Das Geislinger Kinder- und Jugendbüro in der Gartenstraße 10 Foto: Schnurr

Die offene Jugendarbeit hat einen schweren Stand, sagten die Jugendreferenten des Zollernalbkreises. In Geislingen stehen für sie mehr Aufgaben an.

Geislingen - Um die Arbeit des Kinder- und Jugendbüros Geislingen ist es in der letzten Gemeinderatssitzung vor den Sommerferien gegangen. Da dessen Leiter Chris Arndt aus gesundheitlichen Gründen verhindert war, beantworteten Esther Zeiher und Dominik Speißer vom Kreisjugendreferat Fragen der Bürgervertreter dazu.

Anlass des Sachstandsberichts war ein Antrag der CDU-Fraktion während der Haushaltsberatungen: Diese wünschte eine Kosten-Nutzen-Abwägung der offenen Kinder- und Jugendarbeit im Kinder- und Jugendbüro Geislingen (KiJuG).

Warum brauchen wir die offene Jugendarbeit?

Diese Frage stand im Mittelpunkt der Diskussion. Geislingens Hauptamtsleiter Christian Volk hielt fest, dass das KiJuG "nicht nur ein Raum ist, in dem sich Jugendliche aufhalten können". Es sei unter anderem auch wichtig für die Integration und Verbesserung der Chancengleichheit.

Von den rund 20 jugendlichen "Stammgästen" des KiJuG hat etwa die Hälfte einen Migrationshintergrund. "Im Kreisvergleich ist das eine typische Größe", hielt Dominik Speißer fest.

Im KiJuG gilt der Grundsatz der Selbstbestimmtheit: Die Besucher können kommen und gehen, wann sie wollen, und wie sie ihre Zeit dort verbringen, legen sie ebenfalls frei fest. Das unterscheidet die Freizeit dort von der auf bestimmte Aktivitäten ausgerichteten und meist kostenpflichtigen Mitgliedschaft in Vereinen: "Ins Jugendhaus zu gehen kann sich jeder leisten", betonte Esther Zeiher.

Wie ist die Ausstattung des KiJuG?

Die Stadt Geislingen unterhält für das KiJuG eine 50-Prozent-Stelle mit 19,5 Stunden. Von den 34 600 Euro Personalkosten pro Jahr zahlt die Kommune 16 700 Euro, den Rest der Landkreis. Hinzu kommen 6500 Euro Budget.

Die Räume des KiJuG sind in dem städtischen Gebäude Gartenstraße 10 untergebracht. Seit Jahren gibt es Überlegungen, eine andere, bessere Unterbringung zu finden. So spekulieren manche Bürger etwa, dass der Jugendraum in das Gebäude Lindenstraße 22 kommen könnte, das die Stadt im Dezember 2021 gekauft hat.

Wie hat der Jugendraum geöffnet?

Das KiJuG hat für Besucher zwischen zehn und 19 Jahren an vier Tagen die Woche und insgesamt 18 Stunden geöffnet. Diese Öffnungszeit bei lediglich einer 50-Prozent-Stelle sei kreisweit ungewöhnlich, hielt Speißer fest: "Da liegt Geislingen sehr weit vorne."

Doch das Angebot soll reduziert werden: Seine Zeit soll Geislingens Jugendarbeiter nach Vorstellung von Gemeinderat und Verwaltung mehr dafür nutzen, Veranstaltungen anzubieten, sich mit der Schulsozialarbeit zu vernetzten, sowie an der Gemeinschaftsschule und auf social media präsenter zu sein.

Der CDU-Fraktionssprecher Wolfgang Pauli fand, das Jugendbüro sei aus seiner Sicht "eher ein schlafendes als ein prosperierendes Unternehmen. Wir meinen, es könnte mehr gehen."

Welchen Nutzen hat die offene Jugendarbeit?

Durch das niederschwellige Angebot im Freizeitbereich kommt ein ausgebildeter Sozialarbeiter leichter in Kontakt mit jungen Menschen, die sonst wenig Anknüpfungspunkte in der Dorfgemeinschaft haben. Durch diese "Beziehungsarbeit" in Gesprächen können Jugendthemen, -interessen und -probleme frühzeitig erkannt und abgefangen werden.

Wolfgang Pauli verwies auf Probleme wie Vandalismus rund ums Schloss. Um diesem Ärgernis zu begegnen, könnte Streetwork betrieben werden.

"Schlecht ist das nie", befand Dominik Speißer. In den vergangenen Jahren hat die mobile Jugendarbeit einen höheren Stellenwert gewonnen (beispielsweise in Balingen), weil man damit auch jene Jugendlichen erreicht, die nicht "im Jugendhaus angekommen" sind.

Speißer machte aber auch deutlich, dass es während der Öffnungszeiten des Jugendraums unmöglich ist, "aufsuchende Jugendarbeit" zu betreiben. Wenn das KiJuG im bisherigen Umfang geöffnet haben sollte, zusätzliche Veranstaltungen und mobile Arbeit verlangt sind, wird das schwierig.

Von einer Erhöhung des Stellenumfangs war in der Diskussion aber nicht die Rede. Hauptamtsleiter Volk umriss hingegen die Überlegung der Stadtverwaltung: An jedem der vier Öffnungstage soll das KiJuG eine halbe Stunde weniger lang offen haben. Die so wöchentlich zwei frei werdenden Stunden könnten beispielsweise für die Vorbereitung von Veranstaltungen genutzt werden.

Kann man auf offene Jugendarbeit verzichten?

Die Förderung der offenen Kinder- und Jugendarbeit ist eine durch Paragraf 11 im Sozialgesetzbuch VIII vorgeschriebene, kommunale Pflichtaufgabe. Das Büro zu schließen und die Jugendarbeit aufzugeben geht also nicht – aber die Erwartungen an das Angebot sind hoch.

Die offene Jugendarbeit habe einen schweren Stand, sagten die Jugendreferenten des Zollernalbkreises: "Erst wenn man sie nicht mehr hat, sieht man, was sie geleistet hat." Ohne Jugendraum funktioniere es erfahrungsgemäß nicht: Ohne Anlaufpunkt und vorgegebenen Rahmen liefen Treffpunkte im Ort "leicht aus dem Ruder".

Stattdessen wird es in Geislingen nun um eine teilweise Verlagerung der Tätigkeit des Jugendarbeiters gehen. Den bisherigen Sachstand und eine mögliche Neuausrichtung soll Chris Arndt in einer der nächsten Sitzungen des Verwaltungsausschusses vorstellen.