Auf dem Weg in die Verhandlungen: Landesvorsitzender Thomas Strobl (Mitte) mit dem Team der CDU auf dem Weg zum alten und wahrscheinlich auch neuen Koalitionspartner – den Grünen. Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion Südbaden wünscht sich derweil, die ganze Partei – inklusive Führungsspitze – auf den Prüfstand zu stellen. Foto: Weissbrod Foto: Lahrer Zeitung

Kritik: Mittelstands- und Wirtschaftsunion Südbaden fordert von CDU einen "Erneuerungsprozess"

Der südbadische Arbeitgeberflügel der CDU kritisiert die eigene Mutterpartei. Trotz Wahlschlappe im März sei noch kein Erneuerungsprozess zu erkennen. Die Politik solle nun von der Wirtschaft lernen, so die Forderung.

Ortenau (red/ma). "Der Ausgang der Wahl in Baden-Württemberg war seit längerer Zeit absehbar", heißt es in einer Mitteilung der MIT. Bereits im November hätten sich die vier Bezirksvorsitzenden in Baden-Württemberg in einem offenen Brief an die Bundes-CDU gewandt. In einer klaren und deutlichen Sprache habe man gehofft, dem Generalsekretär Paul Ziemiak die Stimmung der Basis und die Dringlichkeit des faktischen Handelns vermitteln zu können. "Der anschließende standardisierte Austausch und die spätere Antwort auf diesen Appell verdeutlichten die mangelnde Wertschätzung der vorgetragenen Anliegen und die realitätsferne Art der Wahrnehmung", konstatiert der MIT-Bezirksverband Südbaden. "Das Erwachen am Wahlabend mag daher auch für manchen überraschend und schmerzlich gewesen sein."

Der Wahlausgang gründe sich nicht nur auf Maskenskandal und Corona, sondern habe weitere, tiefer liegende Ursachen. "Der Ausgang der Landtagswahl in Baden-Württemberg, analog zu den Verlusten bei vorherigen Wahlen, ist nur die Spitze einer jahrelangen Entfremdung zwischen der Basis einer Volkspartei und deren Vertretern", betont die innerparteiliche Interessensvertretung. Warnende Rufe habe es viele gegeben – gebe es auch immer noch. Die Frage sei allerdings, ob man sie hören beziehungsweise darauf reagieren wolle.

Parteispitze soll mit auf den Prüfstand

"Wenn ein mittelständisches Unternehmen eine solche Resonanz über Jahre hinweg auf seine Angebote erfahren würde, wäre es längst insolvent und vom Markt verschwunden", lautet das deutliche Urteil der MIT. Der Inhaber wäre nicht nur in persönliche Haftung genommen worden, sondern hätte alles verloren.

Um das zu verhindern, nähmen Unternehmer rechtzeitig eine komplette "Inventur" vor. Von der Geschäftsführung, über die Mitarbeiter, selbst die Kunden- und Lieferantenbeziehungen – alles würde auf den Prüfstand gestellt und nichts wäre von der Betrachtung ausgenommen worden, betont die MIT.

Die Gesamtheit dieser Erkenntnisse mündete dann in konkrete Umsetzungsstrategien beziehungsweise lösten einen Erneuerungsprozess aus. Scheue man diese Vorgehensweise, so sei der wirtschaftliche Erfolg und somit zugleich das Überleben dieses Betriebs gefährdet. "Die CDU kann – will sie überleben und weiter mitgestalten – nicht länger warten, die vorangegangenen Wahlen endlich ehrlich zu analysieren und einen Erneuerungsprozess einzuleiten", fordert der MIT-Bezirksverband Südbaden. Eine Volkspartei müsse den Anspruch haben, inhaltlich und personell die Realität der täglich hart arbeitenden Bürger wahrzunehmen und den erhaltenen Auftrag greifbar in der parlamentarischen Arbeit auszuführen. "Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion Südbaden wird nicht nur die angekündigte ›Inventur‹ weiterhin einfordern, sondern auch den Prozess kritisch und, wenn nötig auch aktiv, begleiten", so das Fazit.

Bei der Landtagswahl vom 14. März landete die CDU mit 24,1 Prozent der Stimmen in Baden-Württemberg in einem historischen Tief (minus 2,9 Prozent). In der Ortenau schnitten die Christdemokraten mit 25,7 Prozent etwas besser ab, verschlechterten sich jedoch gegenüber 2016 um 3,4 Prozent. Die Direktmandate aller drei Ortenauer Wahlkreise gingen an die Kandidaten der Grünen, den drei CDU-Kandidaten gelang nur über Zweitmandate der Einzug in den Landtag.