So sahen früher "Anlasser" für die riesigen Schlepper aus – mit viel Feuer und noch mehr Hitze mussten die betagten Motoren "vorgeglüht" werden, bevor sie dann nach exakt acht Minuten mit lautem Wummern ansprangen. Foto: Fotos: Kunert

Es war wieder da: Das Fieber! Heerscharen von Fans automobiler "Schätzle" kamen am Wochenende nach Ostelsheim – zum 3. Oldtimer-Treffen aller Klassen. Von edelpolierten Hochglanz-Karossen bis zum (fast) völlig vergammelten historischen Schlepper.

Ostelsheim - Und der Hunger der Enthusiasten nach dieser Art von Event war schier grenzenlos – schon am ersten Abend mussten rund um den Schafstall von Veranstalter Thorsten Kühlmann Dutzende Bierzelt-Garnituren zusätzlich aufgestellt werden. Wobei die mehr als 50 fleißigen Helfer, größtenteils von den Narrenfreunden Heckenbeerlesgäu, für einen reibungslosen Ablauf sorgten. Dass es dabei 3G- und coronakonform abging, darauf achteten die Mitarbeiterinnen der Schlehengäu Apotheke, die das Wochenende über kostenlose Coronatests beim Einlass anboten.

Während landauf, landab fast alle Oldtimer-Treffen weiterhin mit Blick auf die Pandemie und die damit verbundenen Auflagen abgesagt werden mussten, wählten Kühlmann und sein Team "den schwierigen Weg", alle Auflagen auch zu erfüllen. Denn das Oldtimer-Treffen absagen – nachdem man lange Jahre so darum gekämpft hatte – das kam nie in Frage. Das letzte "offene" Oldtimer-Treffen an diesem Ort fand vor zwei Jahren statt. Turnusgemäß – im Wechsel mit dem VW-Käfer-Treffen – war das großer Oldie-Event in diesem Jahr wieder dran. Kühlmanns Credo: "Ich mach’s – egal wie!" Auch wenn ihn viele ungläubige Anrufe aus der gesamten Republik erreicht hätten, ob denn das Treffen ausgerechnet in Ostelsheim nun tatsächlich stattfinden würde.

Das Wetter spielt mit

Es fand statt – und wie! Selbst das Wetter spielte pünktlich ab Freitagmittag mit – mit einem ultimativen Sonnenschein-Höhepunkt am Fest-Samstag, als die pralle Sonne vom wolkenlosen Himmel schien. Und die Besuchermassen rollten heran. Gerade auch am Freitag- und Samstagabend, als Live-Musik im Schafstall für zusätzliche Festival-Atmosphäre sorgte. Vielleicht die Entdeckung der gesamten Veranstaltung: Die Ostelsheimer Rockband "Kuglfuhr". Vor vier Jahren als Spinn-off des Harmonika-Orchesters Ostelsheim gestartet, gab’s von diesem eindrucksvollen Musiker-Nachwuchs bis spät in die Nacht Rockmusik vom Feinsten. Und Stimmung am Siedepunkt – was auch nötig war, denn die Temperaturen stürzten in der klaren Vollmondnacht dann doch ziemlich ab.

Überhaupt – kalt und heiß: Die lange Zeit von Pandemie, Lockdowns und ohne Oldtimer-Treffen haben Thorsten Kühlmann und Kumpel Joni Anderson dazu genutzt, ihr eigenes jüngstes "Schätzle" wieder einigermaßen fit zu machen – einen (Rost-)orangenen "Pampa" Bulldog aus den 1950ern, einem Lizenzbau der berühmten Lanz Bulldogs made in Argentinien. Joni wirft den "Anlasser" des betagten Ungetüms an – mit einem echten Heizbrenner. Das Publikum staunt, freut sich, als nach exakt acht Minuten, die der Zehn-Liter-Einzylinder zum Vorheizen braucht, der wuchtige Motor mit einen eindrucksvollen, Bulldog-typischen und weithin hörbaren Wummern anspringt. Gänsehaut! Zumal Joni das Ding nicht für Spazierfahrten nutzt, sondern echt zum Arbeiten auf dem Hof von Kühlmann einsetzt.

Gerhard und Oliver mit ihren Ford Mustangs aus den 1960ern sind schon ein ganz anderes Kaliber. Sie und ihre Mädels haben sich zwar auch mächtig in stilechte Schale geworfen für die Ausfahrt ins Heckengäu, aber ihnen geht es vor allem "um echte Coolness": Er habe mal in den USA gearbeitet, erzählt Gerhard, und auf der legendären Route 66 eine Ausfahrt "zum 50-Jährigen" dieser besonderen Muscle-Cars miterlebt. "Cooler geht’s einfach nicht", deshalb musste er ab da auch "so etwas haben". Mittlerweile sei der 1966er Mustang sein dritter. Gleichzeitig? "Nee, das ist wie mit den Frauen – einen nach dem anderen!", lacht Gerhard. Und so ein Auto – "da musst du immer dran arbeiten"; auch das sei wie mit den Frauen. Aber dann wird nebenan ein großer US-Armeelaster lautstark angeworfen – und in Bewegung gesetzt. Gerhard und Oliver sind sofort elektrisiert, abgelenkt – auch von ihren Mädels Sibylle und Katerina. "Was für ein Wahnsinns-Teil!?", schauen die Männer dem riesigen Fahrzeug mit einer Mischung aus Sehnsucht, Hochachtung und Verbrüderung nach. Das Fieber halt – das mal nix mit Pandemie zu tun hat.

Alle sind wie befreit

Und vielleicht war genau das der Spirit, der dieses 3. Oldtimer-Treffen in Ostelsheim zu einer – später in der Rückschau – wirklich einmaligen und ultimativ legendären Veranstaltung wird machen können. Die Besucher, Helfer, Gäste waren wie befreit – und genossen einfach diese ultimativ fröhlichen Tage. So konnte man beispielsweise die Parkplatz-Einweiser dabei beobachten, wie sie sich gegenseitig mit ihren Einweiser-Flaggen zu "Rittern" schlugen – wahrscheinlich wieder dem tierischen Ernst. Einfach so, nur zum Spaß. Oder die Camper-Community vom Festival-Gelände sich spontan an den Wegesrand setzte, um als inoffizielles Empfang-Komitee – ausgestattet mit nummerierten Wertungs-Tafeln – die ankommenden Oldtimer als selbsternannte Wettkampf-Jury zu benoten. Lachkrämpfe inklusive.

Und wer es diesmal verpasst hat: In zwei Jahren gibt’s dieses Feeling wieder in Ostelsheim. "Kann kommen, was will!", sagt Thorsten Kühlmann. Und wer sogar mitten in der Pandemie so einen unbeschwerten Spaß absolut regelkonform auf die Beine stellt, dem ist einfach alles zuzutrauen.