Kräfte bündeln, um junge Straftäter vor einer Verbrecher-Karriere zu bewahren: Gericht, Staatsanwaltschaft, Jugendamt und Polizei arbeiten im "Haus des Jugendrechts" eng zusammen, damit niemand durchs Raster fällt.                        Foto: Symbolfoto: Polizeiliche Kriminalprävention

Staatsanwaltschaft, Behörden und Polizei arbeiten unter einem Dach. Corona bremst Pilotprojekt.

Offenburg (red/ma) - Das "Haus des Jugendrechts" in Offenburg hat im Februar seine Arbeit aufgenommen. Dort bündeln Polizei, Staatsanwaltschaft und Kreis ihre Kräfte, um junge Straftäter wieder aufs richtige Gleis zu setzen. Doch Corona bremst ihre Arbeit aus.

Kaum eröffnet, macht die Corona-Pandemie den Verantwortlichen die Arbeit schwer: "Leider wurden wir nur wenige Wochen nach Aufnahme des Betriebs im Haus des Jugendrechts durch die erforderlichen Schutzmaßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie merklich ausgebremst", berichtet Andreas Wurth, Jugenddezernent bei der Staatsanwaltschaft Offenburg.

Das übergeordnete Ziel aller Protagonisten der Offenburger Einrichtung ist jedoch weiterhin klar: Jugendliche Straftäter sollen künftig keine Verbrechen mehr begehen. "Um dieses Ziel zum Erfolg werden zu lassen, ist es besonders wichtig, dass möglichst alle am Verfahren beteiligten Stellen eng und intensiv zusammenarbeiten", erklärt Herwig Schäfer, Chef der Staatsanwalt, das Prinzip. Nur so könne man sicherstellen, dass zeitnah und individuell – unter Berücksichtigung der Persönlichkeit und des Umfelds des Jugendlichen – auf dessen Verhalten reagiert werden kann.

Wehmut, mit dem vielversprechenden neuen Projekt nicht direkt durchstarten zu können, zeigt sich auch auf Seiten der Polizei. "Die Prävention an Schulen, ein wesentlicher Bestandteil unserer Arbeit, kann leider derzeit aufgrund der Covid-19-Pandemie nicht umgesetzt werden", erklärt Stephan Krämer, Koordinator auf Seiten des Polizeireviers Offenburg. Sobald der Betrieb wieder anläuft, wolle man daher schnell versuchen, mit den Schulen Termine zu vereinbaren. Wegen der Schutzmaßnahmen, werde das wohl aber erst im kommenden Jahr gelingen, befürchtet Krämer.

Der Kern der Arbeit bilden die Fallkonferenzen: In diesen bewerten Staatsanwaltschaft, Polizei, Landratsamt und Amtsgericht gemeinsam die Situation, um dann das weitere Vorgehen im Einzelfall abzustimmen, erklärt die Staatsanwaltschaft. Die Erziehungsberechtigten werden dabei genauso einbezogen wie andere Organisationen. "Die durch das Haus des Jugendrechts geschaffenen kurzen Drähte optimieren nicht nur die Zusammenarbeit unter den beteiligten Behörden und Projektpartnern, sondern auch die Interventionsmöglichkeiten gegen die Jugendkriminalität", ist Polizeipräsident Reinhard Renter überzeugt.

Trotz Corona habe man die vergangenen Monate aber auch sinnvoll nutzen können, ist Oberamtsanwalt Wurth sicher. Bereits jetzt habe die gemeinsame enge Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern der Polizei und des Jugendamts sich als gewinnbringend erwiesen. "Wir haben bereits arbeitsteilig verschiedene Aufgaben und Ziele in Angriff genommen und Überlegungen zu künftigen Projekten angestellt", erklärt der Jurist und nennt einen Opferschutzfonds oder die Ausweitung möglicher Einsatzstellen für die Leistung von Arbeitsstunden als Beispiele. "Zugleich wurden in enger Absprache Informationsflüsse und Arbeitsabläufe optimiert", sagt Wurth.

Derzeit laufen erste Fallkonferenzen an, heißt es von der Staatsanwaltschaft. Neben zeitnahen gerichtlichen Maßnahmen sollen diese auch dem Jugendamt die Chance geben, einen möglichen Hilfebedarf der Jugendlichen zu prüfen.

Wer ist zuständig?

Zunächst ist das Pilotprojekt "Haus des Jugendrechts" für Straftäter in Offenburg und Durbach zuständig. Hinzu kommen junge Menschen aus dem gesamten Landgerichtsbezirk, die als "jugendliche Intensivtäter" eingestuft werden. Bereits bei der Erstellung des Konzepts wurden weitere Standorte in den Großen Kreisstädten Kehl und Lahr ins Auge gefasst, erklärt die Staatsanwaltschaft Offenburg. Konkrete Planungen hierzu bestünden bisher aber noch nicht.