Alte Schätzchen wie dieser blitzblanke Borgward zogen in Ostelsheim zwei Tage lang die Blicke auf sich. Foto: Kunert

Zweitägiges Treffen für Fahrzeuge aller Klassen. Jedes Modell mit eigenem Charakter.

Ostelsheim - Das gibt es so und in dieser Form wohl nur noch in Ostelsheim: ein Oldtimer-Treffen für Fahrzeuge aller Klassen, Kategorien – und für Exponate in jedem erdenklichen Zustand. Von hochglanzpoliert bis völlig verrottet und vergammelt.

Aber genauso, erklären die beiden Organisatoren Thorsten Kühlmann und Jonathan Anderson, haben sie sich diese Veranstaltung gewünscht – eben "echt, authentisch" und, wenn’s geht, mit der originalen Patina der kleinen Schätzchen längst vergangener Jahrzehnte. Weil, wie Kühlmann erklärt, diese alten Kisten "eben noch wirklich Charakter haben".

Wie anno dazumal geht es aufs Feld

Zwischen uralten, knorrigen Bäumen knatterten "Lanz-Bulldogs" zum Arbeitseinsatz wie anno dazumal auf dem eigens angelegten Muster-Acker. Ein paar Meter weiter inmitten ländlich-dörflicher Natur parkten derweil gutbürgerlich herausgeputzte VW-Käfer aus der Wirtschaftswunder-Epoche zum Sonntags-Picknick. Aber auch US-amerikanische Muscle-Cars Marke Mustang, Cobra und Corvette ließen hier im Country-Style ihre Muskeln spielen und ihre hochgezüchteten Motoren gerne mal ordentlich losröhren.

"Fieber" nennen Kühlmann und Anderson dieses Phänomen, wenn gestandene Männer und immer mehr Frauen einfach ordentlich Farbe ins Gesicht kriegen beim Anblick uralter Maschinen, Fahrzeuge und – vor allem natürlich – "Schlepper der Marke ’Lanz’!" – so 17 oder mehr davon nennt Kühlmann beispielsweise sein Eigen. Eigentlich schaffe er als gelernter Bauschlosser "beim Daimler". Aber "die Maschinen, die mich wirklich interessieren, werden heute eben gar nicht mehr gebaut". Was ihn daran interessiert? "Der Klang, wenn der Motor" – endlich mal – "läuft". Die einfache Technik: "Ein großer Hammer und ein großer Schraubenschlüssel reichen, wenn man weiß wie’s geht" – um die teils gewaltigen Ungetüme in Gang zu halten.

Joni Anderson ergänzt: "Eigentlich ist das ein riesen Sch..., die Dinger zu fahren" – weil Charakter eben auch immer wieder bedeute, dass die Maschinen gelegentlichen "machen, was sie wollen" – ohne dass man auch als Experte versteht, warum das Schätzle nun wieder herumzuzicken hat. "Aber das ist so nervig – dass es schon wieder Spaß bringt!". Findet auch Frank – Baujahr 1964, dessen originale Borgward-Isabella von 1959 bei der (jahrelangen) Restaurierung auch so ihre Tücken hatte: "Drei überlagerte Fehler in der Mechanik", die ihm unzählige schlaflose Nächte bereiteten. Bis er, der Experte, der ebenfalls für Daimler im Hauptberuf unendlich viele Autos "professionell zerlegt", endlich bei seinem ganz eigenen Schätzle des Pudels Kern ausmachen konnte: eine falsche Antriebswelle, ein vom Vorbesitzer verpfuschtes Differenzial. Jetzt läuft der Borgward – der einzige im weiten Umkreis. Echter Stolz. Aber Frank bekommt trotzdem langsam wieder "diese Unruhe" – ein Oldtimer, der läuft wie ein Uhrwerk, ist eben keine Herausforderung mehr.

Das Fieber halt. Das letztlich nur versteht, "der, wo das Fieber hat" (Zitat Joni). Der Bürgermeister von Ostelsheim habe dieses Fieber ganz sicher (noch) nicht. "Der hat uns letztes Jahr beim ersten Ostelsheimer Oldtimer-Treffen beim Schafstall ins Gesicht gesagt, dass er diese Veranstaltung nicht in seiner Gemeinde will." Womit er aber bei den durch endlosen Schrauber-Schmerz gestählten Oldtimer-Freunden letztlich auf Granit beißen sollte. Mit viel Durchhaltevermögen, "aber eigentlich ohne Trotz", haben sie damals ihr Traum-Event mit diesem nostalgisch-romantischen Charme gegen alle Widerstände durchgesetzt Dieses Jahr sei dazu im Vergleich "alles entspannt" abgelaufen. "Ich kann mich nicht beschweren", so Kühlmann. 2021 soll das nächste Oldtimertreffen sein.