Die Eröffnungsfeier wurde von zahlreichen AfD-Mitgliedern und -sympathisanten besucht, diese Aufnahme zeigt einige von ihnen (von links): Beatrice Bieler, Michael Blos, Rosa-Maria Reiter, Jürgen Pietraszyk, Benjamin Rösch und Thomas Kölli. Foto:  

Die Lahrer AfD hat das Erdgeschoss eines Wohnhauses in Burgheim bezogen. Bei der Eröffnung sprach der neue Wahlkreisabgeordnete Michael Blos über die Russlanddeutschen in der Stadt – und warum viele von ihnen rechts gewählt haben.

Haus Nummer 61 in der Burgheimer Straße hat den Eingang nicht an der Vorderseite, Besucher betreten das Gebäude über eine kleine Treppe vom Hinterhof aus. Dann geht es einen kurzen Gang entlang, ehe man eine frühere Zwei-Zimmer-Wohnung betritt, die nun die Geschäftsstelle des AfD-Kreisverbands Südliche Ortenau beherbergt. Sie besteht aus einem mittelgroßen Raum, im Zentrum ein Besprechungstisch, hinter dem zwölf Stühle Platz haben. In einer Ecke steht ein AfD-Werbeaufsteller, in der anderen ein Flipchart, dazwischen gibt es einen Bildschirm. Der Wandschmuck besteht aus einem Wahlplakat des frisch gewählten Wahlkreisabgeordneten Michael Blos. Am frühen Mittwochabend stießen AfD-Mitglieder hier mit Sekt auf die Eröffnung der Räume an.

 

Es ist nicht das erste Mal, dass die AfD in Lahr eine Immobilie bezieht. Wobei sie mit dem „Alternativen Zentrum“, das der damalige Wahlkreisabgeordnete Thomas Seitz im Januar 2024 in einem Gewerbegebäude im Industriegebiet aufmachte, von Beginn an kein großes Glück hatte: Die Eröffnungsfeier war von einer Kundgebung begleitet, zu der die Antifa Süddeutschland und das Freiburger Bündnis gegen rechts aufgerufen hatten, was einen größeren Polizeieinsatz nach sich zog.

Bereits vor der Feier hatte es Ärger gegeben: Die Partei hatte Markus Ibert eingeladen, doch der Rathauschef sagte ab. Sein Fernbleiben begründete er in einem öffentlichen Statement, in dem er der Partei „offen rechtsextreme und rassistische Positionierungen“ vorhielt. Seither ist das Verhältnis zwischen der Lahrer AfD und dem OB schwierig.

Die Eröffnungsfeier verläuft ohne Störungen

Diesmal war Ibert nicht gefragt worden, ob er kommen will. Unsere Redaktion war zur Berichterstattung eingeladen, verbunden mit der Bitte, Ort und Zeit vorab nicht bekanntzumachen. So standen am Mittwoch keine Protestler von der Antifa vor der Tür. Doch nicht nur die Begleitumstände waren jetzt anders als im Januar 2024, auch die Immobilien unterscheiden sich. Bereits das einstige AfD-Zentrum im Industriegebiet war kein Palast, aber die nun eröffneten Räume sind nochmals deutlich kleiner. Sie befinden sich in einem älteren, schmucklosen Gebäude.

Die AfD-Mitglieder scheint das bei der Eröffnungsfeier nicht zu stören. Sie wirken eher glücklich, dass ihre Partei dort untergekommen ist. „Die Geschäftsstelle ist ein Symbol für unseren Erfolg in Lahr“, sagt Benjamin Rösch, Pressesprecher des AfD-Standverbandes, unserer Redaktion. Sie solle als Anlaufpunkt für AfD-Mitglieder zwischen Friesenheim und Ringsheim dienen. Auch interessierte Bürger seien – nach einer Anmeldung – willkommen, die sich zum Beispiel über eine Mitgliedschaft in der Partei erkundigen wollen.

Außerdem können laut Rösch die Lahrer Gemeinderatsfraktion und die Kreistagsfraktion der AfD dort tagen. Denkbar seien auch Schulungen für AfD-Wahlhelfer. Für Mitgliederversammlungen oder sonstige größere Veranstaltungen ist die Geschäftsstelle dagegen zu klein.

In den vergangenen beiden Wochen habe man die Räume weiß gestrichen und mit Mobiliar sowie Technik eingerichtet, erzählt Rösch. Eine Tafel an der Hausfassade, die auf die AfD hinweist, fehlt indes. Aber die Partei ist nicht inkognito dort, in den Fenstern zur Straße hin sind AfD-Werbebanner zu sehen. Die meisten Nachbarn wüssten Bescheid, dass man eingezogen ist und hätten kein Problem damit, sagt Rösch. Es sei auch geplant, noch eine Hinweistafel an dem Gebäude anzubringen.

Es ist der zweite Versuch, in Lahr sesshaft zu werden

Für das AfD-Zentrum im Industriegebiet war das Aus nach knapp drei Monaten gekommen, als Thomas Seitz nach einem Zerwürfnis mit der Parteispitze aus der AfD austrat. Daraufhin beendete der Abgeordnete das Mietverhältnis.

Nun gibt’s also den zweiten Versuch der AfD, in Lahr sesshaft zu werden. Eigentümer der früheren Wohnung in Burgheim sei eine Erbengemeinschaft, die der Partei marktübliche Konditionen eingeräumt habe, so Rösch. Der AfD-Stadtverband finanziere die Miete durch zweckgebundene Spenden von Mitgliedern. Ein Spender sei Michael Blos. Im Nebenraum der Geschäftsstelle befindet sich auch das Wahlkreisbüro des frisch gewählten Abgeordneten, das von Rösch geführt wird. Blos werde dort seine Lahrer Bürgersprechstunden abhalten, ist zu hören.

Blos verteidigt Russlanddeutsche

Bei der Bundestagswahl in Lahr haben der 49-Jährige und die AfD, wie mehrfach berichtet, abgeräumt. Bei Erst- und Zweitstimmen lag man vorn, was in den Zeitungen in der Stadt zahlreiche Artikel, Interviews und Leserbriefe nach sich gezogen hat.

Sie gingen vor allem der Frage nach, was Russlanddeutsche in so großer Zahl bewogen hat, die AfD zu wählen. Denn in Wohnbezirken, in denen viele Aussiedler leben, hat die Partei besonders gut abgeschnitten.

Er habe das Meiste davon gelesen und häufig den Kopf darüber schütteln müssen, sagt Blos im Gespräch mit unserer Redaktion. In vielen Debattenbeiträgen sei ein falsches – weil negatives – Bild von Russlanddeutschen gezeichnet worden. Dass sie die AfD angeblich wählten, weil sie sich benachteiligt fühlten, halte er zum Beispiel für unzutreffend. Vielmehr teilten Aussiedler die „Werte“ der Partei – „gesunder Patriotismus und ein positives Deutschlandbild“, betont Blos. Er schildert Russlanddeutsche als gut orientierte Wähler, die „die Zeichen der Zeit erkannt“ hätten – „dass das Land einen Politikwechsel braucht“, wie er es formuliert.

Der Seitz-Nachfolger als Wahlkreisabgeordneter sagte, dass er in der Vorwoche am ersten Treffen der künftigen AfD-Bundestagsfraktion in Berlin teilgenommen habe und sich nun darauf freue, wenn die Parlamentsarbeit richtig losgeht. Als Umweltgeologe wolle er sich besonders dem Umweltschutz widmen – „bei dem Thema hat die AfD Potenzial“, ist er überzeugt.