Seit Wochen gehen in Hongkong Menschenmassen auf die Straße. Für Chiu Kit Lam aus Offenburg sind die Polizeimaßnahmen reine Unterdrückung und keine Reaktion auf die Proteste. Foto: Thiam

Chiu Kit Lam organisiert von Deutschland aus bundesweite Unterstützung für Protest gegen China.

Offenburg - "Freiheit, Demokratie und Menschenrechte stehen nicht einfach nur im Gesetzbuch. Dafür muss man kämpfen", meint Chiu Kit Lam. Von Offenburg aus organisiert der gebürtige Hongkong-Chinese Unterstützung für den Protest.

Vor zehn Jahren habe ihn seine heutige Frau auf der Straße vor der Uni in Hongkong gefragt, ob seine erste Heimat Hongkong demokratisch und frei bleiben werde. "›Na klar‹, habe ich ihr damals gesagt", erinnert sich Chiu Kit Lam und ahnte nicht, wie sich die Lage entwickelt wird. "Wenn ich mich heute für die Demokratiebewegung in Hongkong einsetze, geht es mir auch um meine zweite Heimat Deutschland", meint der 29-jährige Maschinenbau-Ingenieur. Die wirtschaftlichen Beziehgungen zwischen China und Deutschland seien vielfältig. Er fordert mehr Druck auf China.

Die Geschwindigkeit des Wandels in Hongkong sei atemberaubend. Mitarbeiter chinesischer Unternehmen, die bei Demonstrationen von den Kameras der offiziellen Behörden erkannt werden, haben mit Kündigungen zu rechnen, soziale Netzwerke seien praktisch abgeschaltet. "Ein Leben ohne Facebook war für Hongkonger vor zehn Jahren undenkbar und ist heute Realität. Es gibt in Hongkong kein Internet mehr, sondern nur noch ein Intranet der Regierung in Peking", so Chiu Kit Lam. Aus seiner Sicht zeigen selbst die Bilder in westlichen Medien nur die halbe Wahrheit. "Es geht nicht um eine Konfrontation, sondern um Unterdrückung. Es sieht in den Nachrichtenbeiträgen hier in Deutschland oft so aus, als ginge die Gewalt von beiden Seiten aus", kritisiert Lam. Eine andere Geschichte erzählten hingegen die ungeschnittenen Videos von Demonstranten, die er immer wieder bei Vorträgen zeigt. Die Gewalt der chinesischen Polizei erscheine in diesen Videos willkürlich und sei keinesfalls eine Reaktion auf die Proteste, betont Lam. Dafür will er weiter sensibilisieren und hat sogar seinen Beruf als Ingenieur zum Jahresende gekündigt, um "hauptberuflich" als Lobbyist der Demokratiebewegung zu wirken. Er sammelt Geld für die Öffentlichkeitsarbeit, unter anderem für Inserate in überregiongalen Tageszeitungen wie der Süddeutschen und der FAZ.

Nicht ohne persönliches Risiko. Tatsächlich habe er lange überlegt, ob er sich mit seinem vollen Namen für die Protestbewegung einsetzt. Seine Eltern leben immer noch in Hongkong und China hat einen mächtigen Sicherheitsapparat, der weltweit vernetzt ist. Wie die Demonstranten fordert er demokratische Reformen in Hongkong, die verbindliche und formelle Rücknahme des umstrittenen China-Auslieferungsgesetzes und eine Kommission, die das umstrittene Vorgehen der Hongkonger Polizei der vergangenen Wochen aufklärt. Und von Deutschland wünscht sich Lam eine deutlichere Positionierung in der Hongkong-Frage. "Wir wünschen uns, dass möglichst viele Leute an die deutsche Regierung und die EU appellieren, Druck auf Hongkong und China auszuüben, durch Sanktionen und Verbote für Waffenexporte zum Beispiel", erklärte auf Anrage unserer Zeitung.