Sirenen, wie hier auf einem Freiburger Hausdach, gibt es in der Ortenau nicht mehr in jeder Gemeinde. Foto: von Ditfurth

Warntag: Unverständnis im Netz, viele Nutzer nehmen es mit Humor / Behörde will Konzept verbessern

Ortenau - Groß war die Erwartung am Donnerstagvormittag: Beim Bundesweiten Warntag sollten ab 11 Uhr die Sirenen heulen. In vielen Gemeinden blieb es jedoch still – so etwa in Lahr oder auch in Kehl. Denn verpflichtet mitzumachen, war keine Kommune.

 

Sirenen heulen leise oder bleiben ganz still 

Leise hallt das an- und abschwellende Heulen einer einzelnen Sirene in Gengenbach durch das vordere Kinzigtal. Andernorts bleibt es am Donnerstagvormittag sogar ganz still. Das sorgt prompt für Verwunderung in den Sozialen Netzwerken so beispielsweise auf Facebook in der Gruppe "Du bist aus Lahr, wenn....": "In Deutschland funktioniert auch rein gar nichts", ärgerte sich dort ein Nutzer im Nachgang der Aktion.

"Ist wohl ein stiller Probealarm", scherzt ein anderer. "Als um 11 Uhr nix kam, hab ich trotzdem mal den Fernseher eingeschaltet. Da kam eine Laufschrift, dass das was wir nicht hören nur ein Probe-Alarm ist", so ein dritter.

Viele haben den Alarm nicht gehört 

Aus vielen Gemeinden in der Ortenau meldeten sich auf Facebook Menschen, die gar nichts vom Alarm mitbekommen haben. So soll es unter anderem in Lahr, Kappel-Grafenhausen, Kippenheim, Friesenheim und Offenburg still geblieben sein. Andere Nutzer schreiben, dass in Meißenheim und Schwanau Sirenen zu hören gewesen seien – jedoch nur leise. "Nicht mal unser Hund hat darauf reagiert und weiter geschlafen. Im Ernstfall hört es die halbe Gemeinde nicht", berichtet eine Nutzerin aus Kürzell. "In Ottenheim war’s zu hören aber ich bezweifle, dass es überhaupt alle gehört haben. Dachte, es wäre lauter", ergänzt eine weitere.

Doch wieso hat das mit dem Probealarm nicht so richtig funktioniert? "Bei diesem ersten Warntag war es den Kommunen freigestellt teilzunehmen", erklärt Urs Kramer, Leiter des Amts für Brand- und Katastrophenschutz, auf Nachfrage unserer Zeitung.

Die Städte Lahr und Achern hätten beispielsweise von Anfang an erklärt, sie würden nicht mitmachen. "Die Ursachen sind vielfältig", führt Kramer aus. Viele Kommunen hätten ihre Sirenen aus Alters- oder Kostengründen abgebaut. Alte Modelle seien zudem nicht in der Lage, den notwendigen an- und abschwellenden Ton zu erzeugen.

Sirenen im Kreis sind veraltet oder abgebaut 

Die Stadt Kehl hatte bereits im Vorfeld per Pressemitteilung informiert, dass dort keine Sirenen heulen werden. "Die Feuerwehr, die sich auch für den Bevölkerungsschutz verantwortlich zeichnet, hat in den 1970er-Jahren ihre Alarmierung auf Funktechnik umgestellt", hieß es zur Erklärung. In diesem Zuge seien die Sirenen 1992 außer Betrieb genommen und teilweise abgebaut worden.

Sowohl Kehl, als auch viele andere Gemeinden und das Landratsamt selbst hatten alternativ auf die Warn-App Nina hingewiesen. Doch die vielbeworbene App des Bundes löste am Donnerstag an vielen Orten gar nicht oder erst mit einer halben Stunde Verzögerung aus – im echten Notfall natürlich eine Katastrophe für sich. "Bei uns in Offenburg hat Nina erst um 11.31 reagiert", berichtet auch Kramer im Gespräch mit unserer Zeitung. "Ich habe versucht über das Regierungspräsidium in Erfahrung zu bringen, woran es lag", erklärte der Amtsleiter, doch dort habe man ihm noch nichts sagen können. "Das wird sich wohl erst in den kommenden Tagen zeigen."

Kreisweites Konzept für nächstes Jahr geplant 

Trotz offensichtlichen Schwächen zeigt sich Kramer zufrieden mit dem Probelauf: "Wie erwartet", sagt er und lacht, "nicht perfekt, aber es hat funktioniert." Der Warntag sei auf jeden Fall sinnvoll gewesen, immerhin habe er "noch enormes Potenzial uns zu verbessern" offengelegt. Die Lücken im System gelte es jetzt zusammen mit den Kommunen zu analysieren. "Ich hoffe, dass zukünftig mehr Gemeinden mitmachen", erklärt Kramer.

Für das nächste Jahr wünsche er sich ein kreisweites Konzept, das Gemeinden und Landratsamt gemeinsam erarbeiten sollten. Dieses solle dann sowohl die klassischen Sirenen, als auch digitale Komponenten, wie die Warnung aufs Handy enthalten. Den Ärger im Netz sieht er entspannt: "Kein Meister ist vom Himmel gefallen", so Kramer. Für seine Behörde sei der Warntag eine Herausforderung gewesen. "Wir schauen jetzt, dass wir besser werden."

Bundesministerium: Alarm fehlgeschlagen 

Nicht nur der Ortenaukreis war von der Verzögerung bei der Warn-App betroffen – in ganz Deutschland trat das Problem auf. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe erklärte die Panne mit der zeitgleichen Auslösung einer Vielzahl von Warnmeldungen. Das Bundesinnenministerium bezeichnete den Probealarm als "fehlgeschlagen".