Auch um das Holz, das in den Heizkraftwerken verbrannt wird, ging es im Gemeinderat. Archiv-Foto: Weiler Wärme Foto: Schwarzwälder Bote

Gemeinderat: Bei Diskussion über bürgerschaftliche Energiegenossenschaft wird’s auch emotional

So groß wie bei der jüngsten Gemeinderatssitzung war das Interesse der Bevölkerung selten. Der Grund: das Thema Entwicklung der Weiler Wärme. Doch eine Entscheidung in Sachen Holz wurde nicht gefällt.

Pfalzgrafenweiler. Zur Entwicklung der Bürgergenossenschaft Weiler Wärme mit Rückblick und Ausblick legten die Vorstände Klaus Gall und Siegfried Neub Zahlen der vergangenen zehn Jahre vor. Gall berichtete über eine Gesamt-Trassenlänge von aktuell rund 37 Kilometern. Die Mitgliederzahl liegt inzwischen bei 829. Die Zahl der angeschlossenen Gebäude lag 2008 bei sechs, heute sind es 578. Dabei wurden rund 550 Einzelheizungen ersetzt, was eine CO2-Einsparung von etwa 6625 Tonnen pro Jahr ausmacht. Die Investitionshöhe lag in den vergangenen zehn Jahren bei rund zwölf Millionen Euro.

Zusätzliche Wertschöpfung

Gall sprach auch das hohe Wertschöpfungspotenzial an. Kostengünstiger Strom werde über die beiden Fotovoltaik-Anlagen auf dem Schuldach und bei der Erddeponie produziert. Für die Nutzung des Schuldachs zahlt die Weiler Wärme eine jährliche Pacht von rund 4000 Euro an die Gemeinde. Eine zusätzliche Wertschöpfung für die Gemeinde sei die kostenlose Wärmelieferung an das örtliche Freibad und für zehn Jahre an die Aussegnungshalle. Durch die Eigenstromproduktion spare die Gemeinde jährlich größere Beträge, in den vergangenen drei Jahren addierte sich der Betrag auf rund 38 000 Euro. An Gewerbesteuer hat die Weiler Wärme 2017 rund 12 000 Euro an die Gemeinde gezahlt. Das E-Carsharing mit seinem Fuhrpark wurde ebenso thematisiert wie der regionale Stromvertrieb im Verbund mit den Bürgerwerken. Hier fließen zu 100 Prozent Ökostrom aus Deutschland. Von den 12 000 neuen Stromkunden in den letzten vier Jahren kommen mehr als 100 aus Pfalzgrafenweiler.

Neub beleuchtete die Synergieeffekte bei den Nahwärmenetzen. 2014 hatte die Weiler Wärme beschlossen, ein Parallelstromnetz aufzubauen, ein sogenanntes intelligentes Stromnetz, bei dem die Verbraucher zu- und abgeschaltet werden können. Die Weiler Wärme ist inzwischen offizieller Netzbetreiber, zunächst für die Siedlung Heide und künftig auch für die restlichen Ortsteile.

Über eine 20 Kilovolt-Leitung zum Bömbachsee besteht eine Verbindung zu den Stadtwerken Altensteig. Die Leitungen werden allesamt im Boden und nicht als Überlandleitungen verlegt, dabei werden gleichzeitig Leerrohre und Datenleitungen mitverlegt. Somit werde eine höhere Versorgungssicherheit gewährleistet. Fraglich sei dabei die Stromnetzübernahme von der EnBW. Bei einer Lebensdauer zwischen Null und 70 Jahren stehe die Rentabilität bei einem bestehenden und möglicherweise veralteten Stromnetz in Frage.

Neub sieht es als vorteilhaft, wenn in ein neues Netz investiert wird. Die personelle Struktur müsse aufgebaut werden. In der Übergangszeit übernehmen die Stadtwerke Altensteig diese Aufgabe. Sie stellen einen Betriebsführer, bis bei der Weiler Wärme entsprechendes Personal vorhanden ist. Insgesamt sei, so Neub, für die Zukunft eine gute Grundlage gelegt.

Bürgermeister Bischoff stellte fest, dass die Gemeinde nicht all das hätte leisten können, was die Weiler Wärme in den letzten zehn Jahren geleistet habe. Ratsmitglied Benjamin Finkbeiner (FWV) wollte unter anderem wissen, wie die Randgebiete versorgt werden. "Ein neuer Netzbetreiber", so Bischoff, "müsse die Grundversorgung auch dort sicherstellen."

Ratsmitglied Adolf Gärtner (FWV) warf der Weiler Wärme die im Prüfbericht genannten "nicht zweifelsfrei geordneten Verhältnisse" vor und bezeichnete das Unternehmen als "Schlamperladen". Außerdem sieht er bei Siegfried Neub eine Verquickung von privaten und öffentlichen Interessen und forderte öffentliche Informationsveranstaltungen und künftig die Einholung von mehreren Meinungen. Bürgermeister Bischoff mahnte daraufhin an: Die Diskussion müsse sachlich geführt werden.

360 Tage störungsfrei

Neub verdeutlichte, dass mit der Bioenergie Strom günstiger werden soll. An 360 Tagen im Jahr laufe die Anlage störungsfrei, während es an sogenannten Aufheiztagen mit Hecken- und Strauchschnitt schon mal rauche. Bis dato habe es keinerlei dramatische Störfälle gegeben. An Ratsmitglied Gärtner gerichtet, äußerte er den Wunsch, sachlich zu bleiben und keine Ängste zu schüren. Die Äußerung "Schlamperladen" seitens Gärtner sei eine Zumutung, meinte er, und verwies auf die Aufbauzeit. Die Zukunft sehe besser aus. Benjamin Finkbeiner sieht momentan eine Kehrtwende, obwohl die Weiler Wärme als Bio gestartet sei. Bürgermeister Bischoff betonte, dass er für Pfalzgrafenweiler eine gute Entscheidung ohne Eile wolle. Zum Thema A1-/A2-Holzverbrennung werde ein Referent zu einer öffentlichen Veranstaltung eingeladen.

Neub ging auf das Verfahren zur Genehmigung der Verbrennung der Holzarten ein. Dekra-Messungen hätten bei der Beimischung von A1- und A2-Holz zu den Hackschnitzeln teilweise bessere Ergebnisse erbracht. In dem kleineren Kessel wurde bereits in der Vergangenheit nicht belastetes Holz-Abfallmaterial angenommen und verbrannt. In den größeren Anlagen würden viel strengere Grenzwerte gelten und eingebaute Filter für weniger Emissionen sorgen. Man müsse gemeinsam praktikable Lösungen finden. 80 Prozent der Mitglieder haben sich in der Genossenschaftsversammlung für die Umstellung auf Beimischung von Industrierestholz ausgesprochen.

Ratsmitglied Kurt Kirschenmann (SPD) signalisierte den Bürgern, dass es keinen Grund für Angst gebe. Gärtner warf er vor, ständig die Weiler Wärme zu kritisieren. Abschließend verdeutlichte Bürgermeister Bischoff, dass es in diesem Jahr keine Entscheidung geben wird. Der intensive Austausch für eine gute Entscheidung werde im kommenden Jahr weitergehen.

Pfalzgrafenweiler (bine). Zahlreiche Bürger äußerten sich in der Bürgerfragestunde zu den Plänen der Weiler Wärme.

Seitens der Bürger wurde der Weiler Wärme fehlende Transparenz angekreidet. So seien die Bürger über Pläne der Genossenschaft nicht informiert und bezüglich Störfällen seien keine Berichte vorgelegt worden. Außerdem bestehe Unklarheit zur Thematik "Verbrennung von Altholz, Gebraucht- oder Industrieholz".

Ein Wunsch war eine öffentliche Klärung zu diesem Thema, bei dem die Bürger "mitgenommen" werden sollten.

Bürgermeister Dieter Bischoff erläuterte, dass einerseits ein öffentlich-rechtliches Verfahren bestehe, das vom Landratsamt entschieden wurde. Auf der anderen Seite sei die Entscheidung über die Grunddienstbarkeit Sache der Gemeinde, die eventuell in einer Klausur intern vorbesprochen, aber öffentlich getroffen werde.

Eine Zuhörerin gab zu bedenken, dass man bis zur Verbrennung von A4-Holz noch über Bioenergie sprechen dürfe. Sie fand die bisherige Verbrennung ausschließlich von Hackschnitzeln gut und bemängelte, dass Bauplätze nur in Verbindung mit Fernwärmeanschlüssen verkauft werden. Das Thema werde, so Bürgermeister Bischoff, aufbereitet, damit der Gemeinderat eine gute Entscheidung treffen könne. In einer der nächsten Sitzungen im Jahr 2019 werde dieses Thema auf die Tagesordnung des Gemeinderats gesetzt.

Unabhängig von der Thematik der Verbrennung von A1- und A2-Holz müsse das Wegebenutzungsentgelt geklärt werden, das in den Teilorten Bösingen, Durrweiler und Neu-Nuifra nicht erhoben werden soll.

Außerdem sei die hohe Beteiligung an der Weiler Wärme seitens der Gemeinde mit bislang zehn Anteilen zurückzuführen, so Bischoff. Auch eine Entscheidung über die Erweiterung des bestehenden Pachtvertrags werde erst 2019 gefällt.

  A 1-Holz: naturbelassenes Holz, auch Rinde, das lediglich mechanisch bearbeitet wurde.

  A 2-Holz: verleimtes, gestrichenes, beschichtetes, lackiertes oder anderweitig behandeltes Altholz ohne halogenorganische Verbindung in der Beschichtung und ohne Holzschutzmittel.

  A 3-Holz: Altholz mit halogenorganischen Verbindungen in der Beschichtung ohne Holzschutzmittel.

  A 4-Holz: mit Holzschutzmitteln behandeltes Altholz wie Bahnschwellen, Leitungsmasten, Hopfenstangen, Rebpfähle und sonstiges Altholz, das wegen seiner Schadstoffbelastung nicht den Altholzkategorien A I bis A III zugeordnet werden kann, ausgenommen PCB-Altholz.