Eine Nachricht, die überrascht: Papst Benedikt XVI. tritt ab. Foto: dpa

Papst Benedikt XVI. gibt sein Pontifikat am 28. Februar auf. Hintergrund sind gesundheitliche Gründe. Er habe nicht mehr genug Kraft, sein Amt auszufüllen. Bis Ostern wird laut Vatikan ein neuer Papst gewählt sein.

Rom - Völlig überraschend hat Papst Benedikt XVI. seinen Rücktritt aus Altersgründen angekündigt. Er werde sein Pontifikat am 28. Februar abgeben, sagte der 85-jährige Joseph Ratzinger am Montag vor Kardinälen in Rom. Weltweit wurde die Entscheidung mit großer Überraschung, aber auch mit höchstem Respekt aufgenommen. Noch vor Ostern soll ein Nachfolger gewählt sein. Der deutsche Papst ist seit fast acht Jahren Oberhaupt von mehr als einer Milliarde Katholiken.

In seiner Ansprache sagte Benedikt in lateinischer Sprache, er spüre das Gewicht der Aufgabe, dieses Amt zu führen, habe lange über seine Entscheidung nachgedacht und sie zum Wohl der Kirche getroffen. Wörtlich sagte der Papst: „Nachdem ich wiederholt mein Gewissen vor Gott geprüft habe, bin ich zur Gewissheit gelangt, dass meine Kräfte infolge des vorgerückten Alters nicht mehr geeignet sind, um in angemessener Weise den Petrusdienst auszuüben.“

Bis Ostern soll es einen neuen Papst geben

Er sei sich der Schwere dieser Entscheidung wohl bewusst, erkläre aber mit voller Freiheit, das ihm am 19. April 2005 von den Kardinälen anvertraute Amt auf dem Stuhl Petri abzugeben. Die Kardinäle sollten für die Wahl eines neuen Kirchenoberhauptes zusammenzukommen. Nach den Worten von Vatikansprecher Federico Lombardi könnte bis Ostern ein neuer Papst gewählt sein. Ein genauer Zeitplan stand aber noch nicht fest.

Zuletzt hatte 1294 ein Papst aus freien Stücken sein Amt abgegeben. Das war Coelestin V.. 1409 wurde Gregor XII. abgesetzt, trat aber erst sechs Jahre später offiziell zurück.

Benedikt XVI. geht ins Kloster

Nach dem Ende seiner Amtszeit wird Benedikt in ein Kloster im Vatikan umziehen. Bevor er dort einziehen könne, müssten noch Umbauarbeiten abgeschlossen werde, sagte Lombardi. Dort wolle Benedikt ein Leben in Gebet und Meditation führen. Für die Übergangszeit werde er in der päpstlichen Sommerresidenz Castel Gandolfo bei Rom wohnen.

Auf dem Petersplatz in Rom herrschte nach der Ankündigung Benedikts ungläubiges Staunen unter den Touristen und Gläubigen. Italiens Regierungschef Mario Monti nahm die Nachricht erschüttert auf. Die Bundesregierung in Berlin reagierte bewegt und mit Respekt auf die Ankündigung.

Bundeskanzlerin Angela Merkel würdigte Benedikt als einen der bedeutendsten religiösen Denker der Gegenwart. „Wenn der Papst selbst jetzt nach reiflicher Prüfung zu dem Entschluss gekommen ist, seine Kraft reiche nicht mehr für die Ausübung seines Amtes, so hat das meinen allerhöchsten Respekt“, sagte Merkel in Berlin. Im Zeitalter des immer längeren Lebens könnten viele Menschen nachvollziehen, dass sich auch der Papst mit den Bürden des Alterns auseinandersetzen müsse.

Papst ist nicht akut krank

Die Rücktrittsentscheidung ist nach Vatikanangaben nicht auf eine akute Erkrankung des Papstes zurückzuführen. Allerdings hätten in den letzten Monaten Benedikts Kräfte nachgelassen, sagte Vatikansprecher Lombardi. Mit dem Ende des Pontifikats von Benedikt XVI. beginne am 28. Februar um 20 Uhr die Zeit der Sedisvakanz. Das Konklave, das den neuen Papst wählt, solle dann im März zusammengerufen werden. Bis Ostern werde voraussichtlich ein neuer Papst gewählt sein. Dem Konklave gehören Kardinäle aus aller Welt an.

Papst-Bruder Georg Ratzinger nannte die angeschlagene Gesundheit von Benedikt XVI. als Grund für dessen Rücktritt. „Das Alter drückt“, sagte der 89-Jährige. Sein Arzt habe dem Papst geraten, keine transatlantischen Reisen mehr zu unternehmen, sagte Georg Ratzinger weiter. Auch das Gehen bereite seinem Bruder zunehmend Schwierigkeiten. Georg Ratzinger meinte, der Rücktritt seines Bruders sei ein „natürlicher Vorgang“. „Mein Bruder wünscht sich im Alter mehr Ruhe.“ Georg Ratzinger sagte weiter: „Ich war eingeweiht.“

Zolltisch: "Große menschliche und religiöse Geste"

Kurienkardinal Angelo Sodano nannte die Ankündigung einen „Blitz aus heiterem Himmel“. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, nannte den angekündigten Rücktritt eine „große menschliche und religiöse Geste“. „Papst Benedikt gibt aller Welt ein leuchtendes Beispiel wirklichen Verantwortungsbewusstseins und lebendiger Liebe zur Kirche.“

Auch der Theologe und Papst-Kritiker Hans Küng zollte Benedikt Respekt. Dieser Schritt sei „aus vielen Gründen verständlich“, sagte Küng am Montag in Tübingen. „Zu hoffen ist aber, dass Ratzinger nicht Einfluss auf die Wahl seines Nachfolgers nimmt“, betonte der 84-Jährige. Allerdings habe Benedikt XVI. in seiner Amtszeit so viele konservative Kardinäle berufen, dass unter ihnen kaum eine Person zu finden sei, „die die Kirche aus ihrer vielschichtigen Krise herausführen könnte“.

Kretschmann: Rücktritt eines Papstes ist historische Zäsur

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat Papst Benedikt XVI. Respekt für dessen Rücktrittsentscheidung gezollt. „Der Rücktritt eines Papstes bedeutet zweifelsohne eine historische Zäsur für die katholische Kirche“, teilte Kretschmann mit. Er habe den Papst als herzlichen und offenen Gesprächspartner kennengelernt. „Auch wenn ich mir als Katholik an verschiedenen Stellen Reformen gewünscht hätte, so hat er theologisch wichtige Akzente gesetzt, so zum Beispiel in den Enzykliken zu Liebe und Hoffnung“, erklärte Kretschmann.

In Polen wurde die Rücktrittsankündigung mit großer Überraschung, aber auch mit Respekt aufgenommen. „Das ist für uns eine große Überraschung“, sagte Bischof Wojciech Polak, Sekretär der Katholischen Bischofskonferenz Polens. Adam Boniecki, einer der bekanntesten katholischen Intellektuellen Polens, nannte den Schritt wichtig und richtungsweisend für die Zukunft der Kirche.

Die Mitteilung des Papstes im Wortlaut

"Liebe Mitbrüder! Ich habe euch zu diesem Konsistorium nicht nur wegen drei Heiligsprechungen zusammengerufen, sondern auch um euch eine Entscheidung von großer Wichtigkeit für das Leben der Kirche mitzuteilen. Nachdem ich wiederholt mein Gewissen vor Gott geprüft habe, bin ich zur Gewissheit gelangt, dass meine Kräfte infolge des vorgerückten Alters nicht mehr geeignet sind, um in angemessener Weise den Petrusdienst auszuüben.

Ich bin mir sehr bewusst, dass dieser Dienst wegen seines geistlichen Wesens nicht nur durch Taten und Worte ausgeübt werden darf, sondern nicht weniger durch Leiden und durch Gebet. Aber die Welt, die sich so schnell verändert, wird heute durch Fragen, die für das Leben des Glaubens von großer Bedeutung sind, hin- und hergeworfen. Um trotzdem das Schifflein Petri zu steuern und das Evangelium zu verkünden, ist sowohl die Kraft des Köpers als auch die Kraft des Geistes notwendig, eine Kraft, die in den vergangenen Monaten in mir derart abgenommen hat, dass ich mein Unvermögen erkennen muß, den mir anvertrauten Dienst weiter gut auszuführen.

Im Bewusstsein des Ernstes dieses Aktes erkläre ich daher mit voller Freiheit, auf das Amt des Bischofs von Rom, des Nachfolgers Petri, das mir durch die Hand der Kardinäle am 19. April 2005 anvertraut wurde, zu verzichten, so dass ab dem 28. Februar 2013, um 20.00 Uhr, der Bischofssitz von Rom, der Stuhl des heiligen Petrus, vakant sein wird und von denen, in deren Zuständigkeit es fällt, das Konklave zur Wahl des neuen Papstes zusammengerufen werden muss.

Liebe Mitbrüder, ich danke euch von ganzem Herzen für alle Liebe und Arbeit, womit ihr mit mir die Last meines Amtes getragen habt, und ich bitte euch um Verzeihung für alle meine Fehler. Nun wollen wir die Heilige Kirche der Sorge des höchsten Hirten, unseres Herrn Jesus Christus, anempfehlen. Und bitten wir seine heilige Mutter Maria, damit sie den Kardinälen bei der Wahl des neuen Papstes mit ihrer mütterlichen Güte beistehe. Was mich selbst betrifft, so möchte ich auch in Zukunft der Heiligen Kirche Gottes mit ganzem Herzen durch ein Leben im Gebet dienen."

Hintergrund - der Rücktritt eines Papstes

Ein Papst wird auf Lebenszeit gewählt, doch ist nach dem Kirchenrecht auch ein Rücktritt möglich. Hierfür muss das Kirchenoberhaupt keine Gründe nennen, auch muss niemand den Rücktritt annehmen. Allerdings muss der Rückzug freiwillig erfolgen. In dem von Johannes Paul II. reformierten Kanonischen Recht (Can. 332 § 2) heißt es: „Falls der Papst auf sein Amt verzichten sollte, ist zur Gültigkeit verlangt, dass der Verzicht frei geschieht und hinreichend kundgemacht, nicht jedoch dass er von irgendwem angenommen wird.“

Allerdings wurde in 2000 Jahren Kirchengeschichte nur ein einziger Rückzug aus freien Stücken bekannt. Papst Coelestin V. gab 1294 nach nur fünf Monaten freiwillig sein Amt auf. Kirchenhistoriker sprechen von einem überforderten Sonderling, der kaum Latein konnte. Die Kardinäle hätten ihn nur zum Papst gewählt, weil sie sich in fast zweijährigem Ringen nicht auf einen anderen Kandidaten einigen konnten. Coelestin zog sich nach seinem Rücktritt in ein Kloster zurück. Andere Historiker behaupten, sein Nachfolger Bonifaz VIII. habe Coelestin zum Abdanken gedrängt und in „Klosterhaft“ geschickt.

Unter Kirchenexperten herrscht Einigkeit, dass sich der Papst im Fall eines Rücktritts sofort und vollständig aus allen Ämtern und aus dem öffentlichen Leben der Kirche zurückziehen müsste. Nur so könne gewährt werden, dass der Zurückgetretene nicht die Wahl seines Nachfolgers beeinflusst. Papst Johannes Paul II. hatte einmal gesagt, er könne sich einen „emeritierten Papst“ nicht vorstellen. Generell gilt als Voraussetzung für einen katholischen Priester, dass er körperlich in der Lage sein muss, die Messe zu feiern.