In Aschersleben wurden elf Verdächtige festgenommen. Sie sollen zu einem Pädophilenring gehören. Foto: dpa

Am Wochenende hatte die Polizei in Sachsen-Anhalt zehn Männer und eine Frau festgenommen, die im Verdacht stehen, Drahtzieher eines Pädophilenrings zu sein. Haftbefehl wurde bislang nicht beantragt.

Am Wochenende hatte die Polizei in Sachsen-Anhalt zehn Männer und eine Frau festgenommen, die im Verdacht stehen, Drahtzieher eines Pädophilenrings zu sein. Haftbefehl wurde bislang nicht beantragt.

Aschersleben/Magdeburg - Die enttarnten Mitglieder eines bundesweiten Pädophilenrings bleiben vorerst auf freiem Fuß. Gegen die elf Verdächtigen wurden bisher keine Haftbefehle beantragt, wie es am Montag von der Polizei in Magdeburg hieß.

Am Wochenende hatten Ermittler in Aschersleben in Sachsen-Anhalt zehn Männer im Alter zwischen 22 und 60 Jahren und eine 57 Jahre alte Frau festgenommen. Sie sollen zu einer hauptsächlich im Internet tätigen Führungsgruppe gehören, die sich einmal im Jahr trifft, um Kontakte zu knüpfen und, wie die Polizei vermutet, strafbare Handlungen vorzubereiten.

Für kurze Zeit ließen sie ihre Fantasienamen im Internet beiseite und trafen sich in der realen Welt. Das tun sie sonst so gut wie nie, denn ihr sexuelles Interesse an Kindern gilt selbst vielen Schwerverbrechern als das Schlimmste schlechthin. Zehn Männer und eine Frau kannten sich aus einem Chat mit dem Titel „Girl Lover“ - dort tauschten sie Erfahrungen aus. Eine persönliche Einladung brachte die Gruppe am Wochenende in Aschersleben zusammen, wie der Leiter der Zentralen Kriminalitätsbekämpfung der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Nord, Holger Herrmann, sagt. Die Polizei erfuhr davon und griff zu. Aus Nicknames wurden für die Beamten reale Identitäten. Im Chatroom tummeln sich laut Polizei Hunderte Menschen. Dort tauschen sich die Pädophilen nach Erkenntnissen der Ermittler etwa darüber aus, wie man am stabilsten ein Kinderbett aufbaut, wenn man bestimmte Fesselpraktiken anwenden will. Die Pädophilen erzählen sich, welche Kinder welchen Alters sie bevorzugen.

Die elf Tatverdächtigen sollen zum Kern der Gruppe gehört haben - darauf deutet für die Beamten hin, dass die Beteiligten persönlich eingeladen waren. Gegen sie wird ermittelt wegen des Anfangsverdachts des sexuellen Missbrauchs und des Besitzes und der Verbreitung von Kinderpornografie. Einige Beteiligten bekennen sich zu ihren pädophilen Neigungen, drei sind einschlägig bekannt.

Sie haben stundenlang Kinder auf dem Spielplatz beobachtet

Ein Mann aus Aschersleben hatte den Treff am ersten Maiwochenende organisiert. Einige schlenderten über einen Kinderflohmarkt und gingen durch den Aschersleber Zoo. Sie beobachteten stundenlang Kinder auf dem Spielplatz des Zoos, aßen und tranken in einem Terrassencafé. Der Organisator des Treffens hatte seine fünf Jahre alte Nichte dabei. Auf dem Spielplatz suchte man Kontakt zu anderen Kindern. Zuvor hatten die Beamten schon ermittelt, dass Kinder als Lockvögel für weitere spätere Opfer gebraucht worden waren.

Fünf Minuten, nachdem die Gruppe den Zoo verließ, griff die Polizei, die an dem Tag mit 137 Beamten im Einsatz war, zu. Die Menschen aus dem Internet bekamen auch für die Beamten ein Gesicht: Drei kommen aus Berlin, einer aus Dresden, einer aus Leipzig, vier aus Nordrhein-Westfalen, einer aus Aschersleben, einer aus der Schweiz. Wichtig sei es, den Teilnehmern zu signalisieren, sie seien bekannt, sagte Herrmann. „Wir wollten nicht, dass sich die traute Runde noch einen schönen Tag macht.“ Zudem wurden Wohnungen der Beteiligten durchsucht, auf freiwilliger Basis. Was gefunden wurde, hat die Polizei noch nicht ausgewertet. Üblicherweise ermittelt die Polizei vor einem Zugriff viele Monate lang. In diesem Fall hatte sie nur wenige Tage Zeit seit dem Hinweis eines Journalisten auf das Treffen. Weil bislang kein dringender Tatverdacht vorliegt, sind die Verdächtigen auf freiem Fuß.