Die Pforzheimer Firma Microtherm produziert maßgeschneiderte, kundenspezifische Anwendungen im Bereich von Temperaturschaltern, Sicherungen und Sensortechnik für die Automobil-, Elektro- und Elektronikindustrie sowie für die Haushaltstechnik. Foto: IG Metall Foto: Schwarzwälder Bote

Bundestag und Bundesrat haben aufgrund der außergewöhnlichen aktuellen Lage ein Gesetz

Bundestag und Bundesrat haben aufgrund der außergewöhnlichen aktuellen Lage ein Gesetz beschlossen, das die Insolvenzantragspflicht betroffener Unternehmen beziehungsweise Geschäftsleiter bis zum 30. September aussetzt. Das betrifft die Verpflichtung (insbesondere gemäß Paragraf 15a InsO), für das insolvente Unternehmen bei Zahlungsunfähigkeit beziehungsweise Überschuldung einen Eigenantrag auf Insolvenzeröffnung zu stellen. Die Antragspflicht wird vorübergehend ausgesetzt, außer in Fällen, die nachweislich nicht auf den Folgen der Pandemie beruhen oder in denen eine bestehende Zahlungsunfähigkeit nicht mehr behoben werden kann.

https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/coronavirus/regelungen-corona-1733380

Pforzheim/Würm/Nordschwarzwald. Wie der Sprecher der IG Metall Pforzheim, Arno Rastetter, mitteilt, hat die Geschäftsführung der Pforzheimer Firma Microtherm GmbH am Donnerstagmorgen beim Amtsgericht Pforzheim Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde der Rechtsanwalt Marc Schmidt-Thieme bestellt. Der Betriebsrat und die knapp mehr als 50 Beschäftigten wurden bereits am Nachmittag unterrichtet.

Microtherm produziert maßgeschneiderte, kundenspezifische Anwendungen im Bereich von Temperaturschaltern, Sicherungen und Sensortechnik für die Automobil-, Elektro- und Elektronikindustrie sowie für die Haushaltstechnik. Microtherm hat zahlreiche Auslandsgesellschaften in Europa Nord- und Südamerika und Asien.

Sprecher zeigt sich verärgert

Der Gewerkschaftssekretär und Sprecher der IG Metall Pforzheim Rastetter ist über den Insolvenzantrag verärgert, da man noch 2019 einen "Zukunftssicherungstarifvertrag" abgeschlossen habe, mit dem die Beschäftigten sowohl auf die Zahlung des Weihnachtsgelds als auch auf den Zusatzbetrag des tariflichen Zusatzgelds von 400 Euro verzichtet hätten, um so die Beschäftigung bis Ende 2020 zu sicheren und betriebsbedingte Kündigungen auszuschließen.

Mit dem Insolvenzantrag sei nun der Tarifvertrag das Papier nicht mehr wert, auf dem er gedruckt sei, so Rastetter. Überrascht zeigt sich Rastetter auch über den Zeitpunkt des Antrags: Zum einen, da die Insolvenzantragspflicht betroffener Unternehmen beziehungsweise Geschäftsleiter aufgrund der Corona-Pandemie durch den Gesetzgeber bis zum 30. September 2020 ausgesetzt worden sei. Und zum anderen noch Ende März diesen Jahres mit der Geschäftsführung über die Verschiebung des tariflichen Zusatzgelds für 2020 verhandelt worden sei, so Rastetter weiter. Das sei natürlich jetzt hinfällig. Stattdessen seien jetzt weitere kreative tarifliche Lösungen gefragt, so die IG Metall.

Weiter gehe es nun darum, möglichst effizient zu produzieren, um das Verfahren mit den notwendigen Einnahmen auszustatten und so ein reibungsloses Weiterproduzieren zu ermöglichen, erklärt der Gewerkschafter. Dies sei in Zeiten der Corona-Pandemie natürlich besonders schwierig, aber die elementare Voraussetzung für eine Weiterführung beziehungsweise die erfolgreiche Veräußerung des Betriebs.

Mit Schmidt-Thieme als vorläufigen Insolvenzverwalters liege jetzt die wesentliche Entscheidungsbefugnis in der Hand eines erfahrenen und erfolgreichen Verwalters, mit dem die IG Metall schon vielfach zusammengearbeitet habe und in dem einen oder anderen Fall auch gute Erfahrungen mit der Weiterführung und Veräußerung gemacht habe, so Gewerkschaftssekretär Rastetter.