Der Bedarf an Pflegeplätzen im Zollernalbkreis steigt mit dem Fortschreiten des demografischen Wandels. Foto: Kzenon - stock.adobe.com

Der neue Pflege- und Seniorenplan für den Zollernalbkreis zeigt: Mit dem demografischen Wandel wächst der Pflegebedarf spürbar.

„Der demografische Wandel wird zu unrecht verteufelt, es ist schön, dass wir so alt werden dürfen“, meint Benjamin Röben vom Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg (KVJS). „Aber es müssen die Voraussetzungen dafür geschaffen werden.“

 

Aus diesem Grund hat der Zollernalbkreis einen Kreissenioren- und Pflegeplans ausgearbeitet, den Röben gemeinsam mit seiner Kollegin Lea-Sofie Hahn Vertretern von Kommunen und Sozialverbänden vorgestellt hat. Gemeinsam mit dem KVJS und unter Mitwirkung verschiedener Institutionen hat der Landkreis ein 186-seitiges Werk ausgearbeitet, in der die Pflege- und Versorgungsstruktur älterer Menschen im Zollernalbkreis analysiert wurde und Handlungsempfehlungen für die Zukunft abgeleitet wurden.

20 Monate

In 20 Monaten wurden zahlreich Fachgespräche geführt und Daten erhoben – immer in Abstimmung mit einem Begleitgremium, das auch über die Fertigstellung des Konzepts den Prozess begleiten wird. „Das ist ein Dynamischer Prozess, hinter dem nach der Abschlussveranstaltung kein Haken gemacht wird“, sagte Landrat Günther-Martin Pauli. Basierend auf den Erkenntnissen und den Handlungsempfehlungen werden die Gremien des Kreistags die erarbeiteten Maßnahmen besprechen und priorisieren.

Pflege vor allem im häuslichen Umfeld

und Hahn stellten ein umfassendes Zahlenwerk vor. Was zwar schon bekannt ist – nämlich, dass in Zukunft nicht nur im Zollernalbkreis immer mehr Menschen über 65 Jahre wohnen werden – untermauerten sie mit Zahlen. Alleine seit 2013 habe sich die Zahl der Menschen, die eine Art von Pflege in Anspruch nehmen, mehr als verdoppelt.

Rund ein viertel aller Haushalte sind derzeit reine Seniorenhaushalte, viele von ihnen wohnen seit Jahren alleine im Einfamilienhaus. Es gelte diesen Menschen alternative und bezahlbare Wohnangebote im eigenen Umfeld aufzuzeigen.

Je älter die Menschen werden, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie Pflege brauchen. Röben betonte, dass er dabei nicht nur von Bettlägrigkeit spreche, sondern auch von Unterstützung im Alltag. Die Mehrheit der Zollernälbler mit Pflegegrad – 63 Prozent – werden derzeit im häuslichen Umfeld von Angehörigen gepflegt. Doch weil bei diesen die Altersstruktur recht hoch ist und viele Entlastungsangebote ungenutzt bleiben, sieht der Pflegeplan Handlungsbedarf.

Tagespflege hat ein Imageproblem

Die 34 ambulanten Pflegedienste, verteilt auf elf Kreiskommunen haben ein breites Angebotsspektrum abseits der klassischen Pflege und legen oft weite Wege zurück.

265 Plätze in der Tagespflege in 17 Einrichtungen gibt es derzeit im Zollernalbkreis, doch diese bleiben oft ungenutzt. Röben vermutet, dass diese Art der Betreuung ein Imageproblem hat und somit viele Senioren falsche Vorstellungen davon haben. Bei manchen scheitere es auch an dem persönlichen Anforderungen, beispielsweise an Hol- und Bringdiensten für Rollstuhlfahrer. Röben sieht hier ein großes Potenzial, auch in der Gewinnung von Personal.

Personalmangel und Zeitdruck

Für Kurzzeitpflege gibt es 94 eingestreute Plätze verteilt auf 27 stationäre Pflegeeinrichtungen, wobei 16 ganzjährig vorgehalten werden. Die ganzjährige dürfe durchaus ausgebaut werden. Wiederum gebe es auch saisonale Schwankungen – in der Urlaubszeit im Sommer sei der Bedarf nach Kurzzeitpflege in der Regel am höchsten. Auch bei der Dauerpflege gebe es noch Luft nach oben, der Bedarf sei nicht gedeckt. Röben erklärte, dass die Anforderungen an die Qualität der Versorgung zwar gestiegen seien, auf der andern Seite Personalmangel und Zeitdruck nagen. Daher die klare Handlungsempfehlung: Mehr Plätze schaffen und die pflegerischen Rahmenbedingungen verbesser.

Anstieg prognostiziert

Röben prognostizierte einen Anstieg der Pflegezahlen bis 2035, jedoch nicht so stark wie in den vergangenen Jahren. Auf lange Sicht gesehen steige die Zahl jedoch, wenn die geburtenstarken Babyboomer-Jahrgänge älter werden und möglicherweise Unterstützung benötigen.

Wichtig sei es, den Plan regelmäßig zu aktualisieren und die tatsächliche Entwicklung zu beobachten „Das gibt eine Richtung vor und wir sollten den Plan als Diskussionsgrundlage nehmen“, so Röben abschließend.