Sabine Mayländer und Uwe Carl informieren bei einer Pressekonferenz über den neuesten Stand. Foto: dpa

Ermittler nehmen mutmaßliche Täter aus Pforzheim fest. Verdächtige schweigen bislang. Mit Kommentar

Pforzheim/Birkenfeld - Selten hat ein Fall im Norschwarzwald so viel Aufmerksamkeit erregt, wie der des getöteten Jägers Simon P. aus Gräfenhausen, einem Teilort von Birkenfeld (Enzkreis). Bereits vor dem Fund seiner Leiche am 2. Oktober in der Nähe des Pforzheimer Wildparks machten wilde Gerüchte die Runde, was mit dem gelernten Büchsenmacher passiert sein könnte. Die mit ihm verschwundenen Waffen sorgten zusätzlich für viel Gesprächsstoff. Doch nun hat die Sonderkommission "Wagner" einen entscheidenden Schritt gemacht.

Seit Dienstag befinden sich ein 29-jähriger Italiener und ein 26 Jahre alter Deutscher in Untersuchungshaft. Sie sollen den Sportschützen umgebracht und rund 30 Waffen aus seinem Besitz gestohlen haben. Wie genau P. zu Tode kam, wollten weder Kriminaloberrat Uwe Carl noch Oberstaatsanwältin Sabine Mayländer detaillierter erläutern.

Allgemein gaben die Ermittler bei einer Pressekonferenz in Pforzheim am Mittwoch nur spärlich Informationen heraus. Doch klar ist: Der Fall nimmt deutlich größere Ausmaße an als ursprünglich gedacht. Bei der Festnahme in Pforzheim am Dienstag mit einem massiven Polizeiaufgebot – Sondereinsatzkommando, Mobiles Einsatzkommando sowie zahlreiche Beamte der Kriminalpolizei waren vor Ort – ging den Ermittlern zusätzlich noch ein 26 Jahre alter Grieche aus Pforzheim ins Netz. Zusammen mit dem Duo soll er einen weiteren Überfall geplant haben. Details zu dieser Tat nannten die Beamten aus ermittlungstaktischen Gründen nicht. Mit dem Fall Paulus stehe der Grieche nicht in Verbindung, berichtet Carl.

Allerdings stellte die Polizei nach der Durchsuchung von vier Objekten zahlreiche Beweismittel sicher. Ob sich darunter die verschwundenen Waffen befanden – auch ein Sturmgewehr vom Typ AR-15 – blieb offen. Aufgrund des Aufgebots bei der Verhaftung liegt die Vermutung aber nahe, dass sie unter den Beweismitteln sind. Die mutmaßlichen Täter selbst schweigen bislang zu den Vorwürfen. Während dem griechischen Verdächtigen versuchter Raub vorgeworfen wird, müssen sich die anderen beiden wohl für Mord und gemeinschaftlichen Raub mit Todesfolge verantworten.

Auf die Spur der Verdächtigen, die zuvor nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten sind, kam die Soko "Wagner" Ende September. Als die mutmaßlichen Täter in der Nacht zum 30. August in das Haus des Opfers einstiegen, haben sie einige Spuren hinterlassen. "Diese DNA konnten wir letztlich mit dem italienischen Verdächtigen in Verbindung bringen", sagte der Leiter der Soko. Nun müsse man weitere Spuren und die gefundenen Beweisstücke auswerten. "In dem Fall gibt es noch einiges aufzuarbeiten", sagte Carl. Es ist noch nicht ausgeschlossen, dass weitere Täter mitbeteiligt sind und sich momentan auf freiem Fuß befinden könnten.

Laut Ermittlungen stammen die beiden aus Pforzheim und dem Umfeld des getöteten Sportschützen. Weder Täter noch Opfer konnte die Polizei einem bestimmten Milieu zuordnen. Medien spekulierten, dass die Tat in Zusammenhang mit dem Rockermilieu oder sogar einer Terrorzelle stehen könnte.

Anfang September großkalibrige, wohl auch automatische Waffen gefunden

Und das waren nicht die einzigen Spekulationen und Gerüchte im Fall P.. So stand im Raum, dass der Jäger möglicherweise mit den Waffen handelte. "Uns liegen keine Informationen vor, dass er Handel mit den Waffen betrieb und erachten dies auch nicht als verfahrensrelevant", dementierte Soko-Leiter Carl.

Fakt ist jedoch auch, dass die Polizei bereits vor einiger Zeit bestätigt hatte, in einer früheren Wohnung von P. in Herrenberg (Kreis Böblingen) Anfang September mehrere großkalibrige, wohl auch automatische Waffen gefunden habe, die, so hatte ein Sprecher erklärt, "sicher auch für Kriminelle interessant gewesen wären". Die Polizei ging aber davon aus, dass niemand vor ihr in der Herrenberger Wohnung gewesen sei und dort nichts fehle. Die Waffen seien hinter einer Tür versteckt und nicht besonders schwer zu finden gewesen.

Jene Waffen aus der Wohnung des Getöteten in Gräfenhausen wiederum seien eigentlich zu einem großen Teil uninteressant für kriminelle Taten, da die registrierten Waffen sich kaum verkaufen ließen, hatte die Polizei bereits vor einiger Zeit erläutert.

Die rund 40-köpfige Sonderkommission "Wagner" hatte bereits Ende August ihre Arbeit aufgenommen, nachdem am Tatort große Mengen Blut des Opfers gefunden worden war "Bereits zu diesem Zeitpunkt gingen wir von einem Gewaltverbrechen aus", sagte Carl. Die Aussagen der Anwohner bestärkten diesen Verdacht: Sie wollten einen lauten Streit zwischen dem 50-Jährigen und zwei Unbekannten mitbekommen haben.

Rund einen Monat galt P. als vermisst. Am 2. Oktober dann, zeitgleich, als die Beamten die Medien über den damaligen Ermittlungsstand aufklärten, erreichte die Polizei die Meldung von einem Leichenfund in der Nähe von Pforzheim. Dass der von einem Waldarbeiter gefundene Tote der vermisste Paulus sein dürfte, hatte die Polizei bereits sehr schnell vermutet – mit dem Verweis auf körperliche Merkmale, die jedoch nicht näher benannt wurden.

Möglicherweise handelte es sich bei jenen Merkmalen unter anderem um eine etwa fünf Zentimeter große blasse Tätowierung eines Kreuzes auf dem linken Unterarm sowie eine kreisrunde Hautverfärbung am Rücken zwischen den Schulterblättern, die einem blauen Fleck ähnelt.

Motiv und Tathergang sind im Fall des Deliktes bei Dobel bislang noch unklar

Diese Erkennungszeichen hatte die Polizei bereits Anfang September in einer Vermisstenmeldung veröffentlicht.

Eine Obduktion der Leiche, die im Wald begraben war und erst freigelegt werden musste, brachte schließlich Gewissheit: Der Tote ist Simon P., der als Angestellter einer Firma arbeitete. Zwei Wochen später folgte dann der Zugriff in Pforzheim.

Mit diesem gelang der Polizei nun innerhalb weniger Tage bereits der zweite Fahndungserfolg. Erst am Dienstagmorgen hatten Einsatzkräfte zwei Tatverdächtige festgenommen, die direkt an der Landesstraße L 340 zwischen Dobel und Bad Herrenalb (Kreis Calw) einen Mann erschossen haben sollen. Das Opfer, ein 47-jähriger Iraker, war am 17. September gegen 22 Uhr augenscheinlich schwer verletzt in der Nähe eines Recyclinghofs aufgefunden worden; ein Notarzt konnte nur noch den Tod feststellen. Der Fall ist auch hinsichtlich des getöteten P. interessant, da beim Fund des Irakers zunächst vermutet wurde, es könne sich bei der Leiche um den zu jener Zeit noch vermissten Jäger aus Gräfenhausen handeln könnte. Motiv und Tathergang sind im Fall des Tötungsdeliktes bei Dobel bislang noch unklar. Schon frühzeitig hatte die Polizei jedoch deutlich gemacht, dass es "gar keine Zusammenhänge" zwischen den beiden Taten gebe.

Kommentar: Großer Erfolg

Von Cornelius Eyckeler

So skrupellos die beiden Gewaltverbrechen an einem 47-jährigen Iraker und dem Jäger Simon Paulus sind. Ebenso vielversprechend und lobenswert ist die Polizeiarbeit der beiden zuständigen Sonderkommissionen "Wagner" und "Tanne". Am Dienstag, am selben Tag, konnte die Polizei in beiden Fällen jeweils zwei dringend tatverdächtige Männer festnehmen. Das akribische Auswerten von Spuren und Beweismittel führte die Beamten bereits früh auf die Spur der mutmaßlichen Täter. Die harte Realität: Solche Gewaltverbrechen sind kein Großstadtphänomen. Auch im Ländlichen brechen diese Fälle über uns herein. Deshalb ist es wichtig, Vertrauen in die – wie hier bewiesen – tadellose Arbeit der Polizei zu haben. Sie zeigt, dass Verbrecher hier und woanders nicht mit ihren Gräueltaten durchkommen, aufgespürt und letztlich auch bestraft werden.