Der Kreiselmord hat in der Ortenau für viel Ausehen gesorgt. Nun wurden die Plädoyers gehalten. Foto: Goltz

Staatsanwaltschaft und Verteidiger halten Plädoyers. Endgültiges Urteil wird am 22. Juli erwartet.

Offenburg - War die Gewalttat in der Nähe des Kreisverkehrs zwischen Offenburg und Ortenberg im vergangenen Jahr ein gemeinschaftlicher Mord? Am Montag haben Staatsanwaltschaft und die fünf Verteidiger des angeklagten Ehepaars ihre Plädoyers gehalten.

Rechtsanwalt Jörg Decker, der den Sohn des Opfers als Nebenkläger vertritt, stellte die Frage, ob die Eheleute "mit der Tat eine zerrüttete Ehe wieder herstellen wollten". Er kritisierte, dass sich keiner der beiden Angeklagten im Prozess geäußert hatte. Ob die Beschuldigten in 14 Tagen, wenn sie das letzte Wort vor dem Urteil haben, von diesem Gebrauch machen, sei hier nicht die Frage. Sein abwesender Mandant, der "seinen Vater und den besten Freund" verlor, habe einen Anspruch auf eine Entschuldigung.

Staatsanwältin Miriam Kümmerle plädierte auf Mord, den beide Angeklagten heimtückisch begangen hätten. Sie erklärte in ihrem Antrag aber, dass sie keine niederen Beweggründe – ein weiteres Mordmerkmal – erkennen würde. Das Opfer, das mit der Angeklagten einen Chat mit teilweise erotischem Inhalt unterhalten hatte, sei aber arg- und wehrlos gewesen. Daher rühre die Heimtücke, die sie anklagen würde. Kümmerle stellte dem Gericht – nach den zahlreichen Aussagen und Spuren, die als Indizien vorhanden sind – vor, wie sich der Mord ereignet haben könnte.

Angeklagte stand unter Medikamenten- und Alkoholeinfluss

Die Angeklagten hätten das Opfer in die Nähe des Kreisverkehrs gelockt. Danach habe der Ehemann mehrfach auf das Opfer geschossen. Man habe DNA des Mannes am Tatort gefunden sowie Schmauchspuren bei ihm. Sie forderte eine lebenslange Freiheitsstrafe. Seine Frau, die sicher am Tatort war, habe sich an der Vorbereitung der Tat beteiligt. Ihrer Aussage gegenüber der Polizei, dass sie geschossen habe, folgte Kümmerle nicht. Es hätten sich bei der Angeklagten keine Schmauchspuren gefunden. Außerdem habe sie sich in den Aussagen, die sie gemacht hatte, in teilweise erhebliche Widersprüche verwickelt. Auch für sie forderte Kümmerle eine lebenslange Freiheitsstrafe.

Die Rechtsanwälte Miriam Weiss, Julia Settele und Martin Stirnweiss vertreten den 54-jährigen Beschuldigten. Weiss erklärte zuerst, dass es aufgrund der Spuren und der Zeugenaussagen Alternativen zu dem Szenario der Anklage geben würde.

Da die Angeklagte am Tatabend Medikamente und Alkohol zu sich genommen habe, seien ihre Fehler bei den Aussagen auf Erinnerungslücken zurückzuführen. Auch bei den Zeugenaussagen habe es erhebliche Unterschiede gegeben. So hätten Zeugen einen Streit wahrgenommen, aber keine Schüsse. Bei anderen verhalte es sich genau umgekehrt. Das alles ergebe kein stimmiges Bild.

Dass die Angeklagte am Tatort gewesen sei, bestritt Weiß nicht. Sie stellte das Geschehen so dar, dass der Getötete zudringlich geworden sei und sie sich gewehrt habe. DNA-Spuren könnten falsch sein, Weiss verwies auf das "Phantom von Heilbronn". Settele stellte den Charakter des Angeklagten in den Mittelpunkt ihres Plädoyers. Nach allen Aussagen – eine Therapeutin war von der Schweigepflicht entbunden worden – würde ihr Mandant keinerlei Motiv haben. Das hätten alle Zeugenaussagen zugunsten des Angeklagten ergeben.

Alle drei Verteidiger fordern Freispruch für ihren Mandanten

Alle drei Verteidiger forderten einen Freispruch, da der Grundsatz im Zweifel für den Angeklagten immer gelten müsse. Und: "Erhebliche Zweifel" seien bei der Beweisaufnahme nicht ausgeräumt worden.

Dem schlossen sich Holger Sawatzki und Marc Kutschera an. In ihren Plädoyers forderten sie für die Angeklagte ebenfalls einen Freispruch. Die Aussagen der Polizei seien unter Druck entstanden. Zudem habe die Frau auf keinen Fall irgendeinen Plan vor der Tat gehabt. Kutschera argumentierte, dass der Chat, der vor Gericht ausgewertet werden konnte, für die Angeklagte positiv anzusehen sei.

Warum sollte sie denn einen Plan zu Ermordung des "Partners" fassen? Die Tatsache, dass die Ehe zerrüttet war, spreche auf keine Fall für einen gemeinsamen Plan, einen Mord zu begehen.

Der Prozess am Landgericht Offenburg hat im Februar diesen Jahres begonnen. Die Angeklagten werden beschuldigt, im Mai 2018 das Opfer an den Kreisverkehr zwischen Offenburg und Ortenberg gelockt und getötet zu haben. Am Montag, 22. Juli, haben die Angeklagten mit den letzten Worten die Gelegenheit, etwas zu sagen. Das Urteil soll am selben Tag verkündet werden.