Peter Graßmann liebt die alten Gemäuer des Franziskanermuseums in Villingen, in dem er seit 2017 tätig ist. Foto: Birgit Heinig

Ein Museum darf nicht nur Wissen vermitteln, es muss Atmosphäre schaffen und damit Emotionen wecken.

Das ist die Philosophie von Peter Graßmann, der seit 2017 am Franziskanermuseum unter anderem als Kurator tätig ist.

 

So war er zuletzt maßgeblich an der Konzeption der Ausstellung „Grabraub“ beteiligt, in der man sich noch bis Anfang Juli auf Spurensuche durch die Kulturen und Epochen begeben kann, in denen die Gräber Verstorbener geöffnet und ausgeraubt wurden.

Nicht immer nur zum Zwecke der Bereicherung – es gab auch Gegenstände, von denen Grabräuber lieber die Finger ließen, weil sie sich vor ihrer „Macht“ fürchteten. Leihgaben aus aller Welt, aber auch eigene Exponate aus dem Fürstengrab am Magdalenenberg, wurden dafür zusammengetragen und werden, in geheimnisvolles Licht getaucht, museal präsentiert. Lokales und Bekanntes in internationale Bezüge zu setzen, das findet Peter Graßmann spannend, „das erweitert den Horizont“.

Der 37-Jährige ist in Heilbronn geboren, kam mit seiner Familie aber schon als Einjähriger nach Villingen. Am Kopsbühl wuchs er auf, besuchte die Steppachschule, dann das Hoptbühl-Gymnasium und erledigte 2007 sein Abitur.

Sein leidenschaftliches Interesse habe schon früh der Philosophie gegolten, erzählt er, doch sein Hang zu historischen Objekten, also zur Praxis, setzte sich bei der Wahl eines Studiums gegen die Theorie durch. So widmete er seine Studiensemester der europäischen und ostasiatischen Kunstgeschichte. Es hätten auch Archäologie, Ethnologie oder Japanologie sein können.

In vielen Museen

Zeitlichkeit und Vergänglichkeit habe habe ihn schon von Kindesbeinen an fasziniert, so Graßmann. Mit seinen Eltern besuchte er immer wieder Museen, unternahm außerdem viele Reisen nach Italien und Südfrankreich, wo man Ausgrabungen besichtigte. Die Vorstellung „eine Stadt unter der Stadt“ vor sich zu haben, habe ihn schon damals fasziniert, sagt er. Auf dem Gymnasium war neben Deutsch auch Geschichte sein Lieblingsfach, sein Bogy-Praktikum (Berufsorientierung im Gymnasium) absolvierte er 2004 im Franziskanermuseum.

Bewerbung bei Anita Auer

Im Blick hatte er nach dem Studienabschluss zunächst auch den Kunsthandel, entschied sich dann aber für eine Bewerbung bei Museumsleiterin Anita Auer. Mit einem Jahrespraktikum in den städtischen Museen, gefolgt von einer halben Stelle, empfahl sich Peter Graßmann schließlich zum wissenschaftlichen Mitarbeiter und Projektleiter in Vollzeit.

Viele Ausstellungen

Sein Herzblut floss fortan besonders in die Wechselausstellungen. Gut erinnert er sich an „Kulturwald“, wo es um die Besiedlung des Schwarzwaldes ging und wofür er sogar intensiv in die Forschung einstieg. „Wenn man bohrt, gibt es zu jedem Thema Exponate zu finden“, erzählt er von einer spannenden Suche. So wurden zahlreiche bis dahin verschollen geglaubte oder wenig beachtete Fundstücke aus dem ganzen Schwarzwald zusammengetragen.

In der Ausstellung „Familiengeheimnisse: De Narro und si Bagasch“ wurde die historische Fastnachtsfigur in Bezug zur Popkultur gebracht, die Maschgere mit Freddie Mercury verglichen. Das Heute, das Gestern und das Morgen zeitgleich zu betrachten, könne den Menschen helfen, bei der Suche nach dem Sinn des Lebens auf Resonanz zu stoßen. So können auch Jahrtausende alte Objekte zu ihrem Betrachter „sprechen“, findet Graßmann. Das gelingt auch bei jedem Keltentag, den das Museum jüngst zum neunten Mal veranstaltete und dessen Besucherzahl jährlich steigt.

Jüngere Besucher

Das Franziskanermuseum gehört zu den am stärksten besuchten 20 Prozent aller Museen in Deutschland. Gleichwohl liegt ein Augenmerk auf die jüngeren Besucher. Deshalb trieb Peter Graßmann das Augmented-Reality-Spiel „Geheimnis-Gräberei“ und die digitale Spurensuche „Der verlorene Pfad“ voran. Das eine wird mittels ausleihbarem Medium in der Museumsabteilung „Keltisches Fürstengrab Magdalenenberg“ gespielt, das andere kann jeder mit einer App auf seinem eigenen Smartphone direkt am Magdalenenberg anwenden.

In seiner Freizeit

In seiner Freizeit, die sich durch seine Leidenschaft sehr häufig mit seinem Beruf überschneidet, reist Peter Graßmann sehr gerne und dann bevorzugt nach Skandinavien oder Lateinamerika. Er liest Klassiker der Weltliteratur, radelt und wandert gerne.

„Ich bin eigentlich ein Großstadtmensch“ sagt er. In Villingen-Schwenningen bleibt er, weil in der Stadt „viel Potenzial“ stecke und es so viele Menschen gebe, die „mit Leidenschaft anpacken“ und für Entwicklung sorgen. „Und solange das so ist, gibt es für mich keinen Grund wegzuziehen.“