Es geht um Selbstbestimmung und Würde am Lebensende: Das Palliativnetz Landkreis Tuttlingen lädt zum Tag der offenen Tür ein. Dieser findet in den neuen Räume in der Hauptstraße 83 in Spaichingen am Samstag, 10. Mai, von 10 bis 16 Uhr statt.
Jeder, der an einer schweren, fortgeschrittenen und zum Tode führenden Krankheit leidet, habe gesetzlichen Anspruch auf spezialisierte Palliativ Versorgung (SAPV), betonen Volker Teufel, Petra Kratt und Lisa Rudolph-Nweer.
Das bedeutet, dass auch in medizinisch und pflegerisch besonders aufwendigen Situationen eine Versorgung außerhalb eines Krankenhauses sichergestellt ist. So können Schwerstkranke zu Hause, im Heim oder Hospiz bleiben und dort, medizinisch und menschlich begleitet, symptomarm versterben. Viele Krankenhausaufenthalte können so vermieden werden.
Im Mittelpunkt stehen die individuellen Wünsche und Bedürfnisse des kranken Menschen, seiner Angehörigen und Nahestehenden. Um diesem umfassend Rechnung zu tragen, müssen in jedem Einzelfall die körperlichen, psychischen, sozialen und spirituellen Dimensionen gleichermaßen berücksichtigt werden.
Zeit und Zuwendung
Das erfordert multiprofessionelles, sektorübergreifendes Handeln, eine intensive Kommunikation aller an der Betreuung beteiligten Haupt- und Ehrenamtlichen und partnerschaftliche Zusammenarbeit. „In der Palliativversorgung ist Zeit und Zuwendung das A und O“, betont Lisa Rudolph-Nweer und „unser Ansinnen ist der Wunsch der Patienten zu Hause im vertrauten Umfeld zu sterben, deshalb versuchen wir es zu ermöglichen mit Würde zu sterben.“
Versorgung unterschiedlich
Wie lange ein Patient zu Hause versorgt wird, das sei sehr unterschiedlich. „Es hat es schon gegeben, dass wir nur einmal dort waren und dann ist der Patient schon bei der Aufnahme verstorben“, erinnert sich Petra Kratt. Es könne aber auch ein paar Monate gehen „bei schleichenden Erkrankungen wie beispielsweise ALS bis zu anderthalb Jahren.“
Anderseits sei es auch schon vorgekommen, dass der Patient wieder stabiler geworden sei, die Versorgung abgebrochen und später wieder aufgenommen wurde. „Es gibt aber auch Patienten, die uns ablehnen.“ Man könne dann zwar beraten und auch Angehörigen Tipps geben, wo sie Unterstützung suchen können.
Patient entscheidet selbst
Generell werden aber nur Vorschläge gemacht: „Der Patient kann auch Nein sagen – die Selbstbestimmung steht ganz oben.“ Es sei auch eine große Herausforderung für die Angehörigen, weiß der Vorsitzende Volker Teufel und „unsere Arbeit wird immer wichtiger werden.“ Die Palliativmedizin nehme immer mehr zu, so sei ein Umdenken in der Medizin sehr wichtig „um das Sterben zuzulassen.“
Vereinsgründung im Jahr 2009
Die Vereinsgründung erfolgte bereits im Jahr 2009, die Arbeit hat das Palliativnetz im Jahr 2011 aufgenommen, war zunächst im Klinikum Tuttlingen beheimatet und ist ein Jahr später in den Paul-Ehrlich-Weg 10 nach Spaichingen gezogen. Seit dem 18. März 2025 ist der neue Standort in der Hauptstraße 83, ganz oben im Gebäude der Sparkasse. „Wir sind ein Verein und tragen uns aus den Mitgliedsbeiträgen, Spenden und den Erlösen der Krankenkassen“, betont der Vorsitzende Volker Teufel.
Aktuell 13 Angestellte
Aus dem anfangs kleinen Verein wurde mittlerweile ein Geschäftsbetrieb mit insgesamt 13 Angestellten, davon fünf Palliativmediziner und acht Pflegekräften mit entsprechender palliativmedizinischer Weiterbildung. Geschäftsführerin ist Petra Kratt. Die Regelarbeitszeit der Palliativkräfte ist täglich von 8 bis 16 Uhr, es gibt aber eine 24/7-Rufbereitschaft mit jeweils einer Ärztin oder Arzt und einer Pflegekraft.
Täglicher Austausch
„Unser Stützpunkt ist wie ein Bienenstock“, erklärt Lisa Rudolph-Nweer „wir Pflegekräfte treffen uns jeden Morgen um acht Uhr, dann schwirren wir aus.“ Mit den Palliativmedizinern sei man im täglichen Austausch. Drei Dienstfahrzeuge stehen zur Verfügung, um die Patienten im ganzen Landkreis Tuttlingen zu besuchen.
Beim Tag der offenen Tür am Samstag, 10. Mai, von 10 bis 16 Uhr können die neuen Räume besichtigt werden und die Mitarbeiter beantworten in persönlichen Gesprächen gerne alle Fragen rund um die Palliativ-Versorgung an verschiedenen Ständen wie dem Notfallmanagement Palliative Care, der Versorgung mit Schmerzpumpe, der Palliativpflege und mehr.
Ziel und Zweck
Der Verein
Das Palliativnetz Landkreis Tuttlingen ist ein Zusammenschluss palliativmedizinischer Fachleute aus Pflege und Ärzteschaft, die eng mit weiteren medizinischen Berufen sowie Hospizgruppen zusammenarbeiten. Ein Netzwerk, das Patienten und deren Angehörige auffängt und Halt gibt. So wird die spezialisierte ambulante Palliativversorgung im Landkreis Tuttlingen sichergestellt, sei es zu Hause, im Heim oder im Hospiz, wobei das Palliativnetz nicht zu verwechseln ist mit dem stationären Hospiz. Das Palliativnetz ist ein eingetragener, gemeinnütziger Verein. Mit einer ärztlich ausgestellten speziellen Verordnung von der Hausarztpraxis oder der Krankenhausstation arbeitet das Palliativnetz ambulant als Vertragspartner der Krankenkasse. Patienten oder Angehörigen entstehen keine Kosten. Das Hauptanliegen sei es, den Wunsch der Patientinnen und Patienten, sowie deren Angehörigen verwirklichen zu können, den letzten Abschnitt des Lebens in vertrauter Umgebung zu verbringen, so die Verantwortlichen