"Das ist was Interessantes!": Jürgen Pfeiffer zeigt die zarten Blüten seines Indianerbananen-Strauches. Foto: Schwarzwälder Bote

Natur: Jürgen Pfeiffer hat Schätze in seinem Garten / "Man muss die Dinge auf sich wirken lassen, die Landschaft lesen"

Herzgespann, Ölweide, Teepflanze, Kamtschatkabeere, Brandkraut, Pillnitzer Vitaminrose, Japanische Weinbeere, Klettergurke Akebia, Mittelmeerwolfsmilch, Indianerbanane, Aronia, Maulbeerbaum – nein, wir sind nicht im botanischen Garten!

Straubenhardt-Ottenhausen. Quasi um die Ecke, auf dem naturnah bewirtschafteten Grundstück von Jürgen Pfeiffer, wächst diese Vielfalt. Unweit des Ortseingangs von Ottenhausen hat er sich in Feldlage auf mehr als 30 Ar einen Traum erfüllt. Seit rund 25 Jahren bewirtschaftet er seinen naturnahen Garten nachhaltig.

Er ergänzt, erweitert, hegt, pflegt und entdeckt dabei immer wieder neue Schätze aus Fauna und Flora. Einen Trend setzen möchte Pfeiffer gegen vom Mähen mit schwerem Gerät verdichtete oder überdüngte Böden, für den Erhalt alter Kulturlandschaft und ihrer Vielfalt.

Besondere Kostbarkeiten sind die beiden Orchideenarten, die Bienen-Ragwurz und das Große Zweiblatt, die sogar dem BUND einen Besuch wert waren (wir berichteten). Diese wachsen nicht ordentlich an einer festen Stelle, sondern auf dem ganzen Gelände: in der Wiese, in Beeten, neben Hackschnitzel-Wegen. Durch Stecken kennzeichnet Pfeiffer die zarten Keimblätter, beobachtet über Jahre die Entwicklung bis zur Blüte: "Man bekommt ein Gespür, wo wieder welche keimen."

Mit der Pflanzung einer Hecke zur Nordseite hin begann das Abenteuer Naturgarten 1996 auf einem Grundstück, das Erbe der Ottenhäuser Großmutter Pfeiffers war. "Sie hat mich entscheidend inspiriert mit ihrem Ackergarten. Aber auch die Gärtnerei, neben der ich als Junge aufgewachsen bin."

Alles greift ineinander

Zu Beginn der Gartenanlage sei er jede Woche aus der Pfalz zum Gießen mit zig Fässern hergefahren, um die ersten 600 Pflanzen anzusiedeln. Pfeiffer lebt in Leimen, unter der Woche wohnt er arbeitsbedingt in Schwann.

"Zuallererst habe ich an allen vier Grundstücksrändern Bänke gestellt", erzählt er weiter, "mich daraufgesetzt und überlegt, wie ich meinen Garten gestalte. Man muss die Dinge auf sich wirken lassen, die Landschaft lesen! Wie es ein guter Schwabe macht: ein bisschen länger nachdenken, dann gründlich machen!"

Bei genauerem Hinschauen – und entsprechend erläutert – ist das so naturnah wirkende Grundstück sehr durchdacht gestaltet. Alles greift ineinander, jedes hat seinen nachhaltigen Zweck. Da sind die Eidechsenburgen aus Totholz. "Darauf werfe ich im Frühsommer auch mal Kirschbaumzweige, die ich zurückschneide, mit nicht für mich verwendbaren Früchten", beschreibt Pfeiffer, "dann kommen die Mäuse zum Fressen, graben Gänge darunter, die können die Eidechsen und Blindschleichen später nutzen".

Es gibt Sandflächen für erdnistende Wildbienen, eine "Schnellladestation" für Insekten: "Von der Sonne gewärmt, eignet sich dunkler Splitt ideal", verblüfft Pfeiffer. Da gibt es Wasserkübel als "Tankstation“" für Insekten – die "zum Dank" wiederum die Pflanzen bestäuben. Und zahlreiche Vogelfutterstationen: "Die Vögel, die hier auch ihre Jungen aufziehen, suchen sich als Futter auch die Schädlinge in meinem Gemüsebeet." Meisen und Buntspecht geben sich ein Stelldichein. Letzterer bearbeitet auch schon mal den Stamm eines absterbenden Baumes.

Keine Biomasse wird dem Grundstück entnommen, Schnittgut darf sich zersetzen oder wird – Beispiel Bau eines großen, lehmbasierten Wildbienenhotels – weiterer nützlicher Verwendung zugeführt. Dass der Naturfreund beruflich Goldschmiedemeister und Schmuckdesigner ist, beschert dem Garten eine zusätzliche, die künstlerisch-ästhetische Komponente. Da werden Farben und Blattstrukturen aufeinander abgestimmt, Wuchshöhe und Blühzeitraum. Da gibt es freie Blickachsen und erlebbare "Gartenzimmer."

"Ich bin mit vielen Botanikern in Kontakt", schmunzelt Pfeiffer auf die Frage, woher er all die teils exotischen Pflanzen bekommt. Neben den ausgefallenen gibt es auch die ganz bodenständigen Nutzpflanzen: von den ehrwürdigen Streuobstwiesen-Apfelbäumen über die Johannisbeersträucher bis zu den 16 Sorten Pfefferminze im eigenen Beetkarree. Oder die typischen Ackergartenpflanzen von der Zwiebel bis zur Pfingstrose.

Gerne tüftelt Pfeiffer: ob dieselbe Heidelbeerart mit mehr oder weniger Torf im Boden besser gedeiht. Wie er die Kapillarsperren – zur Vermeidung von Feuchtigkeitsverlust – durch Anlage von Hackschnitzelwegen zwischen den Beeten verbessern kann. Er legt außerdem Wert darauf, dass sein Kleinod eben nicht nur fürs Auge ist, sondern auch der Freizeitnutzung und Erholung dient und Lebensraum für Tiere ist. "Sogar Reh und Feldhase sind schon an meine Wasserkübel gekommen", weiß der Gartenfreund zu berichten, "aber eben auch mal ein Wildschwein, das was zerwühlt auf der Futtersuche."

"Die umfangreichste Arbeit hier im Garten ist das Zurückschneiden der Bäume", erklärt Pfeiffer auf Nachfrage. Aber eigentlich fällt ihm zum Thema Arbeit gar nicht so viel ein. Weil er die zahlreichen Tätigkeiten über das Jahr nicht wirklich als Arbeit empfindet. Es ist vielmehr Freude, Ausgleich, kreatives Gestalten.