Handwerker haben derzeit alle Hände voll zu tun. Schnell einen Betrieb für eine Renovierung zu finden, ist nicht einfach. Foto: DGUV

Präsident der Handwerkskammer Freiburg erklärt, warum Auftraggeber Geduld brauchen

Ortenau. Wer derzeit ein Haus bauen, eine Wohnung renovieren oder ein anderes Projekt angehen will, muss Geduld mitbringen. Die Auftragsbücher der Handwerker sind dank des regelrechten Baubooms voll. Viele Betriebe sind über Wochen oder noch länger ausgelastet – auch in der Ortenau. Wie lange es dauert, bis ein Auftrag bearbeitet werden kann, ob Kunden etwas tun können, um die Wartezeit zu verkürzen, und welche Auswirkungen der Fachkräftemangel darauf hat, verrät Johannes Ullrich, Präsident der Handwerkskammer Freiburg, im Interview mit unserer Zeitung.

Herr Ullrich, wie lange muss ein Auftraggeber warten, bis ein Handwerker Zeit für sein Projekt hat?

Wenn Sie jetzt einen Maler mit Renovierungsarbeiten beauftragen, dann kann es schon sein, dass Sie bis zu zehn Wochen warten müssen.

Gibt es dabei Unterschiede je nach Gewerk?

Ähnliche Wartezeiten gibt es derzeit bei allen Baugewerken, also etwa bei Elektrikern, Klempnern, Schreinern oder Fliesenlegern. Natürlich haben Notdienst-Einsätze Vorrang und werden rasch ausgeführt, etwa wenn es durchs Dach regnet oder im Haus ein Rohr gebrochen ist.

Werden die Aufträge von Kommunen und anderen öffentlichen Bauträgern bevorzugt abgearbeitet, damit diese ihre Zeitpläne einhalten können?

Nein, auf keinen Fall. Es spielt keine Rolle, ob es sich um einen öffentlichen oder privaten Auftraggeber handelt. Was eine Rolle spielt, ist die Ausschreibungsqualität. Hier hilft es, bei der Planung sorgfältig zu arbeiten.

Haben es Neukunden schwerer, einen freien Handwerker zu finden?

Ja, das ist schon so. Wenn Sie Stammkunde sind, kann es etwas schneller gehen.

Können Privatkunden etwas tun, damit ein Auftrag schneller bearbeitet wird?

Wie schon gesagt – den Auftrag gut vorbereiten. Aber grundsätzlich gilt auch: Zwei Monate Wartezeiten sind absolut in Ordnung. Die Betriebe können sich so gut auf die Aufträge vorbereiten, die Kolonneneinsatzplanung und auch die technische Einsatzplanung effizient und wirtschaftlich organisieren. Das führt am Ende zu hoher Ausführungsqualität, kommt also auch dem Kunden zugute.

Ein viel beklagtes Problem der Betriebe ist der Fachkräftemangel. Spielt dieser für die Wartezeiten der Auftraggeber eine Rolle?

Ja. Es könnte im Handwerk noch besser laufen, aber für die Betriebe ist es momentan schwierig, ihre Kapazitäten auszuweiten. Wir finden einfach nicht genügend Fachkräfte, die wir einstellen können. Das gesamte Handwerk leidet unter einem riesigen Fachkräfte- und Nachwuchsmangel. Seit Jahren sind es zu wenige Auszubildende, obwohl wir etwa mit unserer Handwerkskampagne Jugendliche direkt ansprechen und auf die vielfältigen Chancen und guten Zukunftsperspektiven in den mehr als 130 Handwerksberufen aufmerksam machen.

Wie lässt sich der Mangel an gut qualifizierten Handwerkern aus Ihrer Sicht in den Griff bekommen?

Zum einen durch eine bessere Förderung der beruflichen Bildung insgesamt. Wichtig ist hierbei, dass die Ausstattung unserer Berufsbildungsstätten kontinuierlich verbessert wird. Wir könnten uns auch eine Art Azubi-Bafög vorstellen, das es den Auszubildenden ermöglicht, eine Lehrstelle in einiger Entfernung zum Heimatort anzutreten und dort eine Unterkunft zu bezahlen. Das ist ein wichtiges Thema. Viele Lehrverträge kommen gar nicht erst zustande, weil sich zum Beispiel Bewerber vom Land in den Großstädten kein Zimmer in einem Wohnheim oder einer WG leisten können. Mit Geld könnte man auf diese Weise auch Bildungsströme lenken. Davon hätten alle etwas: die Azubis, die Betriebe, aber auch der Staat und die Wirtschaft insgesamt.

Was kann noch getan werden?

Es gibt noch einen weiteren Aspekt: Unter den Kunden, die jetzt auf Handwerker warten müssen, sind sicherlich auch Eltern mit Kindern. Ein wichtiger Schritt für mehr qualifizierte Fachkräfte wäre ein gesellschaftliches Bekenntnis, dass man auch mit einer beruflichen Ausbildung und darauf aufbauenden Weiterbildungen zum Meister ein sehr gutes Leben mit der entsprechenden gesellschaftlichen Anerkennung führen kann – gerade, weil die Dienstleistungsberufe des Handwerks dringend gebraucht werden. Der erste Schritt dafür ist, dass die Eltern ihre Kinder unterstützen, solche Wege einzuschlagen, und nicht weiterhin der Eindruck entsteht, nur mit einer akademischen Bildung könnte man etwas erreichen. Wenn wir als Gesellschaft darauf keine Antwort finden, werden die Wartezeiten eher länger als kürzer werden.

Können Flüchtlinge ein Teil der Lösung sein?

Ein Teil der Lösung, ja. Das aber auch nicht kurzfristig. Bis auf Ausnahmen müssen wir einfach mit mindestens fünf Jahren rechnen, bevor die jungen Männer und Frauen fit für den Arbeitsmarkt sind. Bevor eine Ausbildung sinnvollerweise begonnen werden kann, braucht es zwei Jahre der Vorbereitung. Für die Berufsschule braucht es ein bestimmtes Niveau an Deutschkenntnissen. Auch stimmen die Vorstellungen über unsere Berufe teilweise nicht mit der Wirklichkeit überein.

Welche (bürokratischen) Hürden stehen dabei im Weg?

Das Problem ist, dass viele der jungen Männer und Frauen aufgrund der rechtlichen Bestimmungen in diesen zwei Jahren keinen Aufenthaltsschutz genießen. Daher drängen viele viel zu früh in die Ausbildung. Damit überlasten wir unser Ausbildungssystem. Darüber hinaus haben wir mit Wohnsitzauflagen zu kämpfen, mit insgesamt komplizierten Aufenthaltsregeln und mit unzureichenden Deputaten an den Berufsschulen.

Fragen: Veit Krämer

Info: So klappt's mit Handwerkern

> Lieber E-Mail als Telefon: Viele Handwerker bevorzugen eine schriftliche Kontaktaufnahme per E-Mail. Gerade kleinere Betriebe werden so nicht bei der Arbeit unterbrochen und können sich zu einem günstigen Zeitpunkt zurückmelden.

> Genaue Angaben machen: Im Vorfeld sollten möglichst genaue Angaben über Art und Umfang der Arbeiten gemacht werden. Der Handwerker kann damit den Zeit-, Werkzeug-, Material- und Personalbedarf besser planen.

> Nur ein Ansprechpartner: Gerade bei komplexeren Aufträgen müssen Handwerker wissen, wer welche Entscheidungen trifft. Auftraggeber sollten daher möglichst nur einen Ansprechpartner benennen, der dann zuverlässig erreichbar ist.

> Zufriedenheit zeigen: Während der Arbeiten motiviert es, wenn der Kunde den Handwerkern ab und zu zeigt, dass er mit der sichtbaren Arbeit bislang zufrieden ist.

> Probleme ansprechen: Auftraggeber sollten sofort auf vermutete Mängel hinweisen. Ernsthafte Probleme räumt man am besten in einem offenen Gespräch aus dem Weg. Ist das nicht möglich, können Kunden die Vermittlungsstelle der Handwerkskammer einschalten.