Jürgen Stepper, Uwe Klein und Helmut Günther (von links) erzählen vom neuen Jungendforschungszentrum in Pforzheim. Foto: Fuchs Foto: Schwarzwälder Bote

Bildung: Neues Jugendforschungszentrum in Pforzheim gegründet / Auf der Suche nach Räumlichkeiten

Im Jugendforschungszentrum (JFZ) Schwarzwald-Schönbuch in Nagold können Schüler ohne Notendruck forschen und sich auf Jugend-forscht-Wettbewerbe vorbereiten. Ein noch recht junger Campus der Einrichtung befindet sich in Pforzheim.

Pforzheim. Wie programmiert man einen Roboter? Was passiert bei einer chemischen Reaktion? Und gibt es eine Möglichkeit, Feinstaub im Klassenzimmer zu reduzieren? – Auf solche Fragen kommen Kinder und Jugendliche zwischen zehn und 21 Jahren, wenn sie frei von Notendruck experimentieren und ausprobieren können. Der Klassenraum ist dafür der falsche Ort, weiß Jürgen Stepper vom Jugendforschungszentrum Schwarzwald-Schönbuch in Nagold.

Lange Zeit war er Lehrer und außerdem Wettbewerbsleiter von Jugend forscht im Nordschwarzwald. Der Wettbewerb wird von einer Zentrale in Hamburg organisiert. Auf regionaler Ebene gibt es in Baden-Württemberg elf Standorte, die Sieger dieser Wettbewerbe nehmen an der nächsthöheren Stufe, dem Landeswettbewerb, teil. "Der Wettbewerb ist die reine Prämierung von wissenschaftlichen Arbeiten", erklärt Stepper. "Dort wird nicht geforscht, es werden nur abgeschlossene Projekte von einer Jury begutachtet." Sieben Fachbereiche werden bewertet, nämlich Arbeitswelt, Biologie, Chemie, Geo- und Raumwissenschaften (inclusive Astronomie), Mathematik/Informatik, Physik und Technik.

"Die Kinder erarbeiten ihre Projekte entweder zu Hause, in der Schule mithilfe von Lehrern oder mit der Unterstützung von Vereinen wie unserem", erklärt Stepper. Das Jugendforschungs-Zentrum (JFZ) Schwarzwald-Schönbuch hat sich für diese Zwecke in einem ehemaligen Fabrik-Gebäude im Vogelsangweg in Nagold eingerichtet. "Dort haben wir Büros, einen Besprechungsraum, Klassenzimmer und extra Räume für die Naturwissenschaften", sagt Stepper. Hier können die Schüler ihre Projekte bis zum nächsten Treffen liegen lassen und haben Materialien und Instrumente, die in der Schule nicht geboten werden. "Von 50 Projekten, die dieses Jahr bei Jugend forscht Nordschwarzwald angetreten sind, wurden 34 mit der Unterstützung digitaler Technik gemacht." Dazu, so Stepper, gehöre alles von Computern über CAD und CNC-Fräsen bis hin zu 3-D-Druckern und Arduino.

Die Einrichtung breitet sich über den Nordschwarzwald aus

Doch nun erst einmal zurück zu den Anfängen. Gegründet hat das JFZ Helmut Günther im Jahr 2007. Die Idee, ein Zentrum zu gründen, in dem Jugendliche ihre eigenen Forschungen betreiben können, kam ihm schon vier Jahre zuvor, während seiner Arbeit an der Hochschule für Wirtschaft und Medien in Calw, die er mitgegründet hat. Zu dieser Zeit war er Juror beim Jugend-forscht-Wettbewerb und dabei fiel ihm eines auf: "Die Jugendlichen hatten viele tolle Ideen, aber sie hatten keine qualifizierten Betreuer, die sie bei der Umsetzung unterstützt hätten." Da wollte er etwas ändern.

Nach wie vor ist Günther der strategische Leiter des Zentrums. Schnell kam auch Uwe Klein dazu, der die Einrichtung wissenschaftlich leitet. Die Angebote wurden von den Schülern sehr gut angenommen. Und damit hat sich innerhalb der letzten Jahre einiges getan. "Das Jugendforschungszentrum breitet sich nach dem Campus-Konzept so langsam über den ganzen Nordschwarzwald aus", freut sich Stepper. Damit meint er die "Filialen", die entstanden sind. Ein Campus in Freudenstadt sei gerade in Planung. "Am Kepler-Gymnasium wird schon fleißig geforscht, aber ein Campus soll erst noch ausgebaut werden", sagt Stepper. Eine weitere neue Forschungsstelle, die schon weiter ist als die in Freudenstadt, befindet sich in Pforzheim am Kepler-Gymnasium. Hier hat Stepper zusammen mit seinem Stellvertreter, Christian Wolf, für Pforzheim und den Enzkreis die Leitung übernommen. Es werde noch nach einem ausgelagerten Standort gesucht, erklärt er.

Lehrer aus dem Kepler-Gymnasium, dem Reuchlin-Gymnasium und dem Theodor-Heuss-Gymnasium Mühlacker betreuen Schülerarbeiten für das Zentrum, dessen Gründung bereits vor etwa drei Jahren in die Wege geleitet wurde. Zehn im Forschungszentrum erarbeitete Projekte traten kürzlich beim Regionalwettbewerb Jugend-forscht in Sindelfingen an.

"Das ist ein Beweis dafür, dass unsere Arbeit geschätzt wird", findet Klein. Und diese Arbeit lohne sich immer, wenn man schließlich die fertigen Projekte sehe. "Einmal hatten wir Schüler, die herausgefunden haben, wie viel Waschpulver in die Maschine gehört, damit die Lauge ideal ist. Mit einem Sensor konnte man das Mischverhältnis der Lauge messen", ergänzt Stepper. Das Projekt sei von der Firma "Seuffer" in Auftrag gegeben worden. "Engeneering Projekte" heißen solche, die von Unternehmen an das JFZ weitergegeben werden, damit die Schüler sie bearbeiten.

Eine andere Gruppe habe für ein Unternehmen, das mit Plastik arbeitete, die ideale Kühltemperatur für das Material gefunden.

Aber natürlich gebe es auch viele Projekte, die die Kinder und Jugendlichen sich selbst ausdenken, so der Leiter der Pforzheimer Einrichtung. Ein Junge habe einmal einen Roboter mit Arduino programmiert, der Teebeutel ins Wasser stecken und sie nach der perfekten Zieh-Zeit wieder herausholen konnte. "Auf diese Idee kam er, weil seine Mutter immer die Teebeutel im Tee vergessen hat", erinnert er sich und schmunzelt.

In einigen, wenigen Fällen bestehe sogar die Möglichkeit, Patent für erfolgreiche Arbeiten anzumelden. "Das ist natürlich der Traum jedes Teilnehmers", weiß Stepper. "Es gab bisher nur vier Anmeldungen, zum Beispiel bei einem Solarfahrrad. Aber es könnte jederzeit wieder passieren", ermutigt er alle jungen Forscher.

Die Kinder und Jugendlichen arbeiten allein oder in Gruppen bis zu drei Personen. Das JFZ biete aber nicht nur Hilfestellung bei der Bearbeitung von Projekten für den Wettbewerb, sondern gebe auch Kurse und Projektwochen für Schulklassen. Im Rahmen von Sommerferienprogrammen wird getüftelt, gebastelt und gebaut, um eifrige Nachwuchsstudenten aus der Reserve zu locken.

Zukünftige Wissenschaftler sollen gefördert werden

Die Finanzierung wird ausschließlich über Sponsoring bewerkstelligt. "Das Kultusministerium unterstützt uns auch sehr", erklärt Klein. "Wir haben Deputat-Stunden für Lehrer des Kepler-, Reuchlin- und Theodor-Heuss-Gymnasiums bekommen." Diese Stunden dürfen Lehrer von ihrer Unterrichtszeit abziehen und für die Unterstützung des JFZ aufwenden. Die Kapazität sei dennoch ausbaufähig, sind die drei Männer sich einig. "Ziel ist es langfristig, auch in Pforzheim Studenten, pensionierte Dozenten und Leute aus der Industrie in die Reihen der Mentoren aufzunehmen", erklärt der Leiter des Campus Pforzheim. "Das Vorbild ist das JFZ in Nagold."

Nun bleibt die Frage: Wozu das Ganze? "Eigentlich alle Schüler, die wir zum Wettbewerb begleitet haben, haben später ein Studium in den Mint-Fächern, also Mathematik/Informatik, Naturwissenschaften oder Technik, angefangen", erinnert sich Günther, der die Einrichtungen ins Leben rief. "Der Sinn besteht darin, Nachwuchswissenschaftler zu finden und ihnen die Möglichkeit zu bieten, ihre Talente zu entdecken und sich auszuprobieren."

In Deutschland fehlen derzeit etwa 100 000 Ingenieure und 50 000 Informatiker, wissen die drei. "Wir wollen im Jugendforschungszentrum nicht unbedingt nur die Schüler mit den besten Noten", sagt Stepper. Noten sagen nicht zwangsläufig viel über die Fähigkeiten zur praktischen Umsetzung aus, meint er. Jeder Interessierte könne kommen und einfach ausprobieren. Wer das getan habe, breche sein Studium, wenn er es anfange, auch nicht ab. Man wisse von Anfang an, ob man dafür geeignet sei oder nicht.

Und zeigen sich bereits Erfolge in Sachen Studierendenzahlen? "Ganz klar, ja", stimmt Günther zu. "Die Firmen sagen es. Der Fachkräftemangel sei nicht mehr ganz so groß wie noch vor einigen Jahren." Außerdem suche die Industrie seit langer Zeit händeringend nach qualifizierten Leuten, die man nun meine, im Ausland zu finden. "Stattdessen sollte man erst einmal die Ressourcen im eigenen Land sehen und die eigenen Kinder und Jugendlichen fördern", findet er. In diesem Jahr mussten die jungen Forscher aus Pforzheim auf andere Wettbewerbs-Standorte verteilt werden. Der Jugend-forscht-Wettbewerb Mittelbaden-Enz musste ausfallen, weil der Hauptsponsor kurzfristig ausgefallen ist.

"Unternehmen in der Region Pforzheim sehen den Wettbewerb als Bereicherung für ihren Standort", sagt Klein. "Daher ist zu hoffen, dass bald ein neuer Förderer gefunden wird." Sowohl für die Industrie, als auch für die Förderung der Nachwuchskräfte sei es wichtig, dass der Wettbewerb in Pforzheim verbleibe und dadurch der Wirtschaftsstandort Pforzheim-Enzkreis gestärkt werde, bekräftigte Stepper seine Hoffnung, dass der Wettbewerb nächstes Jahr bereits wieder in Pforzheim stattfinde.