Knapp zwei Jahre ist es her, dass Calw die Kita-Ganztagesbetreuung von 50 auf 45 Stunden reduzieren musste. Dabei wird es vorerst bleiben. Trotz Erfolgen bei der Personalgewinnung gibt es noch immer zu wenig. Und auch die Rahmenbedingungen werden nicht einfacher.
Calw - Anfangs war die Freude groß gewesen. Im Februar 2021, so hatte es die Landesregierung kurz zuvor verkündet, sollten die Kitas in Baden-Württemberg nach der coronabedingten Schließung wieder im Regelbetrieb starten dürfen. Eine Freude, die in Calw gleich zu Beginn getrübt wurde.
Vorgeschichte
Denn nur wenige Tage vor der geplanten Wiedereröffnung hatte die Stadtverwaltung schlechte Nachrichten parat: dass die Ganztagesbetreuung wegen Personalmangels von 50 auf 45 Stunden pro Woche reduziert werden müsse. Der Aufschrei unter den Eltern war teils groß gewesen – an den Umständen hatte es nichts geändert.
Der Mangel an Erziehern macht Städten und Kommunen seit geraumer Zeit landauf, landab zu schaffen. Da viele in Teilzeit arbeiten und selbst Familie haben, klaffen insbesondere bei der Nachmittagsbetreuung Lücken, die nicht geschlossen werden können.
Um eine Überlastung des Bestandspersonals zu verhindern und weiterhin qualitativ hochwertige Betreuung anbieten zu können, so hatte die Calwer Verwaltung in der Vergangenheit argumentiert, war nichts anderes übrig geblieben, als das Angebot zurückzufahren.
Stellenoffensive
In der Folge hatte Calw eine Offensive gestartet, um vakante Stellen schnellstmöglich zu besetzen. Die Hoffnung, bereits ab Juli 2021 wieder zum alten Zustand zurückzukommen, erfüllte sich aber nicht. Die Stundenreduzierung blieb – auch als Puffer, damit die vorhandenen Mitarbeiter "dranbleiben". "Die Kollegen können nicht mehr", sagte Thomas Seifert, Leiter der Abteilung Bildung bei der Stadt, damals. Und: Wenn es keine Leute gibt, gibt es keine Leute. Da könne man für den Moment nichts dran rütteln.
Etwa ein Jahr später, im Sommer 2022, sah es besser aus. Die personellen Lücken waren kleiner geworden, die Stellenoffensive hatte offensichtlich Früchte getragen. "So, wie es derzeit aussieht, könnte ab Oktober wieder eine 50-Stunden-Betreuung im Kinderhaus Stammheim und in der Kinderdorfstraße angeboten werden", hatte Isabell Götz, Fachbereichsleiterin Bildung, Kultur und Tourismus bei der Stadt Calw, erklärt.
Aktueller Stand
Allerdings sollte die Situation nach dem Start des neuen Kindergartenjahres neu in Augenschein genommen werden – um nicht erst 50 Stunden anzubieten und diese dann wieder reduzieren zu müssen. In der jüngsten Sitzung des Kultur- und Bildungsausschusses der Stadt Calw wurde nun deutlich: Noch wird es nichts mit den 50 Stunden.
"Hier sehen Sie, wie viel Prozent fehlen würden", erklärte Isabell Mäder von der Personalabteilung der Stadt Calw mit Blick auf verschiedene Diagramme und Tabellen, die sie dem Ausschuss präsentierte. In sieben der 18 Einrichtungen gibt es offene Stellen. Und für einen 50-Stunden-Betrieb fehlen aktuell im Kinderhaus Heumaden 0,55, im Kinderhaus Stammheim 1,31 und in der Kita Kinderdorfstraße 1,24 Kräfte (die Kommazahlen entstehen durch Teilzeitkräfte).
Selbst die 45-Stunden-Woche ist für die beiden Stammheimer Einrichtungen eine Herausforderung. Denn auch dafür sind dort eigentlich 0,65 (Kinderdorfstraße) beziehungsweise 0,72 (Kinderhaus) Stellen zu wenig besetzt. Um das auszugleichen, so erklärte Mäder auf Nachfrage von Sabine Ekenja (Freie Wähler), müssten Kollegen einspringen, die eigentlich für Krankheitsvertretungen vorgesehen seien.
Ein echtes Problem. Denn Letztere werden eigentlich gebraucht, wenn jemand gesundheitsbedingt ausfällt, erläuterte Oberbürgermeister Florian Kling. Würden diese Kollegen aber regulär eingeplant, droht bei Krankheitsfällen im Extremfall gleich die Schließung der Einrichtung oder einzelner Gruppen.
Freie Tage extra
Was die Personalsituation indes weiter verschärfe, berichtete Mäder, sei auch der Tarifabschluss für Erzieher, der im Mai dieses Jahres erzielt wurde. Demzufolge haben diese nun Anspruch auf zwei Entlastungstage pauschal sowie die Option, zwei weitere Tage gegen eine vereinbarte Zulage einzutauschen – pro Jahr. Würden alle Beschäftigten diese Option wahrnehmen, seien allein dafür 1,5 weitere Stellen als Ausgleich nötig.
Nachwuchs
Gute Nachrichten gibt es indes hinsichtlich der Übernahme der Auszubildenden. So sei es unter anderem gelungen, zehn Kolleginnen, die im Sommer fertig wurden, zu halten – die werden allerdings nur rund sechseinhalb Stellen besetzen können, schränkte Mäder auf Nachfrage von Udo Raisch (CDU) ein. Viele davon würden künftig Teilzeit arbeiten.