SPD-Vorsitz: Ortenauer Sozialdemokraten blicken mit gemischtem Gefühl auf die Wahl der Bundesvorsitzenden

Welches Paar steht für "Weiter-so"? Wer schärft das Profil? Der Ausgang der laufenden Mitgliederbefragung über den neuen Parteivorsitz wird von Ortenauer SPD-Vertretern mit mulmigen Gefühlen begleitet. Es geht um den Frieden in der Partei.

Ortenau Am Samstagabend entscheidet sich, welches Team künftig die SPD-Spitze bildet. In einer Stichwahl müssen nun Klara Geywitz und Olaf Scholz gegen die in der Vorwahl Zweitplatzierten Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans antreten.

Die SPD steht am Scheideweg. Darin sind sich Experten einig. Genau so eindeutig ist die Einschätzung, dass der von den Parteimitgliedern lang ersehnte Veränderungsprozess nur gelingt, wenn sich die Genossen von der CDU als jetzigen Koalitionspartner in der Bundesregierung distanzieren. Aber deswegen die Groko platzen lassen? Dafür sprach sich keiner der von unserer Zeitung befragten SPD-Vertreter in der Ortenau aus. Hat das relativ lange Wahlverfahren bis jetzt der SPD genutzt? Welche Paarung an der Spitze wird favorisiert und welche Hoffnung verbinden die Ortenauer Genossen mit der Entscheidung? Zu diesen Fragen äußerten sich die Befragten gegenüber unserer Zeitung.

  Johannes Fechner, SPD-Bundestagsabgeordneter, hat keinen Zweifel daran, dass viele Ortenauer SPD-Mitglieder ihre Stimme abgegeben haben. "Als selbstbewusste Parteibasis haben wir natürlich über unsere neue Spitze diskutiert, mehr aber über Sachthemen, bei denen das neue Vorsitz-Team klare Kante zeigen muss." Das viel zu lange Wahlverfahren habe gezeigt, dass in der SPD die Parteibasis das letzte Wort hat. "Die Wahl ist offen. Entscheidend ist, dass wir alle nach der Wahl an einem Strang ziehen", so Fechner, woran er keinen Zweifel habe. Die Bürger wollten jetzt Sachpolitik statt Personaldiskussionen.

  Herbert Himmelsbach, Vorsitzender der SPD in Haslach und Steinach, stellt der Arbeit der Groko ein gutes Zeugnis aus. Seine Favoriten für die bevorstehende Wahl sind Klara Geywitz und Olaf Scholz. "Wenn man realistisch betrachtet, haben wir als Partei in der Regierungskoalition Einiges erreicht", betont Himmelsbach. Er hofft, dass nach dem für seinen Geschmack viel zu langem Wahlverfahren wieder Frieden und Geschlossenheit einkehrt.  Agnes Garnschröder, Vorstandsmitglied der SPD Neuried geht davon aus, dass sich 70 Prozent der SPD-Mitglieder an der Wahl beteiligen werden. Ihre Favoriten sind Klara Geywitz und Olaf Scholz. "Der Ortsverband schätzt die direkte Wahlmöglichkeit des Parteivorstands und beteiligt sich. Das ist für uns gelebte Demokratie von der Basis." Auch wenn das Wahlverfahren nichts bei den Umfragewerten gebracht habe, konnte sich jedes Mitglied einbringen.

  Karl-Rainer Kopf, SPD-Chef im Ortenaukreis, hat seine Stimme bereits am Dienstag abgegeben. Für wen, verrät er nicht. Grundsätzlich begrüßt er basisdemokratische Wahlverfahren. Ob das bei der Wahl der Vorsitzenden Sinn macht, zieht er allerdings in Zweifel. "Irgendwann muss es einfach eine Entscheidung geben. Dafür werden Delegierte schließlich gewählt", so Kopf. Dennoch geht er davon aus, dass in der Ortenau mehr SPD-Mitglieder das neue Führungsduo gewählt haben als der Bundesdurchschnitt.   Heinz Siefert, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Kippenheim/Mahlberg, fürchtet, dass die Wahlbeteiligung nicht allzu hoch sein wird. "Es gelang – soweit ich das beurteilen kann – nur bedingt, die Mitglieder für die Wahl zu begeistern. Die große Begeisterung ist leider nicht eingetreten", so Siefert. Dennoch habe die SPD bewiesen, dass sie in wichtigen Entscheidungen die Parteimitglieder einbinden will und auch kann. Mehr Basisdemokratie geht kaum. Das Wahlverfahren spreche für eine "lebendige Parteikultur".