Pfarrer Jochen Stolch hat sein erstes Buch veröffentlicht. Foto: Selent-Witowski Foto: Schwarzwälder Bote

Religion: Ostelsheimer Pfarrer Jochen Stolch legt in seinem Erstlingswerk Zehn Gebote für die heutige Zeit aus

Jochen Stolch ist unter die Autoren gegangen. Mit seinem nun erschienenen Erstlingswerk "Die 10 Gebote ausgelegt für das 21. Jahrhundert" macht der Ostelsheimer Pfarrer aus einem alten Wegweiser eine neue Orientierungshilfe – wissenschaftlich fundiert, aber durchweg verständlich.

Ostelsheim. Stolch möchte den Leser dazu bringen, sich im eigenen Lebensalltag mit den Zehn Geboten zu befassen und sie Teil der Lebenswirklichkeit werden zu lassen. "Bei einer Konfirmandengruppen ist mir aufgefallen, dass sie Zugangsschwierigkeiten zu dem Thema hat. Die Zehn Gebote gehörten nicht unbedingt zu ihrem Alltag, es war auch durch die alte Sprache einfach nicht ihre Lebenswelt", sagt Stolch mit Blick auf die Anfänge seines Projekts. "Ich wollte den Jugendlichen mit einem Heftchen einen Leitfaden an die Hand geben, ein Buch hatte ich eigentlich nie geplant."

Schnell habe er gemerkt, dass wenige Seiten nicht ausreichen würden, denn das Thema Zehn Gebote sollte nicht nur auf die Welt der Jugendlichen heruntergebrochen werden, sondern Stolch möchte jedem einen neuen Zugang zu dem alten Wegweiser verschaffen. "Religiöse Themen nehmen ab zu Hause", sagt der Pfarrer im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten. Er möchte dazu ermuntern, die Gebote "auf das eigene Leben zu übersetzen".

Die Auslegungen im Eingangsteil des Buches, die den Großteil des Werkes ausmachen, versuchen die Zehn Gebote für die heutige Zeit zu erschließen. Stolchs Kernaussage: Darin wurden immer schon schöpfungstheologische, ökologische und soziofaire Themen angesprochen. Das siebte Gebot Gottes, "Du sollst nicht stehlen", beleuchtet Stolch beispielsweise anhand des Raubbaus der Menschen an der Natur. Die Fridays for future-Bewegung spielt für ihn dabei genauso eine Rolle wie die Anti-Klimapolitik des amerikanischen US-Präsidenten Donald Trump oder die seines Amtskollegen Jair Bolsonaro in Brasilien, der den Umweltschutz verringert in einem Land, das vor seiner Zeit Vorreiter in der Klimapolitik war. Stolch liegt die Natur, in der er sich gerne aufhält, besonders am Herzen. "Der Mensch macht seine Lebensgrundlagen selbst kaputt", betont der kirchliche Umweltauditor. Der Geistliche ist und war Mitglied diverser Umweltteams auf Gemeinde-, Kirchenbezirks- und Landeskirchen-Ebene.

Erde existiert seit Milliarden Jahren auch ohne Menschen

Im Erstlingswerk heißt es zum Thema Klima und Umwelt: "Wir leben also auf der Erde, wir leben von der Erde, ja mehr noch, wir sind (ein Teil der) Erde. Und deshalb ist unser Schicksal an das ihre geknüpft. Und weil wir Erde sind, wird es ohne die Erde keinen Himmel für uns geben. [i] Was also von uns gefordert ist, ist Achtsamkeit und Sorge ihr gegenüber. Denn die Erde existiert seit etwa 4,4 Milliarden Jahren. Milliarden von Jahren hat sie ohne uns gelebt und auch in Zukunft kann sie ohne uns leben. Wir können jedoch nicht ohne sie existieren. Wir brauchen die Erde, um zu leben. [ii] Was also ist angesagt?" Der Autor führt daraufhin fünf Punkte an, ohne deren Umsetzung sich in seinen Augen nichts ändern wird: "Wir müssen wir uns zu unserer universalen Verantwortung bekennen. Verantwortung tragen bedeutet, sich der Folgen seines Handelns bewusst zu sein". Und weiter: "Durch die übermäßige Ausbeutung der Güter und Kapazitäten der Erde stoßen wir an deren Grenzen. Sie kann nicht einmal 30 Prozent dessen wiederherstellen, was ihr entnommen und geraubt wird. Die Erde wird immer ärmer an Wäldern, Gewässern, fruchtbaren Böden, sauberer Luft und Artenvielfalt. [x] Ja, es ist unglaublich, selbst wenn wir heute unseren Produktions- und Konsumtionsprozess vollständig stoppen würden, dann bräuchte die Erde (dennoch) ungefähr tausend Jahre, um sich von den Wunden zu erholen, die wir ihr zugefügt haben. Grundsätzlich sollten wir festhalten: Gestohlen wird alles, was sich nicht erneuert, regeneriert und im Zyklus einer bestimmten Zeit wieder nachwächst (also nachhaltig ist). Denn wir entnehmen unseren Lebensräumen viel zu viel. Als Beispiel verweise ich auf die Entnahme fossiler Brennstoffe".

Stolch bezeichnet die Entstehung seines Erstlingswerks als einen spannenden, teils anstrengenden Prozess: "Ich habe über Jahre hinweg immer wieder Notizen gemacht und musste meine vielen eigenen Gedanken zu den Zehn Geboten systematisieren".

Illustrationen geben Werk zusätzlich Charme

Das Ganze sei immer mehr gewachsen und habe dann einen wissenschaftlichen Charakter mit Anmerkungen und Endnoten angenommen mit dem Anspruch, für den Leser gut verständlich zu sein. "Ich habe aktuelle Problematiken anhand der Zehn Gebote aufgeschlüsselt", so Stolch, der vor allem in den vergangenen sechs Monaten intensiv an seinem Buch gearbeitet hat.

Die Illustrationen, die die Ostelsheimer Grundschullehrerin Stephanie Mester beigesteuert hat, geben dem Werk einen zusätzlichen Charme, weil sie aus verfremdeten Bildern und Motiven zu den Zehn Geboten bestehen und den Leser zusätzlich zum Nachdenken und Interpretieren anregen. Vor allem, weil sich deren Sinn nicht immer auf den ersten Blick erschließt. "Aus den Zehn Geboten ergeben sich spannende Fragen. Ich habe mein Werk mit guten Gedanken anderer angereichert, es ist also nicht ausschließlich Eigenes", erklärt Stolch. Seine Auslegungen seien "ein Versuch zum Weiterdenken".

das buch: "Die 10 Gebote ausgelegt für das 21. Jahrhundert", ISBN: 3955441369, EAN: 9783955441364, Manuela Kinzel Verlag, 182 Seiten, 16,50 Euro; erhältlich auch im Ostelsheimer Pfarramt unter 07033/4 23 33