Polizeifahrzeuge stehen bei Oppenau vor einer Einfahrt in ein Waldgebiet. Foto: Spether

Bewaffneter nach sechs Tagen Flucht geschnappt. Zeugenhinweis bringt Ermittler auf die Spur.

Oppenau - Den Menschen rund um Oppenau im Ortenaukreis fällt ein Stein vom Herzen: Die Flucht des Waldläufers und Waffennarren Yves R. hat ein Ende – nach sechs Tagen aufreibender und zermürbender Großfahndung ist es der Polizei am Freitagabend gelungen, den 31-Jährigen festzunehmen.

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In der eilends anberaumten Pressekonferenz erklärt Einsatzleiter Jürgen Rieger am Abend dann, dass im Laufe des Nachmittag der entscheidende Zeugenhinweis eingegangen sei. Daraufhin machten sich die Beamten samt Spürhunden auf den Weg und sperrten von Oppenau aus ein Seitental Richtung Ramsbach, um R. keine Möglichkeit zu bieten, abermals zu entkommen. Denn der Wald ist seine Heimat; ihn kennt er wie seine Westentasche.

Vor Ort wurde R. schließlich "sitzend in einem Gebüsch gefunden". Bei ihm fanden die Beamten die vier erbeuteten Polizeiwaffen und – etwas abseits – eine zusätzliche Pistole, berichtet Rieger. Vier der Waffen habe er gut "sichtbar vor sich hingelegt". Die Untersuchung der fünften Pistole, mit der der 31-Jährige am Sonntag wohl die vier Polizisten in Schach hielt, laufe noch. Derzeit könne er deshalb noch "keine Aussage zu Art und Gefährlichkeit der Waffe" machen, sagt Rieger. Sprich: Es muss sich erst noch zeigen, ob sie überhaupt scharf ist.

Hatte er einen Abschiedsbrief dabei?

Zudem hatte R., als er entdeckt wurde, ein Beil und einen Brief dabei. Rieger: "Wir nehmen an, es handelt sich um einen Abschiedsbrief, das ist jedoch noch nicht sicher", berichtet der Einsatzleiter. Ging der Gefasste womöglich davon aus, die Festnahme nicht zu überleben?

Dann geht es Schlag auf Schlag: Eine erste Ansprache scheitert, das Sondereinsatzkommando übernimmt gegen 17.15 Uhr den Zugriff. R. wehrt sich und wird – ebenso wie ein SEK-Mann – leicht verletzt. Ins Krankenhaus muss er aber nicht. In welcher Verfassung war Yves R. dabei, wird der Einsatzleiter bei der Pressekonferenz gefragt. Rieger antwortet: "Wir haben nur in der Bild-Übertragung gesehen, was läuft" – aber keinen Original-Ton.

Dass sich die Ereignisse am Nachmittag überschlagen sollten, war zwei Stunden zuvor noch nicht absehbar. Im Gegenteil: Gegen 15 Uhr hatte der Offenburger Polizeipräsident Reinhard Renter einen Strategiewechsel angekündigt: "Herr R., nehmen Sie Kontakt zu uns auf", appellierte er mit ruhiger Stimme an den Gesuchten, seine Flucht aufzugeben. Das könne auch über Freunde oder Familie geschehen, wirbt er – und kündigt an, Oppenau sei weder abgeriegelt noch umstellt. "Das ist ein Weg, gesund für alle herauszukommen." Renter weiter: "Das menschliche Leben ist unser höchstes Gut."

Mehr als 2500 Beamte im Einsatz

Und wie geht es nach der Festnahme nun weiter? Die Ermittlungen werden fortgeführt, die Polizei bleibt in Oppenau weiter präsent. "Wir wollen den Fall am Wochenende sauber zu Ende bringen", verspricht Rieger. "Der Einsatz hat viel von uns gefordert." In der Tat: Insgesamt 2530 Beamte waren in dem bergigen Gelände im Einsatz. An diesem Samstag wird der 31-Jährige einem Haftrichter vorgeführt.

Seit Sonntag war der einschlägig vorbestrafte Waffennarr im Schwarzwald auf der Flucht. Wo genau es sich dabei versteckte, ist bislang noch ungeklärt. Der Mann hatte vier Polizisten bei einer Kontrolle in einer Gartenhütte bedroht, ihnen die Dienstwaffen abgenommen und war anschließend spurlos im Wald verschwunden.

Ausnahmesituation in Stadt beendet

Glücklich und erleichtert zeigt sich am Freitagabend derweil Oppenaus Bürgermeister Uwe Gaiser. Er sei "froh und dankbar, dass diese Ausnahmesituation für unsere Stadt beendet wurde", gesteht er bei der Pressekonferenz in der Günter-Bimmerle-Halle. Ins gleiche Horn stößt Renter. Es sei eingetreten, worauf er gehofft hatte: Der Gesuchte wurde festgenommen, niemand schlimm verletzt.

Der Leitende Oberstaatsanwalt Herwig Schäfer will den 31-Jährigen von einem Psychiater begutachtet lassen. Dies sei aufgrund des "Schwergewichts der Tat" nötig. Schäfer rechnet mit acht bis zwölf Wochen der Ermittlung, dann könnte über die Anklage entschieden werden.

Landesinnenminister Thomas Strobl (CDU) dankt kurz nach der Festnahme den Beamten per Telefonat. Dem dürften sich die Menschen rund um Oppenau anschließen – für sie geht es nun darum, nach einer wilden Woche mit reichlich Adrenalin wieder zur Normalität zurückzufinden. Ein leicht mulmiges Gefühl im Wald könnte allerdings noch eine Weile spürbar bleiben.

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