Das Publikum im Kino in Triberg lebt mit beim Kampf der Tribergerin im fernen Tokio. Foto: Kommert

Wer glaubt, dass es im "Städtle" um vier Uhr nachts eher beschaulich-ruhig zugeht und die Bürgersteige hochgeklappt sind, wurde am sehr frühen Sonntagmorgen eines Besseren belehrt. Aus allen Richtungen zogen Frauen, Männer und Kinder in Richtung "Kronenlichtspiele".

Triberg/Tokio - Die Gäste begaben sich in den kleineren Kinosaal, wo sie bereits erwartet wurden. Kai Rotter hatte das organisiert, denn eigentlich wollten er und seine Familie an einem ganz anderen Ort sein um diese Zeit. Nämlich in der Ringerhalle in Tokio, wo sie Kais Frau Aline Rotter-Focken anfeuern wollten. Ein "tolles Hotel" sowie die Fahrten von dort zur Halle und wieder zurück (die jeweils rund zwei Stunden gedauert hätten) seien bereits gebucht gewesen, wie Stefanie Rotter erzählte – kein Wunder, leben doch in der Metropolregion rund 39 Millionen Menschen und die Stadt selbst liegt auf 628 Quadratkilometern verteilt.

Es dauerte ein wenig, bis letztlich alle Fans der jungen Ringerin im Kino eingetroffen waren. So manches Gesicht wirkte etwas grau und schlaftrunken, dennoch waren alle hellwach, sobald die Übertragung aus der Olympiastadt begonnen hatte. Zwischen 30 und 40 Unentwegte waren es am Ende, die sich in die Kinositze setzten.

Dabei sollte es noch einige Zeit dauern, bis die aus Krefeld stammende Ringerin, die mit ihrem Mann in Triberg lebt, endlich auf der Großleinwand auftauchen sollte. So konnten die Anwesenden allerdings die Achtelfinal-Niederlage des Griechisch-Römisch ringenden Etienne Kinsinger (Gewichtsklasse bis 60 Kilogramm) und den Auftaktsieg von Eduard Popp in der gleichen Stilart bei den Schwergewichten bis 130 Kilo miterleben – Popp verlor wenig später seinen Viertelfinalkampf gegen den türkischen Weltklasseringer Riza Kayaalp und muss nun auf die Hoffnungsrunde setzen.

Deutlich besser machte es dann Aline Rotter-Focken, die auf der Setzliste bei den Frauen bis 76 Kilogramm Freistil immerhin auf zwei gesetzt ist. Tat sie sich bei ihrem Achtelfinalkampf gegen Wasilisa Marsaliuk (Belarus) noch ein klein wenig schwer, konnte sie das Viertelfinale gegen die Chinesin Zhou Qian souverän für sich entscheiden, so dass sie bei ihrem nächsten Auftritt gegen die Japanerin Hiroe Minagawa bereits um Medaillen kämpft.

Jubel ist groß

Die Erleichterung bei den Kinogängern nach dem knappen 2:1-Sieg gegen die Weißrussin war den anwesenden Ringern deutlich anzumerken, der Jubel war groß. Noch deutlicher rangen die Besucher beim Auftritt gegen die Chinesin mit, da die Dominanz der deutschen Hoffnungsträgerin hier sehr deutlich war.

Wieder etwas enger ging es um die Mittagszeit im Halbfinale zu. Letztlich gewann die 30 Jahre alte Tribergerin im Halbfinale gegen die japanische Vize-Weltmeisterin Hiroe Minagawa mit 3:1, was ihre Familie und Freunde in Freudentaumel versetzte.

"Ich denke, Aline hat heute wirklich einen richtig guten Tag erwischt", ist sich ihr Mann sicher.

Historisches habe sie ohnehin schon erreicht – sie ist die erste deutsche Ringerin, die Edelmetall nach Hause bringt. Nun hat sie gegen die fünfmalige Weltmeisterin Adeline Gray aus den USA am heutigen Montag die Chance auf Gold – die Amerikanerin stand in ihrem Halbfinalkampf gegen die Kirgisin Aiperi Medet Kysy am Rande einer Niederlage. Die Familie und Freunde werden den Auftritt von Rotter-Focken erneut im Kino anschauen – gemeinsam.