Das Orchester des SWR Foto: SWR

Die Diskussion um den Standort des fusionierten SWR-Orchesters ist entschieden. Ein externes Expertengremium hat einstimmiges Votum für einen Sitz des neuen Klangkörpers in der Landeshauptstadt abgegeben.

Baden-Baden - Vor der Sitzung des Rundfunkrats des Südwestrundfunks (SWR) an diesem Freitag, in der über den Standort des neuen, ab 2016 fusionierten SWR-Orchesters entschieden wird, hat eine sechsköpfige externe Kommission im Auftrag des Senders die Argumente für die beiden zur Wahl stehenden Städte Stuttgart und Freiburg geprüft. Heraus kam am Donnerstag ein klares, einstimmiges Votum: Sämtliche Kriterien so Kommissionsmitglied Michael Sieber, sprächen für die Landeshauptstadt. .

Baden und Württemberg

Da der Orchesterstandort Baden-Baden nicht ernsthaft zur Diskussion stand, fand die Auseinandersetzung um den künftigen Orchestersitz nach dem Fusionsbeschluss des Rundfunkrats vom 28. September zwischen den Städten Stuttgart und Freiburg statt. Da sich schon früh Vorteile für die Landeshauptstadt abzeichneten, kämpften das Orchester und sein Freundeskreis in Freiburg deutlich aktiver für einen Orchestersitz im Dreiländereck. Dennoch votierten die Experten für das Erwartete: Auch musikalisch soll Stuttgart die Schaltzentrale Baden-Württembergs werden.

Stuttgart: Orchester vor Ort

Baden-Württembergs Landeshauptstadt soll der Residenzort eines Orchesters sein, dessen Stellenzahl bei etwa 120 liegen soll. Zurzeit sind beim Radio-Sinfonieorchester Stuttgart (RSO) und beim SWR-Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg zusammen gut 200 Musiker beschäftigt. Konzertreihen soll es an denselben Orten geben wie bisher, aber nur Stuttgart profitiert ab 2016 von der Strahlkraft, dem Netzwerk und dem Vorbildcharakter, der ein Residenzorchester für eine Kulturstadt attraktiv macht. Für die Landeshauptstadt sprachen die geografische Lage, das mediale Umfeld, die lokale musikalische Infrastruktur, das kulturelle Einzugsgebiet. Den Schwachpunkt des württembergischen Standorts, die Proben-, Aufnahme- und Konzertmöglichkeiten, konnte der Gemeinderat jüngst noch entkräften, indem er dem Orchester eine verstärkte Präsenz in der Liederhalle einräumte.

Freiburg: Orchester zu Besuch

Als Kompensation sollen in Freiburg, womöglich auch in Mannheim oder Karlsruhe, so genannte „Orchester-Residencies angeboten werden: mehrwöchige Aufenthalte von Musikern, die auch Kammermusik sowie Schul-, Vermittlungs- und Kooperationsprojekte vor Ort möglich machen. Für die Universitätsstadt im Dreiländereck ist das kein Trost: Sie verliert mit dem SWR-Orchester ihren einzigen erstklassigen Klangkörper.

Zukunftspläne

An 90 Terminen soll das neue SWR-Orchester auftreten – bislang hatte jeder der beiden Klangkörper etwa 70 Veranstaltungen jährlich im Angebot. Außerdem überlegen SWR-Intendant Boudgoust und Hörfunkdirektor Gerold Hug, in der Übergangszeit bis zum Erreichen der angestrebten Planstellenzahl von 115 bis 120 Musikern neben dem großen Orchester auch ein kleines oder mehrere Ensembles aus Orchestermusikern auftreten zu lassen. Betriebsbedingte Kündigungen soll es nicht geben. „Es wird“, bestätigte der Intendant am Donnerstag nochmals, „keine Entlassungen geben“. „Autoritäre Entscheidungen“, so Boudgoust, würden nicht getroffen, das Orchester solle eingebunden werden. Konkurrierten zu viele Musiker um bestimmte Stellen, so müsse man – natürlich in Abstimmung mit einem neuen Chefdirigenten – über Rotationsmodelle und Aufgabenteilungen nachdenken. Die Verträge von François-Xavier Roth beim SO sowie von Stéphane Denève beim RSO enden 2014 – jeweils mit Option auf eine zweijährige Verlängerung. Auch über das Profil des neuen Klangkörpers müsste bald nachgedacht werden. Zwischen dem „Stuttgart Sound“ und dem Freiburger Schwerpunkt auf Neuer Musik ist der Weg weit, und die Grenzzäune zwischen Baden und Württemberg sind mit der Entscheidung noch höher geworden..