Der Konflikt um die Sanierungskosten der Panoramastraße steuert auf einen langen Gerichtsprozess zu. Foto: Schülke

OB Peter Rosenberger gibt sich cool im Streit um die Erschließungsgebühren für Panoramastraße und Pilgerweg. Doch zwischen den Zeilen steckte er eine klare Front ab: Gemeinderat und Stadtspitze gegen die "rebellischen" Bürger. Eine Analyse.

Horb - Mit keinem Wort ging OB Rosenberger auf den Vorwurf des miesen Brief-Tricks ein. Sondern zog eine klare Front. Seine Argumentation: Wir als Rathausspitze und die Mehrheit des Gemeinderats haben den Bürgern die Hand gereicht – und die haben ausgeschlagen. Jetzt werden halt im Zweifelsfall die Gerichte entscheiden, so der Tenor.

 

Es geht um mehr als 2,8 Millionen Euro Sanierungskosten Panoramastraße und Pilgerweg. Die sollen über Erschließungsgebühren ab 48 Euro pro Quadratmeter Grundstück von den Eigentümer kassiert werden. Das Rathaus hatte allen Anwohnern ein "Angebot" gemacht: Sie sollten ein Schreiben ohne offiziellen Briefkopf unterschreiben. Dann hätte die Gemeindeprüfanstalt (GPA) gecheckt, ob Erschließungsgebühren überhaupt rechtmäßig sind. Kommune als auch Anwohner hätten sich dann an das Ergebnis der Prüfung gehalten. Damit hätten sie – so ein Jurist – keine Rechtsmittel mehr in der Hand gehabt. Ein Anwohner: "Dieser Zettel hat mich schon stutzig gemacht." 45 Anwohner hatten das auf einer Versammlung einstimmig abgelehnt.

Vorwurf: Bürger "rebellieren" gegen "großzügiges Angebot"

Der Jurist im Auftrag der Interessengemeinschaft Panoramastraße hatte die Beschlussdrucksache als "verfassungswidrig" bezeichnet.

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Rosenberger: "Wir haben uns darüber verständigt, wie wir diesen Punkt in der Drucksache formulieren. Das ist keine Erfindung von mir alleine. Sondern das wurde von uns gemeinsam erarbeitet. Der Vorwurf der Interessengemeinschaft, dass wir gar nicht die GPA beauftragen dürfen, ist Wortklauberei. Wir hatten die GPA schon angefragt und ein positives Signal bekommen. Wir haben tatsächlich nicht vereinbart, ob das eine Beauftragung oder eine Anfrage ist. Zustimmung signalisiert bekommen."

Die Bürger rebellieren gegen dieses "großzügige" Angebot. Rosenberger: "Wir haben der Interessengemeinschaft von uns aus die Hohenberghalle angeboten, damit sie unser Angebot besprechen können. Wir haben Tests von uns aus angeboten. 45 Menschen haben diese Möglichkeit genutzt. Damit wurde die Hand, die der Gemeinderat gereicht hat, abgelehnt. Wir haben den Vorschlag der IG mit der Prüfung durch die GPA aufgegriffen. Natürlich musste der eine oder andere Gemeinderat da manche Hürde überspringen und sagen: Wir gehen diesen Schritt. Ich gehöre auch dazu, um die Situation zu befrieden. Für ein mögliches Miteinander sollten wir diesen Schritt versuchen."

IG wollte "zu jedem Zeitpunkt eine bedingungslose Prüfung"

Im Info-Brief der IG Panoramastraße heißt es dazu: "Die IG Panoramastraße Pilgerweg hatte zwar die Idee einer Prüfung der Beitragspflichtigkeit der Sanierung der Straßen durch die Gemeindeprüfungsanstalt – einer externen, erhofft neutralen Instanz – ins Spiel gebracht, aber zu jedem Zeitpunkt eine bedingungslose Prüfung gefordert."

Die IG wolle der Stadt schaden. Rosenberger: "Ich finde es schade, dass jetzt begründet wird, man hätte mit so einer Vereinbarung sich die rechtlichen Konsequenzen genommen. Selbstverständlich hätte man sich die genommen. Das ist der Sinn einer Vereinbarung. Wenn wir gemeinsam Vereinbarungen schließen und nur ein Partner hat die Möglichkeit, nachträglich zu sagen: Damit bin ich nicht einverstanden – das können die Gemeinderäte in Verantwortung für die Stadt nicht unterschreiben. Wir können keine einseitigen Verträge zum Nachteil der Stadt machen."

Die Ablehnungsgründe der IG Panoramastraße seien nur vorgeschoben. Rosenberger: "Wir haben die GPA-Prüfung für eine Zweitmeinung gehalten – unabhängig von der von uns beauftragten juristischen Prüfung. Dieser Vorschlag kam von der IG. Der wurde jetzt abgelehnt. Die Ablehnung zeigt, dass es nicht nur um die GPA-Prüfung ging, sondern um ganz andere Themen. Ich wünsche mir sehr, das wir das zum Schluss durch ein Gericht überprüfen lassen"

Gab es auch Widerspruch im Gemeinderat? Ja. OGL-Fraktionschef Wolf Hoffmann teilt offenbar die Zweifel des IG-Juristen: "Ich halte in diesem ganzen Verfahren die Rechtssicherheit für den Gemeinderat als äußerst wichtig. Können wir die unabhängige GPA-Prüfung per Antrag dennoch durchführen lassen?"

Joachim Patig, Fachbereichsleiter Zentrale Dienste: "Erst in einem halben Jahr. Rechtlich kann man diese Frage erst dann wieder im Gemeinderat behandeln, wenn es neue Sachverhalte gibt. Bis in einem halben Jahr werden weder Ablösevereinbarungen noch die Ausschreiben vorliegen. Ich glaube, das führt zu einem Rechtsstreit, der lang und teuer werden könnte."

Bauer: Es wurde unnötiger Druck auf die Anlieger ausgeübt

Thomas Bauer (BiM) hakt noch mal nach: "Wenn man sich den Vorgang noch mal anschaut: Wenn der Gemeinderat keinen Verzicht auf Rechtsmittel gefordert hätte, wäre der Druck auf die Anlieger weg gewesen. Denn: Wie die Stellungnahme des IG-Juristen zeigt, wäre auch die Drucksache ein Grund zur Klage gewesen. So wurde unnötig Druck auf die Anlieger ausgeübt."

OB Rosenberger: "Wenn man auf Augenhöhe ist, sollte man auf Augenhöhe agieren. Wir haben beschlossen, wir machen das gemeinsam."

Das Rechts- und Kostenrisiko bleibt beim Gemeinderat! Joachim Patig: "Die Ablösevereinbarung beinhaltet auch, dass ich im wesentlichen auf meine Rechtsmittel verzichtet. Wenn Anlieger erfolgreich klagen und vor Gericht festgestellt wird, dass die Beitragsschuld ungültig ist, würden auch die Ablösevereinbarungen ins Wanken kommen!"

So geht es weiter. Laut Rosenberger gibt es 73 Liegenschaften. Und 125 Eigentümer und Eigentümergemeinschaften. 45 waren auf der Versammlung. OB: Wir werden jetzt an alle ein Schreiben schicken, dass das Angebot abgelehnt wurde und jetzt nicht mehr greifen kann. Kurz darauf werden wir an alle eine Ablösevereinbarung schicken. Auch an die 45, die jetzt nein gesagt haben. Es gibt übrigens einige, die sich schon gemeldet haben, dass sie die Ablösevereinbarung eingehen würden."

Teurer und langer Gerichtsstreit zeichnet sich ab

Was sagt die Interessengemeinschaft Panoramastraße? Sprecher Frank Fahrner: "Für mich scheint es eher so zu sein, dass die Stadtverwaltung sich nun selbst die Türen verschließt. Es ist erstaunlich, dass die Verwaltungsspitze auf eine gute Möglichkeit auf Rechtssicherheit für die Stadt und für den Gemeinderat verzichtet, indem sie einseitig Unerfüllbares fordert. Wir konnten mehrfach belegen, dass das Thema eben nicht so eindeutig ist, wie Herr Rosenberger immer wieder fast schon gebetsartig wiederholt. Nach dem Motto, wenn ich es oft genug sage, dann stimmt es auch!"

Fazit: Ein teurer und langwieriger Gerichtsstreit droht. Und damit auch fällige Zwischenfinanzierungen der Baukosten für den Gemeinderat. Der Gemeinderat hat mehrheitlich die Chance verpasst, durch eine bedingungslose GPA-Prüfung das Risiko eines Gerichtsstreits zumindest begrenzen zu können. Denn solch ein Prüfergebnis hätte in der Beweisaufnahme eine gewichtige Rolle spielen können. Auch zu Gunsten der Stadt.