Rot am See: Bekannte der drei getöteten Lahrer erinnert sich / Vorahnung wird schlimme Wirklichkeit

Lahr. "Es waren so herzensgute, offene und freundliche Menschen. Ich kann nicht begreifen, wie so etwas geschehen konnte. Ich bin völlig schockiert." Die junge Frau am Telefon stammt aus Lahr und ist eine gute Bekannte der drei Lahrer, die bei der Familientragödie in Rot am See erschossen wurden. Sie erzählt uns Hintergründe zur Familie, bittet aber darum, ihren Namen nicht in die Zeitung zu bringen.

Die letzte Nachricht an die getötete Mutter bleibt jetzt ungelesen

Erst am Wochenende noch hat sie Sylvia, der Mutter, eine Nachricht geschrieben. Sie wollte sich mal wieder mit ihr treffen, plaudern, sich austauschen. Doch es kam keine Antwort. "Die Nachricht bleibt jetzt ungelesen, Sylvia ist tot", sagt die Bekannte. Die Fassungslosigkeit über diese Bluttat, sie ist selbst durchs Telefon zu greifen.

"Sylvia war ein toller Mensch, eine wundervolle Hebamme, die uns als junger Familie mit viel Wärme und Erfahrung geholfen hat". Aus reiner Hebammen-Betreuung sei rasch mehr geworden, eine freundschaftliche Bekanntschaft. In Achern, am dortigen Klinikum, habe sie in leitender Funktion gearbeitet und darüber hinaus auch Mütter über das Projekt der "frühen Hilfe" im Raum Lahr betreut. Freizeit habe sie kaum gekannt, ihre Arbeit für die Neugeborenen und deren Familien habe sie völlig gefordert. Man habe sie jederzeit anrufen können, wenn es Probleme gab. "Eine Hebamme, wie man sie sich nicht besser wünschen könnte", schwärmt die Mutter aus Lahr über die getötete Bekannte.

Zu den beiden Kindern der Mutter, Carolin und Holger, hatte sie ebenfalls immer wieder persönlichen Kontakt. "Das war eine wunderbare Familie, die wie eine eigene für mich war." Man traf sich oft bei Festen und Feiern. Mit Sohn Holger sei die Mutter derzeit auf Wohnungssuche gewesen, sie wollten weiterhin zusammen leben, unter einem Dach, möglichst auch in Lahr, nah bei der Tochter.

Zum mutmaßlichen Täter, Sohn Adrian, hatte die Lahrerin keinen direkten Kontakt, erfuhr über die Mutter aber hautnah sehr viel über den jungen Mann. "Er war immer schon komisch. Seine Mutter hat alles versucht, ihn bei sich zu halten, aber er wollte nicht. Er hatte offenbar keinerlei Interesse am Familienleben und verbrachte die meiste Zeit in seinem Zimmer, alleine, abgeschieden von den anderen, meist am PC. Nicht mal zum Essen kam er aus seinem Zimmer. Abweisend war er, überhaupt nicht herzlich, hat seine Mutter berichtet."

Zu den Hintergründen der Bluttat kann sich die Bekannte noch keinen Reim machen. Sie berichtet aber von Gesprächen, in denen es darum ging, dass der Sohn seine Mutter für die ganze familiäre Situation verantwortlich gemacht haben soll.

Im Nachhinein schaudert es die junge Lahrerin, wenn sie sich an den 26-Jährigen erinnert. Sie hatte von der Mutter erfahren, dass der junge Mann waffenbegeistert gewesen war. "Ich habe mit seiner Mutter schon vor einiger Zeit darüber gesprochen, dass er für mich ein typischer Fall von jenen Leuten war, die nicht richtig sozialisiert sind, irgendwann durchdrehen und am Ende wild um sich schießen", schildert die junge Frau ihre Einschätzung. Sie sollte schrecklich recht behalten.