In den Gästehäusern des Hotels Sonnenschein sind bereits Flüchtlinge untergebracht. Nun wird auch das Hauptgebäude Teil der Gemeinschaftsunterkunft. Foto: Eberhardt

Knappe Mehrheit im Ortschaftsrat spricht sich trotzdem für eine räumliche Erweiterung der Asylbewerberunterkunft in Herzogsweiler aus.

Pfalzgrafenweiler-Herzogsweiler - In Sachen Flüchtlingsaufnahme wirkte Herzogsweiler bislang vorbildlich offen. Doch nun zeichnet sich ein anderes Bild. Die Anwohner sind von der geplanten Erweiterung der Unterkunft im Birkenbuschweg alles andere als begeistert. Im Ortschaftsrat wurde das Projekt nur mit knapper Mehrheit befürwortet. Fünf Ortschaftsräte vor rund viermal so vielen Zuhörern: Die Vertretung, die Jens Graf bei der Ratssitzung für die erkrankte Ortsvorsteherin Sieglinde Rohrer übernommen hatte, war keine dankbare Aufgabe.

Die Bürger sträubten sich in der öffentlichen Ortschaftsratssitzung teils wortgewaltig gegen die geplante Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber in den Gebäuden des ehemaligen Hotels Sonnenschein. In dessen Gästehäusern sind bislang Plätze für 40 Asylbewerber genehmigt. Mehr sollen es auch künftig nicht werden, versicherten Bürgermeister Dieter Bischoff und Benjamin Geigl, Sachbearbeiter im Sozialamt des Landratsamts. Mit der Hinzunahme des Hotel-Cafés sollen jedoch die räumlichen Gegebenheiten verbessert und die Nutzungszwecke von einem kurzfristigen Ausweichquartier in eine längerfristige Gemeinschaftsunterkunft geändert werden.

Der Kreis braucht dringend Unterkünfte

Dass es sich nur um eine räumliche Erweiterung handelt und der Mietvertrag für die Gemeinschaftsunterkunft zudem bis 2016 befristet ist, vermochte die Bürger nur wenig zu trösten. Sie witterten hinter den Plänen des Landratsamts Salamitaktik und befürchteten, dass Herzogsweiler schleichend mit Flüchtlingen überhäuft wird. Schon 40 Personen seien für die kleine Gemeinde zu viel, der Verteilerschlüssel ungerecht, die Infrastruktur für eine nachhaltige Integration unzureichend. Diese und andere nicht immer sachlich formulierte Befürchtungen prägten die Diskussion. Die offizielle Einschätzung, dass alles reibungslos läuft in der bestehenden Unterkunft, vermochten die Anwohner nicht zu teilen. Von Lärmbelastung war die Rede und sogar vom Verlust der Wohn- und Lebensqualität.

Jens Graf lies die Bürger ihre Sorgen von der Seele reden. Dieter Bischoff versuchte nach Kräften, diese argumentativ zu zerstreuen. Doch das Misstrauen galt dem Landratsamt. Dessen Botschaft war unmissverständlich: Der Kreis braucht dringend Unterkünfte, Herzogsweiler bietet ein ideales Objekt und wird sich seiner Aufgabe nicht entziehen können. Für erregtes Gemurmel im Publikum sorgte unter anderem Benjamin Geigls Zögern, als Reinhold Strehle fragte: "Wäre die Genehmigung einer Gemeinschaftsunterkunft wieder entziehbar, falls sich die Situation für die Bevölkerung als untragbar erweist?" "Ich glaube nicht, dass es zu so gravierenden Problemen kommt", antwortete Geigl vage.

Bürger reden ihre Sorgen von der Seele

Dieter Bischoff hingegen schenkte seinen Bürgern reinen Wein ein: Ist eine behördliche Genehmigung erteilt, könne diese nicht mehr einfach zurückgenommen werden. Sabine Ruoß vom Freudenstädter Verein "Freundeskreis Asyl", die einen Vor-Ort-Besuch unternommen hatte und ebenfalls im Publikum saß, riet schließlich, sich mit der unausweichlichen Situation zu arrangieren und den Kontakt mit den Flüchtlingen zu suchen. Die Sorge der Bürger vermochte sie nachzuvollziehen, doch: "Solange man sich nicht kennt, ist alles schwierig." Ortschaftsrat Rainer Joswig blieb jedoch skeptisch. Er fürchtete Probleme und schilderte teils finstere Szenarien aus anderen Gemeinschaftsunterkünften. Seine Kollegin Karin Schupp hingegen ließ sich von Geigl erneut versichern, dass die Grenze von 40 Personen nicht überschritten wird.

Dem schloss sich auch Jens Graf bei der Beschlussformulierung an: Nutzungsänderung für den Komplex "Sonnenschein" zur Gemeinschaftsunterkunft – unter Voraussetzung, dass die Personenzahl nicht erhöht wird und das Landratsamt bei Problemen für neue Gespräche zur Verfügung steht.

Bei drei "Ja"-Stimmen wurde der Nutzungsänderung knapp stattgegeben. Ein Ortschaftsrat sprach sich dagegen aus, einer enthielt sich. Zwei Gremiumsmitglieder hatten sich für die Sitzung entschuldigt.