Er will mit Tabaluga noch einmal richtig loslegen, hat auf seinem neuen Album den Rock’n’Roll wiederentdeckt und interessiert sich mehr für die Zukunft als für die Vergangenheit. Ein Treffen mit Peter Maffay bei ihm zu Hause in Tutzing am Starnberger See.
Er will mit Tabaluga noch einmal richtig loslegen, hat auf seinem neuen Album den Rock’n’Roll wiederentdeckt und interessiert sich mehr für die Zukunft als für die Vergangenheit. Ein Treffen mit Peter Maffay bei ihm zu Hause in Tutzing am Starnberger See.
Tutzing - Herr Maffay, Ihr neues Album klingt ziemlich rockig . . .
Das letzte Rockalbum, das wir gemacht haben, erschien im Jahr 2008. Dann kam „Tattoos“, der Sampler, alle alten Sünden ein bisschen mit Geigen verschönt. Fünf Jahre sind eine lange Zeit. Dann fragst du dich natürlich: Wo stehst du musikalisch, stilistisch, was soll das werden? Ich habe mir gesagt: Ich möchte einfach das tun, was wir jetzt sind. Wir werden nicht schielen nach irgendwelchen Formaten oder versuchen, dieser Zeit, diesem Zeitgeist auf den Zeiger zu gehen, nein, wir werden versuchen, das darzustellen, was wir musikalisch sind.
Und herausgekommen ist dieser Sound?
Ich habe versucht, mich zu erinnern: Was waren die Dinge, die mich musikalisch bewegt haben, damals, am Anfang? Und da ist mir meine Schülerband wieder eingefallen, da sind mir die Lieder wieder eingefallen, die wir damals gehört haben – und dann ist mir immer noch einigermaßen geläufig, was die Motivation war. Die Dinge, die mich dazu gebracht haben, zu sagen: Ich will von meiner Musik und meinen Liedern leben. Ich habe mir gesagt: Diese Wurzeln, die wird man wahrscheinlich wie einen Fingerabdruck nie verlieren, lass uns die nehmen und sauber verarbeiten, mit einem zeitgemäßen Sound. Und das ist dabei herausgekommen.
Sie blicken auf eine mehr als 40-jährige Karriere zurück. Dennoch singen Sie auf Ihrem neuen Album immer wieder vom Neubeginn.
„Tattoos“ hat die ersten 40 Jahre abgehakt, und jetzt haben wir mit der Vergangenheit nicht mehr so viel zu tun, jetzt haben wir nur noch die Zukunft vor uns. Wir sind ja alle keine Teenager mehr, und ich bin mit Abstand der Älteste. Es ergibt keinen Sinn, sich zu verbiegen, keinen Sinn, das zu tun, was man von uns erwartet, sondern wir müssen das tun, was wir sind.
Ihre Musik hat sich, seit Ihren Anfängen, stark gewandelt. Wie schätzen Sie Ihr Publikum heute ein?
Auch einige unserer Fans haben sich geändert. Das sind Leute, die du kennengelernt hast über die Jahre, du kennst sie beim Namen, tauschst dich mit ihnen aus, sie sagen dir ihre Meinung. Mit dem neuen Material kommen wir schon ziemlich heftig daher, und da gibt es dann schon den einen oder anderen, der sagt: Hm, die langsamen Sachen, die entsprechen mir mehr als die ganz heftigen, aber das ist ein kleiner Teil. Der andere Teil sagt: Etwas anderes hättet ihr nicht machen dürfen, sonst wären wir von euch enttäuscht gewesen.
Wie sehen Sie in die Zukunft? Die gesellschaftliche und politische Situation stellt sich heute schwieriger dar als vor 40 Jahren. Ist das ein Grund zum Pessimismus?
Für mich ist das Wort Hoffnung ein ganz wichtiges Wort. Ich bin ein Optimist, aber kein blinder. Solange meine Gesundheit, meine Konstitution noch einigermaßen o. k. sind, sehe ich das als Verpflichtung an, das einzubringen. Ich würde nie auf den Gedanken kommen, pessimistisch zu sein, solange es mir so geht. Mein Sohn hat einen Anspruch darauf, einen Vater zu erleben, der nach vorne guckt und nicht nach hinten. Die Kinder in unserer Stiftung wollen nicht sehen, wie ich durchs Leben schlurfe, sondern die wollen jemanden sehen, der sagt: Ich weiß, es geht euch nicht so gut, aber wir können da etwas machen, es gibt eine Perspektive, und vielleicht sogar eine ganz gute.
Wie hat sich, aus Ihrer Perspektive, die Situation von Musikern in den vergangenen 40 Jahren verändert?
Früher haben wir zehn Plattenfirmen gehabt. Du hast eine LP oder eine CD in der Hand gehabt, und du bist hingegangen, und wenn du beim Zehnten ein Nein bekommen hast, war deine Karriere dann erst einmal beendet. Heute stellst du das Ding ins Netz, und über Nacht wird es ein Hit. Aber: Der Markt ist zusammengebrochen, die Rechtefrage ist ungeklärt, es gibt Newcomer, die schreiben Songs, die werden runtergeladen. Diese Leute verdienen kein Geld, wie sollen sie ihre Stromrechnung bezahlen? Das muss der Gesetzgeber regeln, die Gesetze müssen sich den neuen Technologien anpassen, da ist viel Handlungsbedarf. Ich bin kein Urtraditionalist, der sagt: Früher war alles besser. Im Gegenteil. Ich finde: So spannend, wie es jetzt ist, war es noch nie.
Musik ist längst nur noch eines Ihrer Tätigkeitsfelder. An welchen Projekten arbeiten Sie im Augenblick?
Wir haben vor ein paar Monaten die Rechte für Tabaluga zurückgekauft, und das eröffnet natürlich eine ganz neue Möglichkeit, unsere Stiftung am Leben zu erhalten, auch über mich hinaus. Irgendwann muss ich mich ausklinken, ob ich will oder nicht, und dann sollen die Kinder ja immer noch in der Lage sein, in die Stiftungseinrichtungen zu kommen, und das kostet Geld. Und dieses Geld könnte man erwirtschaften, aus der Rechteauswertung.
Sie sind auch unter die Winzer gegangen . . .
Vor vier Jahren hatten wir noch keinen Wein, in Spanien – irgendwann haben wir gesagt: Das gehört zu dem Kreislauf dazu, das ist auch die Tradition da unten, legen wir einen kleinen Weinberg an. Das sind die Dinge, die grade passieren. Und dann hab’ ich eine große Baustelle, das ist mein Sohn. Ich möchte gerne sehen, wie er sich entwickelt, Spaß hat an den Dingen, die er erfährt, ich wünsche mir, dass er sich aufrichtet und aufgerichtet bleibt. Also: Ich hab’ noch viel zu tun.
Sie stammen selbst aus Rumänien und engagieren sich auf unterschiedliche Weise in humanitären Zusammenhängen. Wie stehen Sie zur Politik Deutschlands hinsichtlich der Menschen, die aus Rumänien flüchten?
Du wirst die Sinti und Roma nicht durch Grenzen aufhalten. Wenn dir das Wasser bis zum Hals steht beziehungsweise wenn keines da ist, um es zu trinken, wenn du nichts zu essen hast und deine Kinder nicht, dann wirst du dich auf die Suche machen, wo so etwas zu bekommen ist. Und deshalb ist es eine Frage der Selbsterhaltung, der eigenen Perspektive, dagegen etwas zu tun, die Verhältnisse vor Ort zu ändern. Dazu muss man aber ein bisschen etwas über Geschichte wissen, dazu muss man befreit sein von gewissen Vorurteilen, dazu muss man endlich kapieren, dass auch Zigeuner Menschen sind und die gleichen Rechte haben wie jeder Mensch auf der Welt. Nur das Glück, in einem bestimmten Land auf die Welt gekommen zu sein, ist nicht Legitimation genug, sich zu isolieren und niemanden an sich heranzulassen.
Die Reihe um den Drachen Tabaluga hatten Sie bereits abgeschlossen. Wird es nun doch eine Fortsetzung geben?
Wir hatten uns gesagt: Der Zyklus ist zu Ende, fünf Alben, schöner Trip, das war’s. Nun haben wir aber eine völlig veränderte Situation, und aus Gründen der Stiftung macht es Sinn, jetzt erst richtig loszulegen. Das ist unser Motor für die Zukunft – wenn ich ausfalle, ist der kleine Grüne der Nächste. Es gibt bereits alle möglichen Gedanken – einen Spielfilm, ein Musical, ein Best of –, Tabaluga ist jetzt 30 Jahre existent, wir haben das noch nie gemacht. Da gibt es viele Möglichkeiten.
Wie geht es sonst weiter mit Peter Maffay?
Ich habe das Gefühl, dass wir in diesem Jahr mit dem Album zu tun haben werden, im Herbst die Vorbereitungen treffen werden für die Tour zu 2015, die Tour zu 2015 spielen und in dieser Phase beginnen werden, an einem neuen Konzept zu arbeiten. Es fließt ja immer ineinander. Wenn es keine zwingenden Gründe gibt, die das verhindern, dann wird es ein nächstes Album geben, ja.