Eine tolle Abwechslung im Kreisliga-Alltag: Die Spieler der SG Riedböhringen/Fützen waren begeistert von der Trainingseinheit unter Peter Neururer. Foto: Roland Sigwart

A-Ligist SG Riedböhringen/Fützen erlebt einen genialen Abend mit Peter Neururer. Nach einem Training mit viel Zug drin plaudert der Kulttrainer aus dem Nähkästchen.

Der Riedböhringer Sportplatz an diesem Dienstag um 18.30 Uhr. So viele Zuschauer (rund 100) hatte der A-Ligist SG Riedböhringen/Fützen noch nie beim Training. Kein Wunder, Kulttrainer Peter Neururer führt Regie.

 

Bei einem Gewinnspiel eines großen Reifenherstellers, deren Markenbotschafter der Gelsenkirchener ist, hat der aktuell erfolgreiche A-Ligist (4.) die Trainingseinheit gewonnen. Es war für die Baaremer wie ein Sechser im Lotto: Peter Neururer besucht in ganz Deutschland jährlich immerhin nur drei Vereine.

Eine halbe Stunde vor dem Trainingsbeginn besprechen sich der frühere Profi-Trainer und SG-Coach Nuran Ardiclik. Dieser freut sich: „Da war sofort ein super Draht da.“ Peter Neururer hat sowieso von den Trainern im Amateurbereich sehr viel Respekt. Er lobt Nuran Ardiclik später: „Trainer wie du haben es doch mit den Rahmenbedingungen schwerer als wir Profitrainer. Bei uns reden dafür dann aber nach einem Spiel hunderttausende Fans noch mit.“

Die „Eier-Ablage“

90 Minuten lang dauert die Trainingseinheit unter Peter Neururer. Die Stimmung beim A-Ligisten ist hervorragend nach dem 2:1-Derbysieg am Samstag in Blumberg.

28 Spieler haben sich auf die Einheit mit dem „Profi“ gefreut. „Ich habe das Vier-gegen-Zwei-Spiel beim Aufwärmen noch nie mit so vielen variablen Aufgaben erlebt“, betont Jens Dziubale, einer der Leistungsträger bei der SG Riedböhringen/Fützen.

Im Mittelpunkt stehen dann auf einer kleinen Spielfläche Zweikampfformen mit zwei Toren in Eins-gegen-Eins und in Zwei-gegen-Zwei mit Abschluss. Es ist mächtig Zug drin. Peter Neururer lobt („Das war ein ganz großes Tor“) oder kritisiert – versteckt mit Humor – auch Fehlpässe („Das war eine Eier-Ablage“).

Nicht schlecht staunt der topfitte 70-Jährige, als beim abschließenden, eigentlichen lockeren Auslaufen ein, zwei Spieler meinen, das Tempo anziehen zu müssen. Neururer erklärt, dass so etwas innerhalb einer Gemeinschaft überhaupt nicht geht: „Manche haben sich durch so etwas schon aus einer Mannschaft herausgelaufen.“ Insgesamt ist Peter Neururer von der Truppe begeistert: Um 20 Uhr lobt er: „Ihr seid großartige Jungs.“

Der lange Abend im Clubheim

Wenig später geht es zur „dritten Halbzeit“ ins Riedböhringer Clubheim. Zweieinhalb Stunden (!) stellt sich Peter Neururer, der mit seiner Frau in Aasen übernachtet, den Fragen, erzählt aus dem Nähkästchen seiner Trainerstationen und isst das erste Mal in seinem Leben einen Leberkäswecken.

Der heute als Fernseh-Experte arbeitende Gelsenkirchener zeigt sich im Rückblick sehr dankbar für „die großartige Chance, als Nicht-Spielerprofi so eine Trainerkarriere geschafft zu haben. Das ist in diesem Geschäft selten. Ohne Beziehungen bekommst du den Fuß nicht in die Türe. Ich hatte das Glück, dass mich 1987 Horst Hrubesch, mit dem ich zusammen den Trainer-Lehrgang absolviert hatte, als seinen Co-Trainer zu Rot Weiss Essen geholt hat.“

Als er auf Schalke überraschend entlassen wird

Neururer erzählt über seine schmerzliche Freistellung (1990) kurz vor der Bundesliga-Rückkehr mit Schalke. Lacht sich heute noch schief über einen auf dem Platz vergessenen Panzer, der bei Hertha BSC Berlin auf dem Maisfeld sogar für eine Absage des Trainings sorgte. Auslands-Angebote, verrät er zur später Stunde, hatte er – vom FC Bologna, von Birmingham City und auch aus China. „Aber es hat leider am Ende in keinem Fall geklappt.“

Eine Zigarette kurz vor dem Bayern-Spiel

Sein durchgeknalltester aber auch einer seiner genialsten Spieler war der leider zu früh verstorbene Wolfram Wuttke, der acht Minuten vor dem Spiel des 1. FC Saarbrücken gegen die Bayern (1:1) noch eine Zigarette im Kabinengang rauchte.

„Die Mannschaft schaute auf mich und erwartete irgendeine Reaktion von mir. Ich ließ ihn aber spielen, weil wir ohne ihn kaum eine Chance gehabt hätten. Wutti ist um sein Leben gerannt und nach dem Spiel gab es 10 000 Mark Geldstrafe für ihn.“

Trainerentlassungen sind ihm zu inflationär

Nachdenklich war Peter Neururer aber am Dienstagabend im VfL-Clubheim auch: Das oft zu schnelle Fallenlassen eines Trainers geht ihm gegen den Strich: „Die Medien, die Fans, die Clubs – sie urteilen viel zu schnell über eine Arbeit des Trainers, haben aber kein Training von ihm gesehen, kennen seine Gedanken nicht.“

Diesen Abend in Riedböhringen hat Peter Neururer sehr genossen. Für die Gastgeber war es ein unvergessliches Erlebnis im Kreisliga-Alltag.