Popstar Peter Fox legt sein zweites Soloalbum vor. Wie der Titel ankündigt, sind auf „Love Songs“ Geschichten versammelt, die mal mehr, mal weniger mit der Liebe zu tun haben. Doch Peter Fox will das Ganze eigentlich gar nicht mehr – oder doch?
Filmstudio Babelsberg in Potsdam, etwa 50 Journalistinnen und Journalisten warten auf einen der lässigsten Menschen Deutschlands. Dann schlendert er rein und setzt sich aufs Podium, Aufregung Fehlanzeige. Peter Fox, 51, probt gerade für seine Tournee, vor wenigen Tagen hat er sein zweites Soloalbum mit dem Titel „Love Songs“ veröffentlicht und das ist ein Knaller. Obwohl die Pressekonferenz nicht sein natürliches Habitat ist, gibt sich der verheiratete Familienvater freundlich, empathisch, selbstkritisch und schlägt sich wacker durch die Fragerunde. Ein Auszug:
Peter Fox, die Erwartungen an Ihr zweites Soloalbum 15 Jahre nach „Stadtaffe“ sind riesig. Wie sind Sie mit dem Druck zurechtgekommen?
Tatsächlich habe ich den ganzen Ballast anfangs nicht gespürt, sondern einfach Musik gemacht.
Wie haben Sie sich seitdem verändert?
Ich bin viele Illusionen losgeworden. Früher war ich romantischer, habe aber noch mehr versucht, den Toughen zu machen. Jetzt habe ich das Gefühl, das wäre lächerlich. Es ist auch ein Alters- oder Lebenserfahrungsding, dass ich viele Dinge heute nicht mehr so ernst nehmen kann. Als ich jünger war, haben mich Filme total begeistert. Heute denke ich schnell: „Das ist doch nicht echt, sondern ausgedachte Scheiße“. Auch der Musik- oder Rap-Kultur, wo ich früher auch die Attitüde und die Posen geil fand, kann ich nicht mehr so viel abgewinnen. Seit ich weiß, dass die ganzen Rapper auch nur Würste sind wie ich, kriegt mich das alles nicht mehr so.
Adriano Celentano singt mit Ihnen das Duett „Toscana Fanboys“. Wie haben Sie ihn dazu gewinnen können?
Wir hatten in der Toskana zwei Wochen im Studio verbracht, weil es nicht so geil ist, immer nur in Berlin zu sein. Wir haben die Zeit dort echt total geliebt und auch den Song selbst in der Toskana geschrieben. Vielleicht konnte sich Celentano noch an mich erinnern, denn vor 20 Jahren hat er uns mit Seeed mal in seine Fernsehsendung in Italien eingeladen. Jedenfalls hat er gesagt: okay, mach ich. Ganz unkompliziert war es dann trotzdem nicht, er ist auf jeden Fall auch eine Diva. Aber trotzdem toll, dass er dabei ist.
Sie haben 2009 gesagt, dass Sie nur noch im Kollektiv Musik machen möchten. Jetzt sind Sie doch wieder solo am Start.
Ja, bescheuert, ne (lacht).
Wie kam es zum Meinungsumschwung?
Das mit dem Kollektiv stimmt nach wie vor. Ich habe die Platte nicht im stillen Kämmerlein gemacht, sondern zusammen mit sehr vielen guten Musikern und Produzenten. Mit anderen Leuten Musik zu machen, ist viel geiler, als alleine. Ursprünglich war wieder nicht geplant, ein Soloalbum zu machen.
„Zukunft Pink“ ist gleich ein Hit geworden. Haben Sie damit gerechnet?
Nein. Mich freut natürlich sehr, dass „Zukunft Pink“ so gut angekommen ist. Aber darüber mache ich mir keine Gedanken. Ich möchte vor allem versuchen, mich selbst zu begeistern mit dem, was ich mache. Daher haben wir viel Frische drin und nicht viel gemacht, das so klingt wie vor 15 Jahren. Mir geht es nicht darum, was zu machen, das möglichst erfolgreich ist. Ich bin zum Glück ein Popschwein. Ich mag Sachen, die anscheinend auch viele andere Leute mögen.
Für „Zukunft Pink“ sind Sie aber nicht nur gefeiert, sondern auch hart angegangen worden. Es hieß, Sie hätten den südafrikanischen Dance-Music-Stil Amapiano verwendet, ohne ausreichend kenntlich gemacht zu haben, woher diese Musik kommt. Der Vorwurf lautet: kulturelle Aneignung.
Wir waren auf der Bühne immer relativ multikulturell unterwegs, bloß war das vor 20 Jahren, auch in unserer Bubble, einfach nicht so ein Thema. Ich akzeptiere, dass sich vieles geändert hat seitdem. Es ist größtenteils richtig so, wenn sich Leute melden, für ihre Rechte einstehen. Da haben wir alle, auch ich, noch einiges zu lernen. Ich fand trotzdem die Diskussion nicht cool und nicht fair. Jeder, der mit mir zu tun hat, weiß, dass das nicht meine Musik ist. Ich habe das auch nie behauptet, im Gegenteil. Das wurde von der anderen Seite nicht gut und akkurat recherchiert. Plötzlich stand ich vor der Situation, dass über meine Person kulturelle Aneignung verhandelt wurde, während andere Punkte, die mir mit dem Song wichtig waren, wie „Tax me now“ überhaupt nicht besprochen wurden. Aber da gibt es kein Rumgeheule, auch wenn mich die Diskussion betroffen gemacht hat. Ich sage mal: You live, you learn. Ich hätte das alles geiler kommunizieren müssen, dann wäre es auch smoother gelaufen.
Wäre es denn eine Option für Sie, politisch aktiv zu werden?
Das muss ich mir sehr gut überlegen. Wenn ich einmal damit anfange, kann ich mir nie wieder den Hut des lockeren Musikers aufsetzen. Ich weiß auch nicht, ob ich das Rüstzeug hätte, Politiker zu sein. Ich bin ein Sensibelchen. Wenn du in die Politik gehst, musst du superhart sein. Die fressen dich dort sonst zum Frühstück – dafür bin ich nicht gebaut (lacht).
Sie haben im „Spiegel“ gesagt, dass Sie sich zu alt fühlen, um Popstar zu sein. Warum machen Sie es trotzdem?
Ich habe keine gute Antwort auf diese sehr gute Frage. Ich merke oft: „Eigentlich ist das hier nicht mehr deine Rolle“. Weil ich viel zu viel hinterfrage und die ganzen Posen lächerlich finde, auch die neuen Tänze kann ich überhaupt nicht. Deshalb habe ich tatsächlich das Gefühl, dass ich zu alt hierfür bin, auf der anderen Seite macht es mir aber noch recht viel Spaß.
Bandleader auf Solopfaden
Seeed
Peter Fox, geboren als Pierre Baigorry in Berlin, ist seit 1998 im eigentlichen Hauptberuf Co-Frontmann der Reggae-Pop-Dancehall-Band Seeed. Bekannt sind vor allem seine Songs „Alles neu“ und „Haus am See“ vom Solodebütalbum „Stadtaffe“ aus dem Jahr 2008.
Album
Peter Fox’ zweites Soloalbum trägt den Titel „Love Songs“. Daraus veröffentlicht wurde Ende 2022 „Zukunft Pink“, ein Duett mit Inéz Schaefer, Sängerin der Dresdner Indie-Electro-Band Ätna. Songs wie „Tuff Cookie“ oder „Disney“ klingen süffig, sehr sexy, ein bisschen wie Zuckerwatte für alle Sinne. Viele Lieder handeln von der Liebe oder ihrer Abwesenheit.