Ein Gesperrt-Plakat der Hells Angels MC Charter Borderland. Innenminister Reinhold Gall (SPD) befürwortet neue Verbote. Foto: dpa

"Rechtsfreie Räume dulden wir nicht": Haft und Bewährung im Hells-Angels-Prozess. Festnahme in Friesenheim.

Esslingen/Pforzheim/Friesenheim - Kriminelle Machenschaften sind Innenminister Reinhold Gall (SPD) ein Dorn im Auge. Mit Verboten und konsequenter Verfolgung macht er jetzt Rockern Druck.

An Verboten führe kein Weg vorbei, meint Gall. »Sie haben Signalwirkung und sind ein Baustein der Strategie.« Sie allein reichten aber nicht aus. Die Polizei sei angehalten, alle Mittel auszuschöpfen, »um Straftaten und Ordnungswidrigkeiten bereits im Vorfeld so weit als möglich zu verhindern«.

Als Beispiele für die konsequente Verfolgung nannte Gall das Aufenthalts- und Kuttentrageverbot für Rocker in Esslingen an Sonntag. Dort hatten sich mehrere Gruppen, darunter Black Jackets, Unites Tribuns und Red Legion verabredet. Esslingen machte ihnen jedoch einen Strich durch die Rechnung und verbot das Treffen. »Diesen Druck werden wir aufrechterhalten. Rechtsfreie Räume dulden wir nicht«, sagte der Minister.

Das Gefährdungspotenzial durch Rocker hält Gall für hoch. »Sie sind insbesondere in den Bereichen der Waffen- und Rauschgiftkriminalität sowie bei Erpressungen stark vertreten.«

Im Südwesten beherrschen die vier klassischen Rockergruppen das Bild: Hells Angels, Bandidos, Gremium und Outlaws mit insgesamt rund 50 regionalen Abteilungen. Die Gesamtzahl dieser Motorrad-Rocker wird auf etwa 800 geschätzt. Daneben machen vermehrt rockerähnliche Gruppen von sich Reden, die auch als Türstehervereinigungen bezeichnet werden. Die Zahl ihrer Mitglieder ist inzwischen ähnlich groß. Auffällig sind vor allem die Black Jackets und die United Tribuns mit knapp 40 Untergruppen, sogenannten Chaptern.

Wie gewaltbereit Rocker sind, zeigt ein Beispiel aus Pforzheim. Im dortigen Hells-Angels-Prozess wurden gestern sieben von zehn Angeklagten zu Bewährungsstrafen wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Drei Rocker müssen ins Gefängnis. »Die Auseinandersetzung war von beiden Seiten gewollt«, sagte der Vorsitzende Richter am Landgericht.

Die Mitglieder und Sympathisanten der Rockergruppe hatten vor zwei Jahren die Konkurrenten der United Tribuns angegriffen. Dabei hatten sie auf einem Parkplatz eines Pforzheimer Einkaufszentrums den Tribuns aufgelauert und die Autos der Türsteher demoliert. Danach kam es zu einer Schlägerei mit drei Schwerverletzten und mehreren Leichtverletzten.

Bei der Suche nach dem Mörder eines Rockers bei Friesenheim (Ortenaukreis) sind die Ermittler indes einen Schritt weiter: Der nächste Drogendealer sitzt in Untersuchungshaft. Abermals ist es ein Bekannter des im November 2012 erschossenen 49-jährigen Hells-Angels-Rockers. Der 44-jährige Friesenheimer wurde bereits am Donnerstagmorgen festgenommen, die anderen Männer am 23. und am 30. Januar.

Dem jetzt Festgenommenen wird vorgeworfen, mit dem 49-Jährigen in größerem Umfang mit Rauschgift gehandelt zu haben. Bereits Mitte Dezember sei bei dem Friesenheimer Material zum Betreiben einer Cannabis-Zucht entdeckt worden, heißt es in einer Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Offenburg und der Polizeidirektion Offenburg.

Die Festnahme des 44-Jährigen stehe wie die ersten beiden Festnahmen in unmittelbarem Zusammenhang mit Rauschgiftgeschäften, in die der getötete Rocker verwickelt gewesen sein könnte, teilte die Staatsanwaltschaft unserer Zeitung mit. Dass darin ein Motiv für den Todesschuss liegen könnte, hält die Polizei nicht für ausgeschlossen.