Foto: dpa

Die Flugzeuge der OLT Express Germany bleiben am Boden – am Montag wurden 38 Flüge gestrichen. Tausende Passagiere könnten Pech haben, weil die Fluggesellschaft Insolvenz anmelden muss. Bundesweit sind 500 Beschäftigte betroffen.

Stuttgart - Die angeschlagene Fluggesellschaft OLT Express Germany wird Insolvenz anmelden. Das sagte ein Sprecher des Unternehmens unserer Zeitung. Die Gesellschaft hat am Montag mit sofortiger Wirkung den Flugbetrieb eingestellt – und 38 Flüge gestrichen. In Baden-Württemberg bedient die Gesellschaft lediglich den Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden.

Ursprünglich hat die Gesellschaft für Januar mit insgesamt 30 000 Passagieren gerechnet. Ob die betroffenen Fluggäste ihr Geld zurückerhalten, sei unklar, sagte der Sprecher. „Dies muss nun der Insolvenzverwalter entscheiden.“

Mit 15 Flugzeugen bediente OLT bisher die Flughäfen Bremen, Dresden, Saarbrücken, Münster/Osnabrück und Karlsruhe/Baden-Baden. Verbraucherschützer machen den Passagieren wenig Hoffnung: Anders als bei Reiseveranstaltern ist der Fluggast bei Airlines nicht gegen eine Insolvenz abgesichert. „Die Ansprüche fließen lediglich in das Insolvenzverfahren“, sagt Sabine Fischer-Volk von der Verbraucherzentrale Brandenburg in Potsdam. Dabei stünden sie jedoch in der Regel hinter den Ansprüchen anderer Gläubiger zurück .

Die Gesellschaft beschäftigt an drei Standorten 500 Mitarbeiter. Vorige Woche hatten diese einem Sanierungsbeitrag zugestimmt, der dem Unternehmen einen niedrigen einstelligen Millionenbetrag eingebracht hätte. Das Unternehmen ist in die finanzielle Schieflage geraten, weil Ende 2012 zwei Großverträge weggebrochen sind.

Letztlich habe der Investor die Rettungsversuche nicht mitgetragen, heißt es. OLT Express wurde 1958 gegründet – und gilt als eine der ältesten Fluggesellschaften. Seit Sommer 2012 gehört das Unternehmen zu 100 Prozent zur niederländischen Investmentfirma Panta Holdings. Bisher habe der Investor immer grünes Licht für das Sanierungskonzept signalisiert, heißt es im Unternehmen – doch am Sonntagnachmittag habe Panta Holdings dem Konzept plötzlich überraschend eine Absage erteilt.

Für die 110 Beschäftigten am Standort Stuttgart (Filderstadt) ist die Nachricht ein Schock. „Wir sind vor den Kopf gestoßen“, heißt es. „Auch wenn wir von Anfang an nicht von dem Geschäftsmodell überzeugt waren, sind wir nun völlig überrascht, wie schnell der Laden an die Wand gefahren worden ist.“ Für die Stuttgarter Beschäftigten waren die vergangenen zwölf Monate eine Gratwanderung zwischen Hoffen und Bangen. Sie sind erst seit 1. September bei OLT Express Germany angestellt. Zuvor gehörte die Stuttgarter Belegschaft zu Contact Air. Die kleine Regionalgesellschaft hat bis Ende 2011 im sogenannten Verbund Lufthansa Regional kürzere Flüge von Stuttgart aus zu Zielen innerhalb Deutschlands oder im nahen europäischen Ausland für die Lufthansa übernommen.

Als dieser Auftrag weggebrochen ist, stand Contact Air vor dem Aus. Damals gab es jedoch noch eine Liquiditätsreserve für Abfindungen.

Dann tauchte OLT als Retter in letzter Sekunde auf und übernahm den Geschäftsbetrieb und die Flotte, bestehend aus acht Fokker 100. Die Regionalflugzeuge seien durchschnittlich um die 18 Jahre alt, wartungsanfällig, energieintensiv – und daher teuer, heißt es.

OLT-Chef Joachim Klein wollte ein „hochwertiges Low-Cost-Produkt in den Nischenmärkten“ in Deutschland etablieren. Das heißt: für wenig Geld kleinere Flughäfen anfliegen. In der Kombination aus Billigangebot und Regionalluftverkehr jedoch sahen Flugexperten bald einen Widerspruch. „Wer mit Fokker 100 fliegt, hat höhere Kosten“, sagte Flugexperte Cord Schellenberg über die neu übernommenen Maschinen. „Um dies zu kompensieren, muss die Gesellschaft entweder höhere Erträge durch höhere Ticketpreise erzielen oder aber über eine besonders gute Auslastung verfügen.“

Die Nachfrage sei vorhanden gewesen, sagte Klein unserer Zeitung. „Jedoch hat der Anlauf länger gedauert, als wir gedacht haben. Wir mussten erst mal die Vermarktung in Gang bringen und den Vertrieb aufbauen. Die Passagiere mussten ihre Erfahrungen mit dem neuen Produkt machen .“

Die Zukunft der Mitarbeiter ist nun ungewiss. „Wir machen uns Sorgen um unsere Zukunft und unsere finanzielle Situation“, heißt es. Schon das Januargehalt sei nicht sicher. „Bisher wurde es immer am 28. ausgezahlt. Bis jetzt ist noch kein Geld eingegangen.“ Die Mitarbeiter befürchten, dass sie nun darunter leiden, dass sie dem Unternehmen helfen wollten. In einer Betriebsvereinbarung haben sie dem Verzicht auf 25 Prozent ihres Gehalts zugestimmt. Die Höhe des Insolvenzgelds aber, das den Beschäftigten betroffener Unternehmen in den drei Monaten vor Insolvenzeröffnung zusteht, orientiert sich am letzten Bruttomonatsgehalt.