Tina Häussermann und Fabian Schläper in Aktion. Foto: Verstl Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: Kabarettisten nehmen "Fake News" und "Smartphone-Generation" auf die Schippe

Bereits zum vierten Mal waren die Kabarettisten Tina Häussermann und Fabian Schläper in Ostelsheim zu Gast – dieses Mal mit dem Thema "Fake News" im Gepäck.

Ostelsheim. Günther Diebold ist es sichtlich peinlich. Als der Vorsitzende des Ostelsheimer Bürgertreffs pünktlich um 19.30 Uhr das Duo "Zu zweit" begrüßen will, das sein neues Programm "Fake News – Balken biegen für Fortgeschrittene" präsentieren soll, sind die Künstler noch nicht da. Glücklicherweise springt die Ostelsheimerin Annette Keck ein, die gekonnt Richard Claydermans "Ballade pour Adeline" zu Gehör bringt.

Als die Pianistin gerade dabei ist, das Lied noch ein wenig in die Länge zu ziehen, fährt rasant ein knallroter VW Caddy mit Stuttgarter Kennzeichen auf den Platz zwischen Kirche und Rathaus. Heraus springen Tina Häussermann und Fabian Schläper, rennen mit einem blauen und einem roten Rollkoffer auf die Bühne. Das sei ihnen noch nie passiert, japsen die beiden. Nichts als Stau auf der Strecke, entschuldigen sie sich. Der erste Fake des Abends? Vermutlich.

Smartphone überbringt tolle Nachrichten

Was folgt, ist professionelles Kabarett vom feinsten. In einen solchen Genuss kämen die Ostelsheimer kaum, bestünden nicht verwandtschaftliche Beziehungen zwischen Familie Diebold und Häussermann. So war das Duo nun schon zum vierten Mal in der Gäu-Gemeinde.

Ihr rasantes Tempo halten die beiden fast den ganzen Abend. Sie werfen sich in geschliffenen Dialogen die Bälle zu, fallen sich nur ins Wort, wenn es auch so sein soll. Was sie musikalisch präsentieren, wirkt fast beiläufig. Doch auch da zeigt sich ihr Können, sei es beim Singen der Couplets, am Klavier oder auf der Ukulele. Zudem werden die Koffer zu Perkussionsinstrumenten beim Rap über das Mittagsschläfchen.

Wer sich mit Fake News beschäftigt, hat natürlich in US-Präsident Donald Trump seinen Helden gefunden. Er ist "ein Star im Balken biegen".

Fake News kann man sich aber auch selbst gönnen. Wenn etwa über die Whatsapp-Gruppe der Blockflötengruppe von Häussermanns Tochter vor einem Säureangriff aus dem Weltall gewarnt wird. Zudem ist man ja dauernd mit dem Smartphone beschäftigt, das einem die tollen Nachrichten überbringt. Da laufen die Leute gegen Laternenpfosten, weil die auf Google Earth nicht zu finden sind. Und weil viele nur noch über ihre Geräte gebeugt durch die Gegend laufen, warnen im Boden eingelassene LED-Leuchten vor Rolltreppen.

Aber auch der Alltag liefert dem Duo jede Menge Stoff. Etwa wenn mit großer und gekonnter Theatralik geschildert wird, was die beiden bei ihrem Zahnarzt erleben. Oder dass sich das Sexualleben der zweifachen Mutter Häussermann von dem des Homosexuellen Schläper gar nicht so sehr unterscheidet. Sie frönen dem höheren Blödsinn, wenn Häussermann ihren Mann mit DHL verschickt. Sie können in ihren Liedern aber auch nachdenklich, ja zuweilen fast philosophisch werden. Da geht es in einer Mischung aus Ballade und Schnulze um das große Wort mit "L", also die Liebe. Gesanglich brillieren sie beim jazzigen "Wenn der Herbst kommt". Ob die beiden – der Schwule und die Mutter – ein perfektes Paar sind, fragen sie sich. Dem kommen sie auf der Bühne ziemlich nahe. Im richtigen Leben wohl weniger. Denn schließlich steuern heute die Algorithmen den Menschen. Gibt Schläper auf Google das Wort "Fußmassage" ein, werden ihm Gay-Reisen nach Thailand angeboten. Bei Häussermann meldet sich "Helgas Hornhautstüble".