Grundstücke, die zwischen der Panoramastraße (links) und der Ihlinger Straße liegen, wie dieses hier gegenüber der Volkshochschule, könnten als "voll erschlossen" gelten und wären somit von den nachträglichen Gebühren ausgenommen. Ob das heutige Recht dies bestätigt, wird sich erst noch zeigen. Foto: Schülke

Behörde bescheinigt 1978: Grundstücke sind voll erschlossen. Kein Erschließungsbeitrag?

Horb - Jetzt gibt es Hoffnung für die Panoramastraßen-Bewohner: Ist die geplante "Abzocke" ab 48 Euro pro Quadratmeter Grundstücksfläche für die Straßensanierung durch das Rathaus illegal? Das könnte eine Bescheinigung von 1978 beweisen.

Seit Wochen kämpft die Interessengemeinschaft Panoramastraße gegen die ihrer Meinung nach zu hohen Erschließungsgebühren für die 2,8 Millionen Euro teure Sanierung der Panoramastraße.

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Das Rathaus stellt sich bisher stur.

Jetzt macht den Anwohnern ein neues Dokument Hoffnung. Mit Stempel vom Steueramt Horb vom 9. Februar 1978.

In dieser Bescheinigung steht: "Wir bestätigen hiermit, dass die Flurstücke 4187/1 und 4185/1 an der Ihlinger Straße voll erschlossen sind. Erschließungsbeiträge für Wasserversorgung und Entwässerung sowie ein Erschließungsbeitrag für die Straße fallen nach derzeitigem Recht nicht an."

Ihlinger Straße? Was hat das mit der Panoramastraße zu tun?

Historische Karten aus dem Stadtarchiv stützen die Information

Fakt ist, so Horbs Bürgermeister Ralph Zimmermann im Pressegespräch: "Bei Grundstücken, die sowohl an der Ihlinger Straße als auch an der Panoramastraße liegen, müssen die Eigentümer 50 Prozent der anteiligen Erschließungsgebühren zahlen."

Doch wo sind die Flurstücke 4187/1 und 4185/1? Grenzen sie sowohl an die Ihlinger Straße als auch an die Panoramastraße?

Schaut man auf die aktuelle Karte mit dem geplanten Ausbau der Panoramastraße aus dem Rathaus, sind diese Flurstücke nicht zu finden.

Dort gibt es zwar ein Flurstück mit der Nummer 4187, aber das liegt komplett an der Panoramastraße. Und 4185 liegt ohne die "1" zwischen Pilgerweg und Panoramastraße.

Bringt diese Bescheinigung des Steueramts keine Entlastung für die betroffenen Eigentümer?

Rein ins Stadtarchiv. Die beiden Damen präsentieren stolz die wirklich schönen, historischen Karten. Und bei der Karte – auf der in blauer Tinte mit Schönschreibschrift geschrieben – steht: "Horb, den 14.11.50 Stadtbauamt" – der Volltreffer.

Hier sind die Flurstücke 4185/1 und 4187/1 drauf. Das Eckgrundstück, auf dem jetzt die Autos eines Kfz-Handels stehen. Gegenüber der Zulassungsstelle.

Und für diese Grundstücke, die inzwischen die Flurstücknummer 4187/3 tragen, gelten laut Bescheinigung des Steueramts Horb als "voll erschlossen".

Grundstücke sind voll erschlossen

Rechtsanwalt Johannes Mascha, der landesweit gegen die Erschließungsgebühren kämpft, hatte im Interview mit dem Schwarzwälder Boten gesagt: "Anlieger müssen grundsätzlich nur ihren eigenen Erschließungsvorteil abgelten, der sich darauf beschränkt, dass sie durch die Benutzbarkeit der Straße ihre Grundstücke mit Fahrzeugen erreichen und sie bebauen können. Diesen Erschließungsvorteil gibt es bei Bestandsstraßen aber schon seit deren erstmaliger Anlegung, das bedeutet gegebenenfalls schon viele Jahrzehnte oder sogar bis zu weit über 100 Jahren."

Und wenn das Steueramt Horb im Jahr 1978 bescheinigt, dass die Grundstücke voll erschlossen sind und damit die Eigentümer den Erschließungsvorteil damit schon seit 42 Jahren genießen, wird es die spannende juristische Frage sein, ob das Rathaus mit seiner Gebührenforderung durchkommen wird.