurde, gewisse Rechte. So muss nach Angaben der Verbraucherzentrale die Airline den Kunden ans Ziel befördern, notfalls mit einem Ersatzflug. Der Kunde kann auch sein Geld zurückverlangen. Bei Abflugverzögerungen von zwei Stunden bei Kurzstrecken, drei Stunden bei Mittelstrecken und vier Stunden bei Langstrecken hat ein Fluggast Anspruch auf kostenlose Betreuung. Die Fluggesellschaft muss ihm Mahlzeiten, Erfrischungen, Kommunikationsmittel und eventuell notwendige Hotelübernachtungen anbieten. Ab fünf Stunden Verspätung kann man auch sein Geld zurückbekommen. Wurde der Flug über eine Pauschalreise gebucht, ist die Fluggesellschaft nicht der Ansprechpartner des Reisenden. In diesem Fall muss er sich an den Reiseveranstalter wenden.

Obwohl sich der Andrang in Grenzen hielt, wirkten die Germanwings-Mitarbeiter in der Abflughalle in Stuttgart etwas genervt. Sie riefen den Sicherheitsdienst, als die Presse Interviews führen, fotografieren und filmen wollte.