Was passiert künftig mit dem Youz und der offenen Jugendarbeit in Nagold? Im Rahmen der Vorstellung des Haushalts-Entwurfs für 2022 kündigte Stadtkämmerer Hagen Breitling an, dass es im kommenden Jahr dazu neben massiven Einsparungen auch eine Neuordnung geben soll.
Nagold - Es ist angesichts eines weit über 60-Millionen-Euro-Etats für Nagold eher ein überschaubarer Haushaltsposten: die Kategorie "Komplementärmittel". Im städtischen Haushalt stehen sie neben den Pflichtaufgaben aus Vertragsverpflichtungen – also etwa Betriebskostenzuschüsse für freie Träger von Kindertagesstätten, die 2022 knapp über 2,8 Millionen Euro ausmachen werden – und den "freiwilligen Leistungen", die mit etwas über 550 000 Euro zu Buche schlagen. Zu denen gehören unter anderem die Kosten für den Betrieb des Badeparks, die Stadtbibliothek, die Musikschule – denen Breitling "grundsätzlich eine vorbildliche Haushaltsdisziplin" attestiert.
100 000 Euro weniger
Ganz anders wohl seine Einschätzung zur Höhe der erwähnten Komplementär-, also "zusätzlichen" Mittel auf der Ausgabenseite: Diese sollen 2022 laut Haushaltsplan-Entwurf insgesamt knapp 750 000 Euro betragen, wobei nach den Angaben Breitlings für das Youz, und hier beispielsweise für die Aufgabenfelder Schulsozialarbeit, Betreuung Verlässliche Grundschule und Ganztagsgrundschule, exakt 382 650 Euro veranschlagt werden, weitere genau 179 770 Euro für die allgemeine offene Jugendarbeit und Kinderbetreuung. Das seien insgesamt rund 100 000 Euro weniger, die man aufgrund von "überdurchschnittlich verfügbaren Rücklagen" im Bereich Jugendarbeit für ein "Konsolidierungsjahr" nutzen wolle. Laut den Vorbemerkungen des aktuellen Haushaltsplan-Entwurfs für 2022 stammen diese rund 100 000 Euro mit rund 62 000 Euro aus eingesparten "Zuschüssen für die Integrationsarbeit an das Youz" und zu 46 100 Euro aus ebenfalls nicht verausgabten "Zuschüssen für die Jugendarbeit in Einrichtungen an das Youz".
Mittel wegen Schließung wohl nicht ausgegeben
Hintergrund dürfte sein, dass durch die Lockdowns im laufenden Haushaltsjahr erhebliche Mittel, die in dieser Form an das Youz gegangen wären, wegen der Schließung auch dieses Hauses – und damit korrespondierend die Schulschließungen, die auch die vom Youz getragene Schulsozialarbeit betrafen – nicht ausgegeben wurden. Obwohl das mutmaßlich solitäre, durch die Pandemie-Lage ausgelöste einmalige Einflussfaktoren für die Jugendarbeit in Nagold waren, solle die "Zeitspanne" der vom Kämmerer nun angestrebten massiven Kürzungen im Jugend-Etat für 2022 auch grundsätzlich "für eine Aufgabenkritik und Neuausrichtung dieses in Pandemiezeiten schwer in Bewegung geratenen Tätigkeitsfelds" genutzt werden. Das Ziel dabei – aus Sicht der Stadtkämmerei: "diese Aufgaben auch bezüglich ihrer Finanzierung neu zu bewerten", und das in ihrer Gesamtheit.
Klausurtagung des Gemeinderats geplant
Genau dafür solle in den kommenden Monaten auch eine Klausurtagung der Gemeinderäte mit der Verwaltung einberufen werden, so Finanzbürgermeister Breitling in zusätzlichen Erläuterungen außerhalb seines Redemanuskripts bei der Vorstellung des Haushalts-Entwurfs 2022. Denn Aufgabenstellung solle dabei sein, die "offene Jugendarbeit" auch insgesamt auf den Prüfstand zu stellen. Was im momentanen Kontext der städtischen Finanzplanung eigentlich nur heißen kann: Der Rotstift wird auch in diesem Bereich wohl künftig noch rigoroser eingesetzt werden als bisher sowieso schon.
Kommentar: Rote Lampen
Von Axel H. Kunert
So ein bisschen gingen einem schon die "roten Lampen" an, als Finanzbürgermeister Hagen Breitling im Rahmen der Vorstellung des Haushalts 2022 eine "Neujustierung" der offenen Jugendarbeit und der Aufgaben des Youz ankündigte – nachdem er bereits berichtet hatte, dass die Pandemie-bedingten Rücklagen der Jugendarbeit dieser einfach mal entzogen werden. Es gibt so einen Spruch aus dem Fußball: "Never change a winning Team!" Und das meint mehr als nur Personalien. Wenn etwas wirklich gut läuft und wichtig für die Stadtgesellschaft ist wie das Youz und seine vielfältigen, jugendbezogenen Aufgaben – bloß nicht kaputt reformieren. Schon gar nicht kaputtsparen – wenn das mit "Nachjustieren" gemeint war. Wenn es aber um qualitative, vielleicht sogar quantitative Aufwertung geht, sollten Verwaltung und Gemeinderat nicht ihrer eigenen Expertise bei diesem Thema vertrauen – sondern echten Experten das Feld überlassen. Wie beim Gestaltungsbeirat zum Beispiel einen Beirat mit echten Koryphäen der Jugendpädagogik und Sozialarbeit einsetzen. Damit nicht mit heißer Nadel nachher nur Murks zurecht geschustert wird. Dafür ist dieser Part der Stadtgesellschaft zu wichtig – und wird in den immer dramatischeren Generations-Gegensätzen immer wichtiger.