Rund 120 Stellen will das Ortenau-Klinikum in den nächsten beiden Jahren abbauen. Foto: Kästle

Ortenau-Klinikum: Verwaltung plant massive Einsparungen / Stellenabbau durch "natürliche Fluktuation"

Offenburg - Das Ortenau-Klinikum hat dem Klinik-Ausschuss am Dienstag unter anderem mögliche Sparmaßnahmen vorgelegt – inklusive einem Stellenabbau. Kündigungen aufgrund von "Sparzwängen" soll es jedoch nicht geben.

"Durchschnittliche Verweildauer" soll möglichst gesenkt werden

Das größte Einsparpotenzial sieht das Klinikum laut vorgelegtem Konzept unter anderem in einer "bedarfsgerechten Reduktion des Personalbestandes". Das Ergebnis vor Zinsen und Abschreibungen könne durch einen Personalabbau von 119 Vollkräften um rund acht Millionen Euro jährlich verbessert werden.

"Selbstverständlich gibt es keine betriebsbedingten Kündigungen aus Sparzwängen", erklärt der Klinikverbund am Mittwoch in einer Mitteilung an die Mitarbeiter, die auch den Medien zuging. Als "kommunales Haus" wolle das Klinikum in den kommenden zwei Jahren die "natürliche Fluktuation" zum Stellenabbau nutzen.

Auch eine vorzeitige Umwandlung der Kliniken Oberkirch und Ettenheim zu "Zentren für Gesundheit" biete nach Einschätzung des Klinikums großes Einsparpotenzial. Überdies sollen durch Wechsel von Anbietern sowie durch Bündelung von Sachmitteln bis 2030 rund 9,4 Millionen Euro eingespart werden. Der Rotstift wird zudem wohl auch bei Beratungskosten (bis zu vier Millionen Euro bis 2030) und Mitgliedsbeiträgen – beispielsweise für das "digitale Nachschlagewerks für Mediziner" – (rund zwei Millionen Euro) angesetzt.

Besonders heikel: Auch die "durchschnittliche Verweildauer" – also wie lange ein Patient im Schnitt im Krankenhaus liegt – soll möglichst gesenkt werden. Da in der Vergangenheit Patienten im Schnitt etwas länger als durch Fallpauschalen abgedeckt in den Kliniken behandelt wurden, bedeutete dies für das Klinikum einen Verlust.

Defizit könnte um 120 Millionen Euro niedriger ausfallen

Werden Patienten also künftig früher entlassen? "Dieses Ziel bezieht sich auf den Durchschnitt aller Patienten", betont das Klinikum. Unter anderem soll das Belegungsmanagement effizienter gestaltet werden. Der Einzelne werde nach wie vor nach dessen Bedürfnissen behandelt.

Es soll jedoch nicht nur gespart, sondern in einigen Bereichen auch der Erlös gesteigert werden – laut Einschätzung des Klinikums liege das größere Potenzial jedoch bei den Einsparungen. "Sofern keine Maßnahmen zur wirtschaftlichen Stabilisierung ergriffen werden, wird das bislang prognostizierte Defizit bis 2030 tendenziell über 280 Millionen Euro ansteigen", so das Fazit des Klinikums. Sollten aber alle Vorschläge umgesetzt werden, könnte das Defizit um 120 Millionen Euro niedriger ausfallen.

Anlass für die Anfertigung der "Handlungsoptionen" war ein Antrag der Freien Wähler im September. Die Klinikleitung war darin aufgefordert worden, dem Kreistag Vorschläge zu unterbreiten, wie das jährliche Defizit deutlich verringert werden könne – ausdrücklich ohne Denkverbote.

Diese Vorschläge hat die Klinikleitung dem Ausschuss am Dienstag in einer nicht-öffentlichen Sitzung vorgestellt – lagen unserer Redaktion jedoch bereits vor. Wie berichtet, gab es vor der Ausschusssitzung ein Hintergrundgespräch mit der Klinikleitung. Die Kreisverwaltung legt wert auf die Feststellung, dass der Presse während dieses Gesprächs die Sitzungsvorlagen von Dritten zugespielt wurden. Der Ausschuss sprach sich mit 20 Ja-Stimmen bei einer Enthaltung und einer Gegenstimme dafür aus, dass die Kreisverwaltung Beschlüsse für die vorgeschlagenen Maßnahmen vorbereiten solle.

Rechtsform

Das Ortenau-Klinikum soll künftig kein Eigenbetrieb des Landkreises mehr sein, sondern eine "Anstalt des öffentlichen Rechts" unter Leitung eines Verwaltungsrats. Dem stimmte der Ausschuss mit 16 Ja-Stimmen gegen drei Nein-Stimmen zu.

Eine Entscheidung, die unter anderem beim Ettenheimer Bürgermeister nicht gut ankam: "Das wäre eine Selbstkastration des Kreises", erklärte Bruno Metz am Dienstagabend in einer Gemeinderatssitzung. Er bekam das Abstimmungsergebnis während der Sitzung auf sein Handy.