Die Jann-Orgel in der St. Galluskirche hat bis heute einen klingenden Namen bei vielen Professoren und Domorganisten. Foto: Archiv Beiter

Die Geschichte der "Rangendinger Konzerte" steckt geballt in zwei Gästebüchern, die Pfarrer i.R. Norbert Dilger seine "Heiligtümer" nennt. Im Oktober wird es das "wirklich allerletzte" Konzert der Musikreihe geben – mit alten Bekannten.

Rangendingen - Dass der Rangendinger Geistliche ein echter Fan der klassischen Musik ist und es ihm die Kirchenorgel besonders angetan hat, ist weithin bekannt. Schon als "kleiner Bub" hätte er sich im Radio Konzerte angehört von bekannten Organisten, die er – das wusste er damals allerdings noch nicht – später persönlich kennenlernen sollte. Später, das war, als er 1988 mit dem Einbau der neuen Jann-Orgel in die St. Galluskirche begann, Konzerte in der Pfarrkirche zu organisieren.

Dass die neue Orgel ein wahres Klangwunder und eine der "am besten intonierte Jann-Orgel" überhaupt sei, hätten ihm die renommierten Organisten aus immerhin zehn Ländern der Welt bestätigt, unterstreicht Dilger seine eigene fundierte Meinung, die er sich aus vielen Vergleichen bildete. Und so scheint es auch kein Wunder, dass das Instrument sofort nach seiner Fertigstellung vielen Kennern der Materie eigentlich "zu großartig" schien, als dass man deren Spiel einzig für den Gottesdienst hätte nutzen sollen.

Walter Hirt hat die Orgel zusammen mit Pfarrer Dilger die Orgel konzipiert

Der heutige Diözesanmusikdirektor Walter Hirt war damals im Jahr 1988 Kirchenmusiker in Rangendingen. Zusammen mit Pfarrer Dilger hatte er die Orgel konzipiert. Und somit gebührte natürlich ihm das Einweihungskonzert, wie Dilger sich erinnert. Es folgte eine Reihe weiterer Konzerte, bei denen stets nur solo auf der Jann-Orgel gespielt wurde. Erst ein Jahr später wurde von Norbert Dilger dann die Reihe "Rangendinger Orgelkonzerte" ins Leben gerufen. Mit der Hinzunahme von weiteren Instrumenten bei den Aufführungen änderte Dilger den Namen in "Rangendinger Konzerte".

An die Tasten durften nur Top-Musiker und talentierte Nachwuchskünstler

Von Anfang an habe er darauf geachtet, so Dilger im Rückblick, dass immer Top-Musiker oder talentierte Nachwuchskünstler zu den Konzerten eingeladen wurden. Dabei wusste er, dass er sich dies leisten konnte. Denn wie sich herausstellte: Allein schon der Klang des Namens der Jann-Orgel reizte die Professoren und Domorganisten, nach Rangendingen zu kommen. "Wir spielen in der Orgel-Bundesliga", schmunzelt der Geistliche.

Das erste Konzert der Musikreihe spielte Professor Franz Lehrndorfer, damals Domorganist an der Münchner Frauenkirche, am 3. Dezember 1989. Der erste Hochkaräter, der am Spielpult der Jann-Orgel saß, war allerdings schon ein Jahr zuvor der Karlsruher Stephans-Kantor Professor Andreas Schröder, den Dilger noch aus seiner Kaplanzeit in der badischen Residenzstadt kannte. Dem Kantor war in Erinnerung geblieben, dass sich Dilger sehr für die Kirchenmusik interessierte. Und als Schröder dann hörte, dass in Rangendingen eine Jann-Orgel steht, sei der Deal für ein Gastspiel schnell perfekt gewesen.

Klang einer Jann-Orgel und das Abschlussessen im Rössle ziehen immer

Und so funktionierte das auch die nächsten gut 30 Jahre, in denen der Pfarrer insgesamt 65 Konzerte organisierte, wie er erzählt. Und so bleib es bis heute: Die Jann-Orgel und das obligatorische Abschlussessen nach dem Konzert im Rössle: "Das zieht immer", zitiert Dilger aus der Zusage des Stuttgarter Domorganisten Johannes Mayer, der zusammen mit dem Stuttgarter Trompeten-Ensemble am 2. Oktober nun den Schlusspunkt der Konzertreihe spielen wird. Die Stuttgarter dürften vielen Besuchern aus früheren Auftritten in der Pfarrkirche bekannt sein.

Den Schlusspunkt hatte Dilger eigentlich schon vor drei Jahren mit dem Konzert des Rangendinger Ex-Organisten sowie Kirchenchorleiter und späteren Domkapellmeister in Würzburg, Christian Schmid, gesetzt. Allerdings kam ihm dann zuerst das 150. Jubiläum der St. Galluskirche im vergangenen Jahr dazwischen, zu dessen Anlass er mit den Stuttgarter Musikern noch eines draufsetzen wollte - dann fiel das geplante Konzert auch noch Corona zum Opfer. Jetzt werde es eben nachgeholt, freut sich Dilger über den prominenten Stuttgarter Besuch.

Der Eintritt zum Abschlusskonzert am 2. Oktober ist kostenlos

Ganz besonders stolz ist der Organisator, dass er nach 30 Jahren noch etwas Geld in der Kasse hat und somit das Konzert in der St. Galluskirche "vollkommen ohne Eintritt" anbieten kann, wie er verrät. "Einfach kommen und zuhören", lädt er die Klassikfreunde für den Sonntagabend ein.

Zu verdanken seien die Ersparnisse den treuen Besuchern, die teilweise aus der gesamten Region gekommen seien, den gewerblichen und privaten Sponsoren und nicht zuletzt dem Kulturbeitrag der Gemeinde Rangendingen für die Konzertreihe. "Für alles bin ich sehr, sehr dankbar."

Künstler verewigen sich mit kleinen Kunstwerken und Gedichten

Jedes Konzert hat Dilger akribisch in seinen Gästebüchern festgehalten, in dem sich die Musiker nach dem Abschlussessen im Rössle verewigten – mit den üblichen Grüßen, aber auch mit kleinen Kunstwerken oder auch mit einem Gedicht, wie Dilger erzählt. Manchmal spielten die Organisten auch ein paar Stücke auf dem Rössle-Klavier oder auf ihren Instrumenten.

Ein Musikprofessor muss durchs Fenster aus dem Pfarrhaus steigen

Bei den Besuchen habe es auch immer "nette Begegnungen" und lustige Begebenheiten gegeben, an die sich der Pfarrer gern erinnert. Die Geschichten handeln von Gulaschsuppe und Heizlüftern und einmal musste ein Musikprofessor, der sich vor dem Konzert noch ein wenig aufs Sofa gelegt hatte, das Pfarrhaus durchs Fenster verlassen, weil jemand versehentlich die Haustür abgeschlossen hatte.

Beim Besuch eines Organisten aus den USA wollte Dilger diesem "extra eine American Pizza" vorsetzen. Als sie sich vor dem Essen gegenseitig Witze auf Deutsch und Englisch erzählten, waren sie so darin vertieft und mit Lachen beschäftigt, dass sie die Pizza im Ofen verbrennen ließen – "obwohl wir uns extra in die Küche gestellt hatten", lacht der Pfarrer.

Die Jann-Orgel wäre für eine Weiterführung der Reihe in "Bestzustand"

Ob die "Rangendinger Konzerte" vielleicht aber doch in eine weitere Verlängerung gehen, lässt der Pfarrer offen. Allerdings sagt er klar: Dann ohne Norbert Dilger. Für ihn sei mit 76 Jahren der richtige Zeitpunkt gekommen, aufzuhören. Der Jann-Orgel allerdings traut er noch einiges zu: "Die Orgel ist in „Bestzustand" und wäre für die höchsten Ansprüche gerüstet.

Er habe außer dem musikalischen Genuss stets auch eine höhere, geistliche Intension mit den Konzerten verbinden wollen, sagt der Pfarrer zum Abschluss. Dass das beides gelungen ist, bestätigte ihm eine Besucherin im Anschluss an ein Konzert: "Die Musik hat mich in die Sphären des Himmels versetzt",, verriet sie dem Pfarrer. Dafür war sie in der St. Galluskirche sicher am richtigen Ort.