Peter Maffay in der Schleyerhalle Foto: Lichtgut/Christoph Schmidt

Altes aus „Bravo-Zeiten“, Neues von Tabaluga, dazu zeitlos guter Breitwand-Rock: Peter Maffay begeistert in der Stuttgarter Schleyerhalle elftausend Fans mit Songs aus fünfzig Karrierejahren – und mit jeder Menge Empathie.

2018 gastierte Peter Maffay in Stuttgart noch mit einer semiakustischen, weitgehend ohne die typischen Elemente einer großen Rock-Revue ausgestatteten Show. Wer nun am Sonntagabend die Schleyerhalle betritt, dem genügt ein Blick, um festzustellen: Diesmal wird es elektrischer, rockiger zugehen. Eine Bühne in Form einer Gitarre streckt sich da weit in den Innenraum hinein, mit dem Bauch des Instruments als räumlichem Zentrum. Erstmals zum Einsatz kam diese Konstruktion bei Peter Maffay schon 1996, aber ihre Vorteile überzeugen bis heute: Von allen Plätzen aus bieten sich den elftausend Besuchern so optimale Sicht- und Hörverhältnisse, und die ebenfalls in der Hallenmitte platzierte Verstärkeranlage mindert lästige Schallreflexionen und sorgt für eine passable Soundqualität.

Und Hören ist beim Altmeister der deutschen Rockmusik noch immer das Wichtigste. Auch nach fünfzig Karrierejahren geht es bei Peter Maffay ausschließlich um die Musik und um sein Charisma. Als einzige Extravaganz gibt es zwei drehbare Podeste für das Drumset und die Keyboardposition, sodass der Schlagzeuger Bertram Engel und der Tastenmann Pascal Kravetz im Lauf des Abends ein paar hübsche Runden Karussell fahren dürfen.

Maffay ist Rocker, Humanist und Mahner wider den Zeitgeist

Maffay selbst genügt ganz die klassische Rolle als Frontmann und Gastgeber, um die Szenerie zu beherrschen – wie gewohnt in einer Mehrfachrolle als testosteronverliebter Rocker, nimmermüder Humanist und beherzter Mahner wider den Zeitgeist. Der Rocker in ihm präsentiert aus der Kategorie „tief dekolletierte Herrenoberbekleidung“ diesmal eine cremefarbene Weste im Schnitt eines Muscle-Shirts. Der Humanist hält flammende Plädoyers für Frieden, Freiheit, Toleranz und Kinderliebe, und der Mahner lässt es weniger denn je an klarer Haltung mangeln – etwa, wenn er zu „Morgen“ per Videoeinspielung der stetig eskalierenden Pest aus Hetze, Hass und Lügen ein paar Gesichter gibt; beispielsweise jener von Hitler und Donald Trump.

„Und es war Sommer“ gibt’s zum Finale

Doch natürlich bleibt der Abend in erster Linie ein Rockkonzert. In rund drei Stunden bilanziert Maffay seine Karriere von einst bis heute, räumt Altlasten wie „Du“ in einer hübsch zupackenden Rockversion ab und nimmt sich umso mehr Zeit für die wirklich wichtigen Dinge: Persönliches aus seinen jüngsten Alben „Jetzt!“ (2019) und „So weit“, Songs aus in Kürze erscheinenden neuen Tabaluga-Album „Die Welt ist wunderbar“; Hymnen von „Samstagabend“ bis „Gelobtes Land“.

Drum herum bleibt an diesem gelungenen, wenngleich einen Tick zu langen Abend immer wieder Zeit, um ein paar hübsche Szenen zu besichtigen – etwa Bertram Engel, der seine Arbeit formvollendet mit weißen Golfhandschuhen verrichtet, oder Pascal Kravetz, der eine herrlich schräge Kombination aus Leopardenfellhut und wild gemustertem Herrenrock plus Zirkusdirektorenblazer inklusive Totenkopfapplikation ausführt. Letzte Highlights bleiben schließlich ein prachtvoll rockiges „Sonne in der Nacht“ sowie das empathische „Freiheit die ich meine“ – der feuchte Jugendtraum „Und es war Sommer“ als Finale bleibt, illustriert von alten „Bravo“-Titelbildern aus den Siebzigerjahren, dann eher ein Stück skurriles Teenager-Kino denn wirklich relevant.