Gemeinschaft: Evangelische Gemeinde Langenalb bietet viele Aktionen – digitale Angebote und "Gottesdienste zum Mitnehmen"

Straubenhardt-Langenalb. Es ist 19 Uhr in Langenalb. Die Glocken der Marienkirche läuten wie an jedem Abend zum Gebet – und doch ist hier seit ein paar Tagen alles anders. Seitdem keine Gottesdienste mehr in der Kirche gefeiert werden dürfen, erlebt die evangelische Kirchengemeinde Langenalb-Marxzell eine nie dagewesene Dynamik.

Einige digitale Angebote gab es in der Gemeinde bereits: Sehr beliebt sind zum Beispiel die kleinen Andachten – das "Seelenfutter" – von Pfarrer Daniel Dettling, die jede Woche neu auf der Internetseite www.ekilama.de veröffentlicht werden. Am Morgen nach der Ankündigung der Ausgangsbeschränkung in der vergangenen Woche schickte der junge Pfarrer eine kleine Videobotschaft per WhatsApp an die Mitarbeitergruppen. "Das Feedback war überwältigend", sagt Dettling sichtlich gerührt. "Die Mitarbeiter haben mich schließlich dazu gedrängt, das Video auch auf unseren Social-Media-Kanälen und auf der Website zu veröffentlichen". Seither gibt es täglich neue kleine Videobotschaften des Pfarrers mit beeindruckender Resonanz: "Da melden sich plötzlich Menschen, die aus der Kirche ausgetreten sind oder die noch nie im Gottesdienst waren, und sagen, dass sie kommen werden, sobald unsere Gottesdienste wieder stattfinden, dass sie wieder eintreten wollen, weil sie von unserer Gemeinschaft so bewegt sind."

Besondere Idee

Am ersten Sonntag ohne Gottesdienst in der Marienkirche kam eine besondere Idee auf, die nun seit einigen Tagen stark zur Dynamik beiträgt: Die Kirchengemeinde rief in Langenalb und Marxzell zum gemeinsamen Abendgebet auf. Die Glocken der Marienkirche läuten jetzt jeden Abend ab 19 Uhr für fünf Minuten – dazu hatte der Kirchenbezirk aufgerufen. Dann folgen fünf Minuten Stille fürs Gebet. Um 19.10 Uhr läutet schließlich eine einzelne Glocke zum Vaterunser. Aber damit nicht genug: Um 19.11 Uhr beginnt die Orgel in der Marienkirche bei weit geöffneten Fenstern und Türen zu spielen: "Von guten Mächten wunderbar geborgen" – und die Menschen in Langenalb stehen an ihren Fenstern oder auf den Balkonen oder einzeln an der Kirche und singen mit. Auf der Facebook-Seite der Gemeinde werden Videos dieses "Gänsehaut-Moments" gepostet und eine Mutter schreibt in den Kommentaren, dass ihre Kinder jetzt immer zwanzig Minuten länger wachbleiben dürfen, um diesen Moment mitzuerleben. Auch ohne das kirchliche Geläut ist die Aktion inzwischen auch auf die Teilgemeinden in Marxzell übergesprungen – so wird zum Beispiel auch in Schielberg inzwischen jeden Abend ab 19.11 Uhr nach dem gemeinsamen Gebet und dem Vaterunser gesungen. Und die Gruppe derer, die mitmachen, wächst von Tag zu Tag.

Großen Anklang finden in allen Teilen der Gemeinde auch die „Gottesdienste zum Mitnehmen“ ("GoDi2go"), die in der Marienkirche aushängen und die auch in den anderen Gemeindeteilen bei Interesse verteilt werden. Die Marienkirche ist weiterhin jeden Tag geöffnet und lädt Menschen dazu ein vorbeizukommen – einzeln oder zu zweit, das versteht sich inzwischen von selbst. "Beim schönen Wetter haben wir die Flyer noch an einen Baum vor die Kirche gehängt – inzwischen hängen sie im Altarraum der Kirche", so Dettling. Dazu gibt es Gebetstauben, die mit Gebetsanliegen beschriftet und in der Kirche aufgehängt werden können. "Und wir haben auch ›Knuddel-Gutscheine‹ zum Weiterschenken an die Menschen, die man gerade so gerne in den Arm nehmen würde, aber es nicht darf", ergänzt der Pfarrer. Auch das Angebot für Kinder wird jeden Tag weiter ausgebaut: Auf der Internetseite der Gemeinde gibt es inzwischen einen täglich wachsenden Bereich, gestaltet von den Teamern der Kinder- und Jugendangebote. Und so wie es den "GoDi2go" gibt, hat sich auch das Kinderkirchen-Team etwas einfallen lassen, das Kinder ab sofort in der Marienkirche mitnehmen können.

Pfarrer Dettling bewegt das alles sehr: "Ich kann noch gar nicht fassen, was hier gerade passiert. Diese Gemeinde war schon immer etwas ganz Besonderes, aber die Gemeinschaft, die hier gerade alles trägt, sollte allen Menschen Mut machen: Mit unserem Glauben, unserem Gebet, unserer Hoffnung und unserem Vertrauen sind wir in Kontakt. Und mit all unseren kreativen Ideen und Möglichkeiten werden wir in den kommenden Wochen viele neue Wege finden, Gott auch ohne sonntäglichen Gottesdienst für unsere Gemeinde erfahrbar zu machen."