Das Klinikum will in einer Abteilung die Notarztdienste zentral organisieren, viele Honorar-Notärzte wollen aber lieber unabhängiger bleiben. Der Klinik-Ausschuss sprach sich am Dienstag für eine Mischform auf Probe aus. Foto: Boris Roessler/dpa

Gesundheit: Kreis stellt Versorgung auf neue Beine

Ortenau - Wie kann die notärztliche Versorgung im Kreis sichergestellt werden? Ob eine neue Abteilung am Klinikum oder eine Genossenschaft die Lösung ist, wurde am Dienstag im Klinik-Ausschuss diskutiert. Das Ergebnis: Beides – zumindest vorerst.

Der Ausschuss für Gesundheit und Kliniken hat dem Kreistag in seiner Sitzung am Dienstag empfohlen, am Ortenau-Klinikum eine neue Abteilung – genannt Department – Notfallmedizin einzurichten. Diese soll die notärztliche Versorgung an den Wochentagen zwischen 8 und 16 Uhr sowie im Bereich des Klinikums Offenburg rund um die Uhr organisieren. Für die übrigen Zeiten soll eine "Notarzt-Genossenschaft" die Einsatzleitung übernehmen. Nach drei Jahren würde dann neu entschieden, ob das Modell so funktioniert.

Zurzeit teilen sich die Organisation noch das Ortenau-Klinikum und die DRK-Rettungsdienst-Ortenau. Das Rote Kreuz hat den Vertrag zur Bereitstellung von notärztlichem Personal allerdings zum Jahresende gekündigt. Der Aufwand sei wohl zu groß, der Erlös zu niedrig, hieß es bereits Mitte Mai im Ausschuss. Zur Kompensation schlug das Klinikum damals die Etablierung einer übergreifenden Abteilung Notfallmedizin vor.

Alle Notärzte sollen beim Ortenau-Klinikum angestellt werden

Zwischenzeitlich habe es "unglaublich viele Sitzungen und Gespräche" gegeben, erläuterte Landrat Frank Scherer am Dienstag im Ausschuss. Konkret geht es um die Organisation der 141 aktiven Notärzte, davon 91 Beschäftigte der Kliniken sowie 50 niedergelassene Ärzte – alle fahren auf Honorarbasis neben ihrem Job Einsätze. Wenn es nach der Kreisverwaltung ginge, sollte sich das ändern: Ab dem 1. Januar sollten alle Notärzte beim Ortenau-Klinikum angestellt werden. Das hat unter anderem rechtliche Gründe. So könnte etwa über die zentrale Dienstplanung sichergestellt werden, dass auch alle Mediziner sich an ihre gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezeiten halten – und nicht etwa aus der Schicht in der Klinik direkt in den Notarztwagen steigen oder andersherum.

Die Sache mit der Festanstellung und damit verbundenen Kontrolle wiederum schmeckt vielen der Honorar-Notärzten scheinbar nicht. In deren Namen präsentierte der Mediziner Martin Walzer aus Ettenheim einen Alternativ-Vorschlag: eine Notarzt-Genossenschaft. Die Notärzte wollen sich dazu künftig unter dem Dach der Genossenschaft Hon-Med mit Sitz in Heilbronn organisieren.

Sie wären dann Mitglieder und an ihren bisherigen Notarztstandorten in der Ortenau eingesetzt. Die Dienstplanung und Organisation obliege weiterhin den standortverantwortlichen Notärzten, so Walzer. Er und seine Kollegen blieben so flexibel und könnten sich zu ihrer Haupttätigkeit weiterhin Geld dazuverdienen. Er versprach den Kreisräten unter anderem eine gesicherte Versorgung, keine Mehrkosten und vor allem kein Haftungsrisiko.

Verantwortung für "Rettungsdienstliche und notärztliche Versorgung" soll künftig geteilt werden

"Wenn das alles so ist, dann kann ich sofort unterschreiben", kommentierte Landrat Scherer Walzers Ausführungen – dem sei aber nicht so und das wisse er auch. Der Kreis befürchtet auf Zusatzkosten sitzen zu bleiben und eben doch zu haften, falls sich die Ärzte nicht an ihre Ruhezeiten halten. Ganz ohne die "Externen" geht es aber aufgrund des Fachkräftemangels wohl erstmal auch nicht, wie sich im Laufe Diskussion zeigte. "Wir kommen nicht weiter, wenn wir nur das Department oder nur das Genossenschaftsmodell nehmen", fasste Chefarzt Eike Mrosek, Leiter der Unfallklinik Offenburg, zusammen.

Die Lösung kam schließlich mit dem bereits beschriebenen Kompromiss, vorgeschlagen von der CDU-Fraktion. Dem schloss sich der Ausschuss einstimmig an, auch Walzer akzeptierte. Darüber hinaus sollen die Dienstpläne zur Sicherheit miteinander abgeglichen werden. Wirklich entscheiden wird erst der Kreistag.

Der Ausschuss für Gesundheit und Kliniken hat am Dienstag auch über die Verteilung seiner Zuständigkeiten abgestimmt – falls er durch eine Änderung der Rechtsform des Klinikums überflüssig werden sollte. Demnach soll die Verantwortung für "Rettungsdienstliche und notärztliche Versorgung" künftig geteilt werden – operative Entscheidungen stünden dann dem neuen Verwaltungsrat des Klinikums zu, politische träfe der Ausschuss für Umwelt und Technik. Die Zuständigkeit für den Öffentlichen Gesundheitsdienst und die Kommunale Gesundheitskonferenz gingen an den Sozialausschuss über. Ob aus dem Klinikum eine Anstalt des öffentlichen Rechts wird, muss der Kreistag erst noch entscheiden.