Gewann die erste Olympische Goldmedaille ihrer Karriere: Denise Herrmann. Foto: dpa/Hendrik Schmidt

Damit war nach der bisherigen Saison nicht zu rechnen: Denise Herrmann krönt sich in China zur Biathlon-Olympiasiegerin. Für die Quereinsteigerin ist es die erste Medaille in dieser Sportart, aber nicht bei Winterspielen.

Peking - Die ersten Gratulanten scharten sich schon um Denise Herrmann, als die Biathletin nach ihrem Gold-Coup in Tränen ausbrach. „Das macht mich unglaublich stolz und glücklich. Mir fehlen noch die Worte“, sagte die Sächsin nach ihrem sensationellen Olympiasieg über 15 Kilometer bei den Winterspielen in China. Die 33-Jährige bescherte der deutschen Mannschaft das zweite Gold nach dem Triumph von Rodler Johannes Ludwig. Herrmann leistete sich am Montag nur einen Schießfehler und entschied die Königsdisziplin der Skijägerinnen als erste Deutsche seit Andrea Henkel bei den Winterspielen 2002 in Salt Lake City zu ihren Gunsten.

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„Das ist gerade eine total krasse Situation. Ich habe ordentlich auf die Fresse gekriegt dieses Jahr. Aber ich wusste, dass ich es kann“, sagte Herrmann im ZDF: „Ich habe mich gut gefühlt. Dass ich schießen kann, wusste ich auch.“ Und so hatte die Konkurrenz das Nachsehen. „Phantastisch! Damit habe ich bestimmt nicht gerechnet“, sagte der Präsident des Deutschen Skiverbandes, Franz Steinle. Für Herrmann war es nach Olympia-Bronze mit der Langlauf-Staffel 2014 die erste Medaille im Biathlon und die Krönung ihrer Karriere.

Vanessa Voigt fehlen 1,3 Sekunden zu Bronze

„Ich bin sehr begeistert, das hat sich nicht angedeutet. Wir haben aber im Saisonverlauf immer auf die Mädels vertraut“, sagte Florian Steirer, Bundestrainer der Frauen, der Deutschen Presse-Agentur in Zhangjiakou: „Sensationell wie das geklappt hat bei Denise. Jetzt die Medaille mitzubringen, bringt Ruhe in das ganze Team, das ist wichtig für die ganze Mannschaft.“

Silber ging vor den Augen des deutschen IOC-Präsidenten Thomas Bach an die Französin Anais Chevalier-Bouchet, Bronze holte Marte Olsbu Röiseland aus Norwegen. Olympia-Debütantin Vanessa Voigt zeigte nach dem missglückten Einstand in der Mixed-Staffel diesmal auch eine starke Vorstellung und holte Rang vier. Nur 1,3 Sekunden fehlten zu Bronze. „Das ist wirklich schade und wäre fast schon kitschig, wenn es noch zu einer weiteren Medaille gereicht hätte“, sagte Steirer.

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Voigt meinte: „Letztendlich ist dieser vierte Platz wie für mich ‚ne Goldmedaille.“ Vanessa Hinz landete auf Rang 14, Rückkehrerin Franziska Preuß kam nach wochenlanger Zwangspause wegen eines Treppensturzes und einer Corona-Infektion auf den 25. Platz. Bei wesentlich besseren Bedingungen mit vor allem weniger Wind als bei der Mixed-Staffel am Samstag erwischte Herrmann einen guten Start und traf liegend und stehend jeweils die ersten fünf Schüsse.

Aus dem Kreis der Favoritinnen waren dennoch nicht alle so treffsicher, die Norwegerin Tiril Eckhoff verfehlte stehend gleich zwei Scheiben. Herrmann setzte beim zweiten Liegendschießen den insgesamt 13. Versuch daneben und kassierte eine Strafminute. Doch bei den letzten fünf Schüssen blieb sie cool. Weltmeisterin Marketa Davidova aus Tschechien setzte dagegen den 20. und letzten Schuss daneben und konnte Herrmann auch nicht mehr gefährden. Nach dem unglücklichen Start und Platz fünf der Mixed-Staffel konnte das deutsche Biathlon-Team damit auch in China überraschend früh an goldene Zeiten bei Olympia anknüpfen.

Herrmanns kompletter Fokus lag auf Olympia

Herrmann hatte die gesamte Vorbereitung der vergangenen Jahre nur auf Olympia ausgerichtet. Höhentraining, Tüfteln an der Waffe, jede Menge Schufterei im Sommer - sie wollte nichts dem Zufall überlassen für ihren großen Traum. Die aktuelle Saison war mit einem dritten Platz im Einzel von Östersund stark losgegangen, danach lief es bei der Wahl-Ruhpoldingerin aber nicht mehr rund.

Vor allem viele Fehler am Schießstand sorgten für schwache Resultate. Tiefpunkte waren ein 41. Platz in der Verfolgung von Oberhof mit acht Schießfehlern und eine vermasselte Olympia-Generalprobe mit Rang 23 zuletzt in Antholz.

Doch Herrmann glaubte trotzdem weiter an sich. „Ich kann mir selbst sagen: Ich habe alles versucht, alles gegeben. Das ist für mich die Hauptsache“, hatte sie nach der Ankunft in China über ihr intensives Training gesagt. Viele zweifelten schon, ob sie im höheren Alter noch ein mal alles so zusammenbringen würde wie 2019. Damals war sie in Schweden sensationell Weltmeisterin in der Verfolgung geworden und hatte bewiesen, dass sich der Wechsel vom Langlauf 2016 gelohnt hat.