Um Rouven Ackermann und sein Sportgerät kümmern sich mit Marcus Bangert und Dietmar Krenz (hinten von links) die Gründer und Vorstandsmitglieder von Pro Handicap-Sports. Foto: asa

Para-Sport: Pro Handicap-Sports und "Schnelle Helden" mit Hilfe von Paralympicsieger Tobias Graf gegründet.

"53 Sekunden diesmal. Prima Rouven". Im Baiersbronner Stadion dreht im Handbike Rouven Ackermann seine Runden, angefeuert von Dietmar Krenz. Beide arbeiten seit kurzem zusammen; der Para-Sportler ist Mitglied im Team "Schnelle Helden", der Physiotherapeut Gründer und Vorstandsmitglied des Vereins Pro Handicap-Sports.

"Durch meinen Beruf habe ich einen Bezug zu körperlichen Behinderungen; dazu haben mich Bilder von der Para-Weltmeisterschaft im Triathlon regelrecht gefesselt", berichtet Dietmar Krenz von der Ursprungsidee zur Gründung eines Vereins, der Menschen mit Handicap trainingswissenschaftlich, therapeutisch sowie organisatorisch und finanziell unterstützen will.

"Meinen Baiersbronner Chef Marcus Bangert habe ich schnell für die Sache gewinnen können. Dann haben wir mit acht Mitgliedern eine Gründungsversammlung durchgeführt und den Verein mit Sitz an meinem Wohnort in Dornstetten-Aach offiziell ins Leben gerufen", blickt Dietmar Krenz auf die Anfänge im März zurück. "Geburtshilfe" leistete zudem der vielfache Para-Radweltmeister und Paralympicsieger Tobias Graf aus Loßburg-24 Höfe, der dem Verein beratend zur Seite steht. Seit April ist Pro Handicap-Sports auch vom Finanzamt als gemeinnützig anerkannt worden.

Vier Sportler werden aktuell im Team "Schnelle Helden" unterstützt, davon sind zwei aus der Region. Der junge nordische Skisportler Luis Pojtinger erlitt bei einem schweren Unfall im Chemieunterricht Verbrennungen am Oberkörper und an den Armen und hat trotz vieler Operationen seine sportlichen Ziele weiter fest im Auge. Der neue Verein greift ihm finanziell bei seinem baldigen Wechsel ans Skiinternat nach Furtwangen unter die Arme.

Gleich auf drei sportlichen Hochzeiten tanzt Rouven Ackermann, der neben jeweils einem bereits betriebenen Winter- und Hallensport zukünftig mit dem Handbike auch eine Sommerdisziplin verstärkt in Angriff nehmen will. Nicht zufrieden war der 19-Jährige mit seinem ersten Auftritt beim Stuttgarter Zeitungslauf: "Ich bin im Windschatten von drei oder vier Konkurrenten geblieben, aber dann sind sie mir einfach davon gefahren. Das geht gar nicht", ärgerte der ehrgeizige Para-Sportler aus Marschalkenzimmern.

Die von Dietmar Krenz und dem auch als Straßenradfahrer unter anderem in der Interstuhl-Cupserie erfolgreichen Marcus Bangert in naher Zukunft erstellten Trainingspläne werden hinsichtlich der Saison 2019 eine deutliche Leistungssteigerung bringen, kündigen die beiden Pro Handicap-Sports-Vorstandsmitglieder an. In der Physiotherapie-Praxis in Baiersbronn werden zudem das Handbike und die Sitzposition mit der Bike-Fitting-Methode optimiert. Durch seine guten Kontakte zur holländischen Handbike-Nationalmannschaft werde er zudem versuchen, so Marcus Bangert, ein gebrauchtes Renn-Handbike günstig zu organisieren.

Erst einmal wird sich der Auszubildende als Verkäufer bei einem Rottweiler Autohaus aber auf seine anderen beiden Sportarten konzentrieren. Mit der Rollstuhl-Basketballmannschaft des RSKV Tübingen ist der bis zu seinem altersbedingten Ausscheiden dem deutschen U19-Nachwuchskader angehörende Rouven Ackermann in die 2. Bundesliga aufgestiegen, deren Spielbetrieb in drei Wochen wieder beginnt. Im November stehen die ersten Lehrgänge im Monoski an. Allerdings ist im Nachwuchskader des Deutschen Behindertensportverbandes derzeit die Trainerstelle vakant und die Zukunft dadurch etwas unsicher.

Dennoch hat sich der seit neun Jahren im alpinen Para-Skisport aktive Marschalkenzimmerer in diesem Winter vorgenommen, über seine ersten Einsätze bei den internationalen deutschen Mannschaften und Europacup-Rennen für Starts im Weltcup zu qualifizieren. "Für die Weltmeisterschaften im März wird es wohl nicht reichen", sieht der Geschwindigkeitsfan auf der Piste seine sportliche Lage angesichts harter Konkurrenz aber durchaus realistisch. Vielleicht, so seine Hoffnung, gibt es im WM-Winter für ihn aber erstmals die Gelegenheit eine Abfahrt zu fahren und seiner Speedleidenschaft zu frönen, wegen der er einen Versuch im Skischlitten bei den nordischen Skisportlern gleich wieder beendete: "Für mich zu langweilig", sagt er.

Weil es immer große Probleme macht, für die Para-Skifahrer Abfahrtspisten zu sperren, sind Trainingsmöglichkeiten rar. Rennen werden selten angeboten. Deshalb wird es für ihn darum gehen, im Slalom, Riesenslalom und Super-G Punkte zu sammeln. Wegen seiner in Verbindung mit der Spina bifida-Erkrankung aufgetretenen Skoliose (Wirbelsäulenverkrümmung) hofft er vorher bei einer Reklassifizierung in eine andere Wettkampfklasse eingeordnet zu werden.

2019 Start in der Triathlon-Landesliga

Genug Aufgaben also für den neuen Verein, der sich im nächsten Jahr auch sportlich bekannt machen und Werbung für seine Ziele betreiben will. In der Planung ist die Gründung einer Triathlon-Abteilung, die unter dem Namen Pro Handicap-Sports 2019 in der Landesliga an den Start gehen soll. Neben Dietmar Krenz und Marcus Bangert, der sich in Zukunft Cross-Triathlons widmen und im nächsten Jahr die Qualifikation für die XTerra-Weltmeisterschaft auf Maui (Hawaii) schaffen will, gibt es mit Nathan Müller einen weiteren Straßenfahrer mit Interesse am Einstieg in den Triathlon.

Info

Mit Fanclub

Der neue Verein Pro Handicap Sports finanziert sich über Sponsoren und versucht derzeit andere Physiotherapeuten dazu zu gewinnen, eine Behandlung monatlich für die Unterstützung des Teams "Schnelle Helden" zu spenden. Alle Interessenten können Mitglieder des Fanclubs werden und selbstständig über die Höhe ihrer monatlichen Beiträge entscheiden. Nähere Informationen gibt es auf der Homepage www.schnelle-helden.de und in den sozialen Netzwerken.