Foto: Benjamin Beytekin

Entertainer Harald Schmidt schaltete während der Live-Übertragung immer wieder hinter die Bühne.

Stuttgart - Es war eine Live-Berichterstattung, wie man sie eher vom Fußball oder aus der Formel 1 kennt. Die Stuttgarter Oper hat Mozarts „Don Giovanni“ als Multimedia-Spektakel inszeniert: mit Public Viewing, Übertragungen in zwei Fernsehsendern sowie im Radio und Internet - und vor allem mit Entertainer Harald Schmidt als Live-Reporter am Bühnenrand. Die Zuschauer konnten sich aus all diesen Angeboten ihr ganz eigenes Bild von der Oper machen - und manch ungewohnten Blickwinkel entdecken.

Ein Experiment wollten das Opernhaus und der Südwestrundfunk wagen - neue Wege in der Kultur beschreiten. Und so nutzten die Medienmacher bei der „Don-Giovanni“-Premiere am Mittwochabend alle Kanäle: Der Radiosender SWRinfo und der Fernsehsender 3sat übertrugen die Inszenierung von Andrea Moses aus dem mit 1400 Besuchern ausverkauften Haus ganz traditionell.

Vor dem Opernhaus sahen Tausende das Stück bei sommerlicher Picknick-Atmosphäre auf einer Großbildleinwand im Schloßgarten. Und im SWR-Fernsehen durfte Harald Schmidt während der Aufführung seine eigene kleine Show spielen: Wann immer auf der Bühne nichts Entscheidendes passierte, schalteten die Kameras auf ihn.

Schmidt zeigte, was Opern-Besucher sonst nicht zu sehen bekommen

Schmidt zeigte, was Opern-Besucher sonst nicht zu sehen bekommen: Wie Don-Giovanni-Darsteller Shigeo Ishino nach einer Prügelei eine blutende Wunde aufgemalt bekommt, welchen Weg die Sänger zu Bühne nehmen, oder wie dafür gesorgt wird, dass alle Darsteller und Requisiten zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind.

Der 54-Jährige stellte zugleich sein Talent als Opernführer unter Beweis. Während Don Giovanni (Schmidt: „Der Dominique Strauss-Kahn der Musikgeschichte“) von einer Eroberung zur nächsten zog und schließlich immer mehr Frauen gegen sich aufbrachte, erklärte der Late-Night-Talker die italienischsprachige Handlung, wies auf Höhepunkte hin und half dem weniger opernkundigen Publikum, sich in dem knapp dreistündigen Stück nicht zu verlieren. So bekamen die SWR-Zuschauer zwar nur ausgewählte Highlights der Mozart-Oper zu hören, aber dafür mit einem ganz eigenen Interpretation.

In der Pause zwischen den beiden Akten konnte Schmidt dann endgültig selbst aufspielen: Vor dem Opernhaus suchte er den Kontakt mit den Public Viewern. Doch statt über das Stück zu sprechen, ließ sich Schmidt von Fans feiern, interviewte Passanten zur Finanzkrise oder fragte Schüler, was sie später mal beruflich machen wollen - bis ihm schließlich ein Zuschauer vor laufender Kamera erklärte, wie sehr sein Gerede einen aus der Welt Don Giovannis herausreiße.

Zur multimedialen Übertragung gehörte auch, dass die Zuschauer die Oper im Internet aus sechs frei wählbaren Kamera-Perspektiven verfolgen konnten. So hatten sie jederzeit die Möglichkeit, einen Blick in die Hotelbar oder das Schlafzimmer auf der Bühne zu werfen - und zu schauen, wer dort als nächstes vorbeikommt.

Harald Schmidt hätte am Ende wohl nur eines für einen perfekten multimedialen Opern-Abend gefehlt: Eine Live-Telefonschalte zu Wolfgang Amadeus Mozart hatte er sich im Vorfeld in Interviews gewünscht. Doch Mozart ging offensichtlich nicht dran.

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