Rechtsanwalt Kirpes aus Offenburg ist bekannt dafür, aufsehenerregende Fälle zu übernehmen.
Offenburg - Der Offenburger Rechtsanwalt Reinhard Kirpes ist ein Mann für spektakuläre Fälle. Kürzlich erreichte er, dass die Polizei die Überwachung eines Ex-Sicherungsverwahrten sofort einstellen musste. Für seine Arbeit erntet er nicht nur Zustimmung.
Wer im Wartezimmer der Kanzlei sitzt und einen Termin bei Reinhard Kirpes hat, sollte keine Angst vor großen Hunden haben. Denn wenn der Anwalt die Tür seines Büros öffnet, könnte es sein, dass man in die Augen von "Lady" blickt – einer im wahrsten Sinne des Wortes Respekt einflößenden Dobermann-Hündin. Die hört aber aufs Wort, sitzt während des Gesprächs brav neben dem Schreibtisch.
Vielleicht ist es besser, dass er »Lady« an seiner Seite hat. Immerhin ist Kirpes kein unumstrittener Anwalt. Sein Einsatz für Ex-Sicherungsverwahrte etwa kommt in der rechten Szene nicht gut an. Auf einer Internetseite Rechtsradikaler wird er als "ehrenwerter Winkeladvokat" oder "selbst ernannter Ritter für Gerechtigkeit" betitelt.
"Vor etwa einem Jahr haben Rechte meinen Namen und meine Adresse im Internet veröffentlicht, weil ich für einen Mandanten vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zog", sagt er. Die Richter in Straßburg entschieden, dass die nachträgliche Sicherungsverwahrung rechtswidrig ist. Das war 2010.
Zuvor war Kirpes’ Mandant 1985 wegen Vergewaltigung zu einer fünfjährigen Strafe verurteilt worden. Es folgte eine rechtmäßige zehnjährige Sicherungsverwahrung, der sich eine erneute zehnjährige anschloss. Dagegen prozessierte Kirpes. Es folgte die Entlassung 2010. Seither war der Mandant zwar frei, wurde aber permanent bewacht.
Die "engmaschige Überwachung" sei ein erheblicher Eingriff in die Persönlichkeitsrechte gewesen, sagt Kirpes. Seit der jüngsten Entscheidung des Verwaltungsgerichts Freiburg darf die Polizei den Mann nicht mehr verfolgen.
Kirpes, ein Offenburger Anwalt mit luxemburgischen Wurzeln, ist bekannt dafür, solche und andere spektakuläre Fälle zu übernehmen – seien sie wegen Kapitalverbrechen oder Terrorverdachts.
"In all den Jahren habe ich nur einen echten Killer getroffen"
Kirpes engagiert sich auch im Kampf gegen Rechtsextremismus
Sein Antrieb? "Wenn ich den Eindruck bekomme, dass die Menschen- oder Bürgerrechte mit Füßen getreten werden, engagiere ich mich." Dass die Verhandlungen auch öffentlichkeitswirksam sind, sei für ihn zweitrangig. "Ob ich durch mein Engagement andere als Mandanten verliere, ist mir egal", sagt er und wirkt, als meine er es so.
In dubio pro reo, im Zweifel für den Angeklagten – das ist Kirpes’ tiefe Überzeugung. Er sagt aber auch: "Wer Schlimmes getan hat, muss bestraft werden. Es muss aber ein faires Verfahren sein und das Recht muss für alle gelten." Bei dem geringsten Zweifel müsse es einen Freispruch geben.
In seiner Laufbahn hat Kirpes schon viele Menschen verteidigt, die wegen Mordes oder Totschlags angeklagt waren. "In all den Jahren habe ich aber nur einmal einen wahren Killer getroffen, der völlig frei von Empathie war", erinnert er sich. Das war 2005, als er die Opferseite im Prozess gegen einen Serientäter vertrat, der um die Jahrtausendwende in Kehl zwei Frauen ermordet hatte.
Bei den meisten Tätern sei das anders. Oft spielten unglückliche Umstände eine Rolle. Die Schwere einer solchen Tat will Kirpes aber nicht kleinreden.
Er ist überzeugt und macht daraus keinen Hehl, dass Wirtschaftskriminelle oder Hintermänner von Lebensmittelskandalen mehr kriminelle Energie haben als jemand, der einen Menschen im Affekt tötet.
Neben der Arbeit als Anwalt engagiert sich Kirpes im Kampf gegen Rechtsextremismus. Sein Urteil fällt deutlich aus: "Rechtes Gedankengut gibt es auch heute noch mitten in der Gesellschaft." Die Überzeugung, dass kein Mensch besser ist als ein anderer wuchs schon in früher Kindheit. "Meine Eltern haben mich mit der Aufklärung über die Nazi-Vergangenheit Deutschlands nicht geschont", sagt er.
Über sein Privatleben spricht der Anwalt ungern. Zu groß sei die Gefahr, dass es die falschen Menschen lesen. Rechte Gruppen schreckten in der Vergangenheit nicht davor zurück, ihm Droh-E-Mails und Nachrichten mit den Worten "Wir kriegen dich" zu schicken. Beirren lassen möchte er sich aber nicht: Er will weiter für das Aufenthaltsrecht von Asylbewerbern und die Aufklärung über rechte Gewalt eintreten.
Weitere Informationen:
www.kirpes-rechtsanwalt.de