Alexander Gauland (links) und Jörg Meuthen beim Europa-Wahlkampf-Start in Offenburg. Foto: Braun

Rechtskonservative starten in Offenburg erstaunlich moderat ihren Wahlkampf. Nur gelegentliche Angriffe.

Offenburg - Es sollte für die AfD der Bundesstart in einen fulminanten Europa-Wahlkampf werden. Mit vielen Spitzenpolitikern und reichlich markigen Reden in der Oberrheinhalle in Offenburg.

Doch am Wochenende holen "Putins Puppen" und der Spendensumpf die rechtskonservative Partei schneller ein, als ihr lieb ist. Beim Wahlkampfauftakt interessiert die sehr große Medienschar fast nur, was die Parteispitze zu den aktuellen Vorfällen zu sagen hat. Und das ist wenig.

Vor der Halle in Offenburg stehen sich AfD-Anhänger ein Loch in den Bauch. Wer hinein will, muss scharfe Kontrollen über sich ergehen lassen. Abtasten inklusive. Ohne vorherige Online-Anmeldung gibt es keinen Zutritt zur Wahlveranstaltung. Rund 500 Parteifreunde bevölkern schließlich die Oberrheinhalle, den Autokennzeichen zufolge aus der halben Republik.

Empfangen werden sie von gut 300 vor allem linken Aktivisten aus der Ortenau, die einen Protestzug durch die Stadt organisiert haben. Die Anti-AfD-Demo bleibt komplett friedlich – auch dank eines großen Polizeiaufgebots. Die Linken skandieren rotzige Sprüche, die Rechten ignorieren diese einfach.

Was die AfD zu Europa zu sagen hat, kann man dann in 99 Sekunden erfahren. Das ist die komprimierte Video-Zusammenfassung, die in Offenburg vorgestellt wird. Drei Minuten dauert dann die Langfassung, die zunächst AfD-Bundessprecher Alexander Gauland zeigt. Das EU-Parlament sei "ziemlich machtlos". Und im besten Falle gehöre es aufgelöst. Dennoch wolle die AfD dort verstärkt Politik machen, natürlich wegen deutscher Interessen.

200 Millionen Afrikaner drängten in die EU, ist einer der beiden Sprecher überzeugt

Gauland drischt genüsslich auf "Schulschwänzerin Greta" ein. Sie sei ein neuer "Heiland". Ob der Klimawandel überhaupt menschengemacht sei? Unklar! Klimarettung jedenfalls sei eine neue "Ersatzreligion" und "Klimaretter die größere Gefahr als der Klimawandel". Gauland spricht von 200 Millionen Afrikanern, die in die EU drängten, weil sie sich zuhause "unvernünftig vermehren" würden. Für den AfD-Chef steht am Ende die ganze Halle auf. Tosender Beifall ist dem Frontmann sicher.

Guido Reil, redegewaltiger Ruhrpott-Kumpel der AfD, der ins EU-Parlament will, poltert als Nächster fröhlich los. Die AfD werde "fertiggemacht". Man sei nicht "Putins Puppen", wie der "Spiegel" an jenem Samstag titelt, sondern die AfD "liebe das russische Volk". Und in Sachen Spendenaffäre holzt Reil, der selbst im Zentrum von Ermittlungen steht, man habe "als Einzigste keinen Dreck am Stecken". Dass ausgerechnet Wolfgang Schäuble als Chef der Bundestagsverwaltung bei dieser Kampagne mitmache, sei "lächerlich" angesichts von Schäubles CDU-Spendenvergangenheit.

Letzter Redner ist Jörg Meuthen (Karlsruhe), Spitzenkandidat der Partei, mit Wurzeln in Kehl und Offenburg. Ein Heimspiel also. Zu Spendensumpf und Russland-Verquickungen hält er sich auf der Bühne ebenso zurück wie sein Co-Bundessprecher Gauland. Auch in Interviews vor und nach der Veranstaltung bleibt er trotz drängender Nachfragen wortkarg. Die Vorwürfe seien "Humbug" und im Übrigen würden sie der Partei nicht schaden, sondern für Rückenwind sorgen.

Meuthen ist auch in seiner Rede wenig radikal. Nur gelegentlich blitzt Angriff auf. "Juncker, Macron und Merkel zerstören Europa. Das sind die wahren Anti-Europäer", wettert er. Sonst: harmloses Frotzeln über europäische "Schnullerketten-Verordnung" und "Kondom-Richtlinien". Ein "Europa der Vaterländer" hätte er gerne.

Und dazu will er sich an diesem Montag mit anderen Rechtspopulisten in Mailand zusammenschließen, kündigt er unter tobendem Applaus der Halle an. Politiker wie den Chef der rechten Lega in Italien, Matteo Salvini, und Ungarns Regierungschef Viktor Orban bezeichnet Meuthen als Verbündete für ein anderes Europa. Es werde eine neue Allianz "konservativer, freiheitlicher und patriotischer Kräfte" im Europäischen Parlament vorbereitet, kündigt Meuthen mit Blick auf das Treffen in der norditalienischen Stadt an.