Rund 450 Demonstranten machten am Sonntag vor dem Offenburger Rathaus ihrem Ärger über die Maskenpflicht in Grundschulen Luft – viele Teilnehmer trugen dabei offenbar selbst keine Masken. Foto: Einsatz-Report 24

Corona: 450 Menschen demonstrieren am Sonntag in Offenburg gegen die Maskenpflicht in Grundschulen

Rund 450 Menschen haben am Sonntag in Offenburg gegen die Maskenpflicht in Schulen protestiert – teilweise ohne Mund-Nasen-Schutz oder Sicherheitsabstand. Die Demo aber aufzulösen, wäre unverhältnismäßig gewesen, betont die Stadt.

Offenburg - Mancher Betrachter mag sich mit Blick auf erneut steigende Infektionszahlen im Kreis wundern: Fotos von der Veranstaltung zeigen eine große Gruppe Menschen, viele stehen je nach Bild eng auf dem Platz vor dem Offenburger Rathaus beieinander. Es fällt auf, dass die wenigsten der Abgebildeten dabei Schutzmasken tragen.

"Ich war entsetzt", berichtet Jenny Haas, Sprecherin der Initiative Aufstehen gegen Rassismus Offenburg. Sie habe die Veranstaltung beobachtet, weil diese im Vorfeld unter anderem auch in "rechten Kanälen" der sozialen Medien beworben worden sei. "Da hatten definitiv die wenigsten eine Maske an", betont sie am Montag gegenüber unserer Redaktion.

Bei einem Großteil soll es sich laut Polizei um Eltern von Schulkindern gehandelt haben. Diverse Redner wollten die Demonstration jedoch wohl auch nutzen, um gegen die Maskenpflicht und Corona-Maßnahmen allgemein zu protestieren, berichtete die regionale Nachrichtenagentur Einsatz-Report 24 bereits am Sonntag. Das bestätigte auch Haas: "Unter den Plakaten waren alle möglichen Botschaften dabei", betont sie, auch "rechte". Unter den Demonstranten hätten sich zudem Stadträte der AfD sowie bekannte Corona-Leugner befunden.

Versammlung war nicht richtig angemeldet

Laut Nachrichtenagentur hat die Organisatorin – wohl selbst Mutter und Biologin – Redner unterbrochen, um beim Thema zu bleiben. Sie habe am Anfang aufgerufen, die Abstände einzuhalten, berichten Haas und die Polizei. "Das hat sich aber sehr schnell wieder erledigt", konstatiert jedoch Erstere und erzählt von einer regelrechten Volksfestatmosphäre: Kinder hätten Eis gegessen, kaum jemand habe eine Maske getragen, die Stimmung sei fröhlich gewesen. Die Abstände seien zeitweise nicht eingehalten worden, hieß am Sonntagabend von der Polizei. Eine Auflösung der sonst friedlichen Kundgebung wäre aber aus Sicht der Polizei und der Stadt unverhältnismäßig gewesen.

Am Montag untermauerte die Stadt diesen Standpunkt: "Generell gilt, dass das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit nur unter sehr strengen Voraussetzungen durch Auflagen eingeschränkt werden kann", erklärt Florian Würth, Pressesprecher der Stadt, gegenüber unserer Zeitung. "Auffällig war bei der gestrigen Versammlung, dass Familien oder kleinere Grüppchen beieinander standen." Ob die im Einzelfall gegen die Abstandspflicht verstoßen haben, sei angesichts der momentanen Regelung (siehe Info) nicht nachvollziehbar. Die Abstände würden im Übrigen häufig auch falsch eingeschätzt. Auflösungen oder gar Verbote wegen vereinzelter kurzzeitiger Verstöße oder Ordnungswidrigkeiten könnten auch in Corona-Zeiten einer gerichtlichen Überprüfung kaum standhalten – zumal sie in der Praxis nicht vernünftig nachweisbar seien.

Allerdings sei die Versammlung nicht bei der zuständigen Behörde angemeldet worden, erklärt Würth. "Die Stadt Offenburg hat hiervon erst aus den sozialen Medien erfahren." So eine öffentliche Versammlung unter freiem Himmel sei für den Veranstalter grundsätzlich "strafbewehrt". Die Organisatorin habe sich aber zuvor bei der Polizei gemeldet, sodass die Stadt von einer Anzeige absehe.

Landratsamt hält sich zur Sache bedeckt

Und was sagt das Landratsamt zu der Veranstaltung? Immerhin hatte Gesundheitsamtsleiterin Evelyn Bressau vergangene Woche betont, dass ein Großteil des Infektionsgeschehens hauptsächlich in Kindergärten und Schulen vor sich ginge (wir berichteten). Mutmaßlich also in den Familien, deren Eltern am Sonntagnachmittag in großer Zahl ohne Masken auf dem Rathausplatz demonstrierten. "Bei der Demo waren wir nicht vor Ort", erklärte Kreis-Sprecher Kai Hockenjos am Montag. Daher könne er nur allgemein antworten. "Das Gesundheitsamt und Landrat Frank Scherer haben jüngst wiederholt die Bevölkerung gebeten, sich weiterhin vernünftig und diszipliniert an die geltenden Regeln zu halten." Dazu gehöre, sich mit so wenig Menschen wie möglich zu treffen, Masken zu tragen und Abstand zu halten.