Der Offenburger Bahnhof registrierte die meisten Straftaten im Ortenaukreis. Foto: Achnitz

Die Bundespolizei erfasst in ihrer Eingangsstatistik die Lage an Bahnhöfen. Der Ortenaukreis fällt mit deutlich mehr Delikten als andere Landkreise auf.

Bahnhöfe sind Knotenpunkte des öffentlichen Lebens – viele Menschen kommen zusammen, um von A nach B zu gelangen. Dadurch werden sie vermehrt Schauplätze von Gewalt. Dies ging aus einer Anfrage an die Bundesregierung hervor, die mit aktuellen Daten belegt: Die Anzahl unterschiedlicher Straftaten – etwa Sexualdelikte oder Messerangriffe – haben zugenommen (siehe Info). Wie ist die Situation an den Bahnhöfen im Ortenaukreis? Auch im Vergleich zu nahe liegenden Landkreisen? Unsere Redaktion hat bei der Bundespolizeidirektion Stuttgart nachgefragt.

 

Was ist die Grundlage für die Erfassung der Daten?

Die Datengrundlage basiert auf der Polizeilichen Eingangsstatistik der Bundespolizei (PES). Die PES stellt – im Gegensatz zur Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) – eine Eingangsstatistik dar, die auf der Grundlage

des Feststellungsprinzips erhoben wird, teilt die Bundespolizei mit. Die Daten können sich aufgrund von Nacherfassungen oder notwendigen Maßnahmen der Qualitätssicherung geringfügig ändern.

Wie schneiden die Landkreise im Vergleich ab?

Die Straftaten an den Bahnhöfen gliedern sich nach Gewalt-, Eigentums-und Sexualdelikten sowie Verstößen gegen das Betäubungsmittel (BtMG),- Waffen (WaffG)-und Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Im Vergleich zu anderen Landkreisen wie Lörrach, Freudenstadt, oder Rottweil fällt beim Blick auf die Statistik auf, dass an den Bahnhöfen im Ortenaukreis deutlich mehr Straftaten begangen wurden. Die Bundespolizei erfasste etwa im ersten Halbjahr 2025 63 Gewaltdelikte. Dies stellte einen Höchststand in den vergangenen vier Jahren (37 im 1. Halbjahr 2021) dar. Zum Vergleich: Die drei genannten Landkreise weisen zusammen 37 Gewaltdelikte auf.

Es ist schwierig, die Landkreise miteinander zu vergleichen

Ähnliche Diskrepanzen zeigen sich bei den anderen Delikten. Insbesondere bei Verstößen gegen das AufenthG gibt es einen großen Unterschied: 186 Vorfälle wurden im 1. Halbjahr 2025 gemeldet – dies bedeutete die niedrigste Zahl seit dem 1. Halbjahr 2022. Der Landkreis Lörrach folgt dennoch mit deutlichem Abstand (29). Der Rückgang bei Verstößen gegen das BtMG ist auf die Legalisierung von Cannabis am 1. April 2024 zurückzuführen. Die Anzahl der Verstöße hat sich im 1. Halbjahr 2025 (56) im Vergleich zum 1. Halbjahr 2023 (104) nahezu halbiert.

Warum sind die Zahlen im Ortenaukreis höher als in anderen Landkreisen?

Zunächst gilt: Bei einem Vergleich von unterschiedlichen Landkreisen müsse neben der Kontrolldichte und dem Anzeige-und Meldeverhalten der Bürger auch die Einwohnerzahl und die vorhandene Infrastruktur der jeweiligen Städte betrachtet werden. „Ein pauschaler Vergleich ist daher nicht möglich“, so die Bundespolizei. Zudem sei zu beachten, dass der Ortenaukreis die meisten Bahnhöfe (93) im Vergleich zu Lörrach (39), Freudenstadt (30) oder Rottweil (11) aufweise. Der Anteil an Verstößen gegen das AufenthG – hier insbesondere die Anzahl unerlaubter Einreisen – stelle den höchsten Anteil an Straftaten dar, was auf die geografische Lage des Ortenaukreises an der landseitigen Binnengrenze zu Frankreich zurückzuführen sei. Unerlaubte Einreisen werden typischerweise an Bahnhöfen im Inland nicht in dem Maße festgestellt wie beispielsweise am Bahnhof in Kehl, erklärt die Bundespolizei.

Wie ist die Situation an den Bahnhöfen in Lahr, Offenburg und Kehl?

Der Lahrer Bahnhof weist erfreuliche Zahlen auf: Lediglich zwei Gewaltdelikte und zwei Verstöße gegen das AufenthG sind im 1. Halbjahr 2025 zu verzeichnen. Der Bahnhof in Kehl zählt im selben Zeitraum insgesamt 46 Straftaten, die Hälfte davon wegen Verstößen gegen das AufenthG (unerlaubte Einreisen aus Frankreich). Unerfreulicher Spitzenreiter ist der Offenburger Bahnhof mit 290 Straftaten, bei denen Verstöße gegen das BtMG (51) und das AufenthG (155) am häufigsten vorkommen.

Die Größe der Stadt sowie die zentrale Lage nahe der Grenze und zwischen Freiburg und Karlsruhe müsse man bei der Einordnung der Zahlen berücksichtigen, betont die Bundespolizei.

Was unternimmt die Bundespolizei gegen Straftaten an Bahnhöfen?

„Es werden gemeinsam mit der Polizei des Landes sowie anderen Sicherheits- und Ordnungspartnern geeignete Maßnahmen, wie beispielsweise gemeinsame Streifen im Rahmen der Sicherheitskooperation Baden-Württemberg, abgestimmt“, unterstreicht die Bundespolizei. Sogenannte „Quattro-Streifen“ seien etwa in Hamburg und Bremen im Einsatz. Sie bestehen aus Beschäftigten der Bundespolizei, Landespolizei, Sicherheitsdiensten der deutschen Bahn und des lokalen ÖPNV und seien ein Beispiel für eine erfolgreiche Zusammenarbeit, teilt die Bundespolizei mit.

Die bundesweiten Zahlen

Nach Angaben der Bundesregierung hat sich die Sicherheitssituation an Bahnhöfen im vergangenen Jahr verschlechtert. Demnach verzeichneten die Behörden den Zahlen der Polizeilichen Eingangsstatistik (PES) zufolge 2024 bundesweit in fast allen Bereichen einen Anstieg an Straftaten. So stieg die Zahl von Gewaltdelikten von 25 640 im Jahr 2023 auf 27 160 im vergangenen Jahr. Das entspricht einem Anstieg von 5,93 Prozent. Am stärksten stieg mit 19,18 Prozent die Zahl der Sexualdelikte – von 1898 auf 2262. Lediglich die Anzahl der Betäubungsmitteldelikte sank im vergangenen Jahr – um drastische 44,65 Prozent. Grund dürfte die Legalisierung von Cannabis sein.